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Warum der Börsenerfolg von Hello Fresh auch an der Supermarktkasse entschieden wird

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Wundern Sie sich manchmal auch, wie schnell die Zeit vergeht? Schon sechs Jahre ist der kleine Kochboxenversender Hello Fresh alt. Und dieses Jahr wird er endlich eingebörst! (Nachdem das 2015 kurzfristig wieder verschoben wurde; der kleine Racker war damals einfach noch nicht soweit.)

300 Millionen Euro soll die Einbörsung bringen (siehe Exciting Commerce). Damit noch mehr vorportionierte Lebensmittel für Kochbuchlethargiker durch die Republik geschickt werden können und „strategische Flexibilität zum Aufbau neuer Geschäftszweige“ dazu kommt.

Das ist ein guter Moment, kurz innezuhalten – und einen Blick ins Familienfotoalbum zu werfen, um sich an die schönsten Momente des jungen Senkrechtstart-ups zu erinnern, auf das Papa Rocket und Mama Internet sicher ganz stolz sind gerade. (So lange das mit dem Aktienkurs besser läuft als mit dem eigenen.)

Wissen Sie noch, wie das anfangs war? Eine „Revolution in Ihrer Küche!“, drunter hat’s der kleine Hello vor ein paar Jahren nicht gemacht. Herrlich!

Das Logo sah damals auch noch aus wie von WordArt ausgehustet, dieses potthässliche Platzdeckchen mit der dünnen Schreibschrift und dem – ähm: Blatt?

Von dem konnte das aufwachsende Hello ja lange nicht lassen, auch als das Versprechen längst „Leichter kochen, besser essen“ lautete. Bisschen blass war es zwischendurch am den Rändern:

Aber das hat sich schnell wieder gelegt. Hier, ein schönes Bild aus der Sturm-und-Drang-Phase: „Probier mich“, bekam ein jeder zugeflötet, der unser Hello in die Hände bekam – ganz grün hinter der Eselsohren, aber zum Anbeißen vergünstigt!

Inzwischen sind die Altlasten alle abgestreift, die grüne Zitrone mit der flotten Schrift ist das neue Erkennungszeichen des künftigen Börslings – und großzügiger ist der Kleine auch geworden!

Nicht mehr 20, nein: 30 Ocken macht er locker, um uns „Willkommen im Abwechslungsreich“ zu heißen.

Ewig könnte man da weiterblättern. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, zu der Hello Fresh tatsächlich beweisen muss, was es kann. Und zwar nicht nur tausendfach Gutscheine zu verschleudern, um mit 1,3 Millionen „aktiven Kunden[1]“ angeben zu können heimliche Kochtalente mit passend zu den Rezeptinspirationen eingetüteten Lebensmitteln glücklich zu machen. Sondern eben auch: Geld damit verdienen.

Die Aussichten sind, ehrlich gesagt, so mittelmäßig.

In den USA ist das gehypte Vorbild Blue Apron nach dem Börsengang im Frühjahr zuletzt spektakulär abgestürzt, weil zwischenzeitlich absehbar wurde, dass Amazon im Markt für Kochboxen mitmischen will.

Und ausgerechnet im Gründungsland Deutschland fehlen bislang wichtige Allianzen – zumindest wenn Hello Fresh die an der Börse eingesammelte Kohle nicht weiter ausschließlich in Gutscheine pumpen will, um neue Kunden zu gewinnen.

Hello Fresh will mit dir befreundet sein

Im Ausland steht der Kochboxenversender besser da – weil er erkannt hat, dringend neue Zielgruppen erschließen zu müssen, um langfristig Geld zu verdienen. Die wichtigste sind: Spätentscheider, die nicht tagelang vorausplanen, was sie als nächstes kochen wollen – sondern vielleicht erst kurz vor Feierabend, auf dem Weg nachhause in die Laune kommen, sich selbst an den Herd zu stellen.

In Großbritannien kooperiert Hello Fresh deshalb mit der Supermarktkette Sainsbury’s, die im März testweise „Recipe Kits“ mit der grünen Zitrone als Absender in die Regale einiger Supermärkte in London und Umgebung aufgenommen hat. Die (zweifellos schick designten) Boxen mit Tragegriff kosten 10 britische Pfund (11 Euro), drin stecken Zutaten für Rezepte, von denen zwei Spätentscheider satt werden sollen.


Screenshot: sainsburys.co.uk / Smb

Mit fünf verschiedenen Gerichten war die Auswahl zum Start relativ breit, dafür sollten die Rezepte nur alle sechs Wochen wechseln.

Hello-Fresh-Mitgründer Patrick Drake erklärte dem britischen „Grocer“ zum Start, dass man sich die Kooperation sehr genau überlegt habe:

„This product isn’t just instinctively what we thought was correct. The data from customer responses shows a retail product is something they want and these are the recipes they would like.“

Kurz zuvor hatte Hello Fresh den Verkauf der 10-Pfund-Mealkits bereits in einem – pfui! – „Pop-up-Store“ in eine Londoner U-Bahn-Station getestet.

Supermarktkollaborateur gesucht

Großbritannien ist nicht der einzige Markt, in dem Hello Fresh von seinem ursprünglichen Geschäftsmodell abweicht und Alternativen zum klassischen Boxenversand austestet. Seit Ende September kooperiert das Start-up auch mit der niederländischen Supermarktkette Plus, die ebenfalls Hello-Fresh-Kochschachteln ins Sortiment aufgenommen hat – zunächst allerdings nur für einend dreimonatigen Test in gerade einmal fünf Läden (u.a. in Rotterdam).

Für 9,95 Euro können Kunden dort zwischen einer Fleisch-, einer Fisch- und einer Veggie-Variante wählen.


Foto: Plus (NL)

Dass eine solche Kooperation auch in Deutschland praktisch wäre, damit Hello Fresh die hohen Erwartungen seiner künftigen Aktionäre erfüllen kann, ist vermutlich keine übertriebene Spekulation. Bloß welche Handelskette käme als Partner in Frage?

„Lidl Kochzauber“ hält dagegen

Einfacher ist: welche nicht. Lidl hat sich vor zwei Jahren bekanntlich seinen eigenen Kochboxenversender namens Kochzauber ins Unternehmen gekauft und spannt den seit diesem Sommer dafür ein, eine Variante mit Lidl-Eigenmarken für den Ladenverkauf zu produzieren: „Unsere Kochtüte“ (siehe Supermarktblog).

Die Discount-Schwester Kaufland folgte prompt und probiert, wie das Kochtütenverschicken per Lieferservice läuft (siehe Supermarktblog).

Zudem bewirbt Lidl die Kochzauber-Boxen-Abos inzwischen offensiv im eigenen Online-Shop und im Newsletter. Die bsiherige Webadresse kochzauber.de leitet direkt auf die neue lidl-kochzauber.de um. Gut möglich, dass der Discounter auch bald im Logo des Ablegers sichtbar wird (anders als ursprünglich geplant).


Screenshot: lidl-kochzauber.de / Smb

Wenn Hello Fresh landesweit in deutsche Supermarktregale stürmen will, bleiben nicht mehr so viele Alternativen. Real würde gar nicht schlecht passen, ist aber wahrlich kein ideales Pendler-Einkaufsziel; Aldi könnte dem direkten Wettbewerber Lidl eins auswischen wollen und fremdelt bekanntlich weniger mit Marken als je zuvor, hat aber nur geringe Kooperationserfahrung.

Am ehesten kämen wohl Edeka und Rewe in Frage – weil die nicht nur über die notwendigen Stadtsupermärkte verfügen, in deren Sortiment sich die Kochboxen hervorragend einfügen würden. Sondern auch, weil eine solche Partnerschaft ein weiterer Schritt zur vorsorglichen Amazon-Abwehr wäre, falls man dort auf die Idee kommt, seine Rezeptboxen auch hierzulande an die Kunden zu bringen. (Amazon-Fresh-Besteller kriegen schon jetzt Rezeptboxen des Partners Kochhaus nachhause gebracht.)

Egal, wer’s wird, eins steht fest: Der Börsenerfolg von Hello Fresh dürfte künftig zu einem nicht ganz unwesentlichen Teil auch an der Supermarktkasse entschieden werden.

Fotos: Supermarktblog"


Mehr zum Thema:

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Noch vor Weihnachten: Kaufland macht Schluss mit seinem Lieferservice

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Nach nicht einmal anderthalb Jahren beendet Kaufland seine Online-Ambitionen und will künftig wieder reiner Großflächendiscounter sein. An diesem Freitag teilte das Unternehmen seinen Kunden per E-Mail mit, dass der Lieferservice in Berlin bereits zum 23. Dezember dieses Jahres eingestellt wird.

Zur Begründung heißt es, man habe zwar viele Kunden „auch bei der Lieferung von Lebensmitteln mit den Leistungen von Kaufland überzeugen“ können.

„Mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit sehen wir allerdings, dass sich ein Lieferservice im Lebensmittelbereich auf Sicht nicht kostendeckend betreiben lässt.“

Möglich ist, dass die große Konkurrenz im Berliner Markt mitentscheidend für den Entschluss war. In der Hauptstadt konkurrieren die Edeka-Tochter Bringmeister, Rewe und seit diesem Jahr auch Amazon Fresh um Kunden, die sich den Wocheneinkauf nachhause bringen lassen wollen.

Kaufland war im Oktober 2016 mit einem eigenen Lieferservice gestartet und versprach Kunden, Lebensmittel zum selben Preis wie in der (Referenz-)Filiale zu liefern. Dafür war eigens eine eigene Flotte aufgebaut worden. Auf den Berliner Straßen sind die Lieferwagen bislang omnipräsent.

Zuletzt wurden – offensichtlich zur Touren-Optimierung – leerstehende Immobilien der Discount-Schwester Lild als Zwischenstationen für die Lieferfahrer genutzt.

Erst kürzlich wurde eine eigene Lieferservice-App für Android und iOS veröffentlicht, damit Kunden auch von unterwegs einkaufen bzw. ihre Einkaufslisten bearbeiten konnten.

Auch mit der Abholung im Internet bestellter Lebensmittel hatte Kaufland experimentiert. Erst vor wenigen Wochen war die im Januar aufgestellte Abholstation innerhalb Berlins an einen neuen Standort umgezogen (siehe Supermarktblog).

Ursprünglich hätte der Kaufland Lieferdienst zudem in Hamburg starten sollen. Zuletzt war es dabei jedoch zu Verzögerungen gekommen.

Mit Kaufland beendet nach Lidl in diesem Jahr bereits das zweite Handelsunternehmen der Schwarz-Gruppe seine Ambitionen, im wachsenden Markt für online bestellte Lebensmittel künftig eine führende Rolle einzunehmen. Lidl hatte zuletzt die Möglichkeit, Lebensmittel über seinen Online-Shop zu bestellen, wieder abgeschafft.

Seinen Berliner Kunden erklärt Kaufland:

„Bereits eingegangene und noch eingehende Bestellungen werden wir bis einschließlich 23. Dezember in der von Ihnen gewohnten Qualität und Zuverlässigkeit liefern. Aufgrund der Vorweihnachtszeit müssen Sie aber damit rechnen, dass die freien Lieferzeitfenster schneller vergriffen sein werden als bislang.“

Man hoffe „sehr, Sie bald zum Einkauf  in einer unserer Filialen begrüßen zu dürfen“.

Mehr zum Thema steht bei der „Heilbronner Stimme“.

Der Kommentar zum Thema:

Die komplette Mail an die Kunden im Wortlaut:

Fotos: Supermarktblog, Screenshot: Kaufland/Smb"

Die Mumie lebt (noch): Wie sich Lidl und Kaufland aus dem Handel von morgen verabschieden

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Die Schwarz-Gruppe – größter Lebensmittelhändler Europas und viertgrößter der Welt – ist der festen Überzeugung, dass das Internet für ihr zukünftiges Geschäft keine wesentliche Rolle spielen wird.

Mit diesem Satz lässt sich die unternehmerische Strategie des Neckarsulmer Unternehmens im zu Ende gehenden Jahr 2017 zusammenfassen. Wobei „Strategie“ ein unverhältnismäßiger Euphemismus für das ist, was sich der Konzern in diesem Jahr geleistet hat. Zur Erinnerung:

  • Anfang des Jahres hat Lidl seine Pläne für einen Click-&-Collect-Test in Berlin sprichwörtlich kurz vor der Eröffnung abgesagt und die Einrichtung aus den dafür bereits fertig umgebauten Läden wieder rausgerissen (siehe Supermarktblog).
  • Kurz darauf hat sich Lidl von seinem Geschäftsführer Sven Seidel getrennt, der das in die Jahre gekommene Discount-Konzept weiterentwickeln wollte (siehe Supermarktblog-Stellenanzeige).
  • Zusätzlich erklärte der maßgeblich für den Kurswechsel verantwortliche Lidl-Vorstand Klaus Gehrig, auch von den umfassenden Marktmodernisierungen wieder Abstand nehmen zu wollen, mit denen sich der Discounter ein zeitgemäßes Erscheinungsbild verpassen wollte (siehe Supermarktblog).
  • Vor wenigen Wochen kappte Lidl zudem die Möglichkeit, (haltbare) Lebensmittel in seinem Online-Shop zu bestellen (siehe Supermarktblog).
  • Und nun macht die Schwester Kaufland vor Weihnachten ihren Berliner Lieferservice für online bestellte Lebensmittel, der kurz vor der Expansion nach Hamburg stand, wieder dicht (siehe Supermarktblog).

Anders formuliert: Bei voller Fahrt in Richtung Zukunft haben erst Lild und nun Kaufland die Handbremse angezogen, um sich mehrere Male um sich selbst zu drehen und künftig in die entgegengesetzte weiter zu steuern.

Die dafür genannten Gründe sind in beiden Fällen dieselben: Für Lidl stehe „im Vordergrund, dass entsprechende Projekte von den Kunden angenommen und profitabel betrieben werden können“; Kaufland erklärt, „dass sich ein Lieferservice im Lebensmittelbereich auf Sicht nicht kostendeckend betreiben lässt“.

Das klingt plausibel – und ist dennoch erstaunlich.

Vor allem, wenn dieses Argument von einem Unternehmen angeführt wird, das offensichtlich einen Weg gefunden hat, halb Europa mit stationären Filialen zuzupflastern, in denen man viele Stunden am Tag eigentlich die Lichter ausmachen und die Türen zusperren müsste, weil sich zu diesen Zeiten nämlich oft mehr Mitarbeiter im Laden aufhalten als Kunden – und das es trotzdem zu schaffen scheint, diese Märkte wirtschaftlich zu betreiben.

Mischkalkulation fürs Aufbacktheater

Kein Zweifel: Für sich gesehen mögen Experimente wie der Lieferservice oder ein Click-&-Collect-Angebot kostspielig sein. (Deren Abwicklung ist es freilich auch.) Doch Handel funktioniert seit jeher als Mischkalkulation. Und selbst im Discount sind die Zeiten, in denen sich Handelsmanager neben jede Palette im Laden stellen konnten, um auszurechnen, ob die sich rentiert, lange vorbei.

Die Schwarz-Gruppe müsste das eigentlich am besten wissen. Weil sie diese Veränderung in den eigenen Unternehmen frühzeitig erkannt und selbst mit eingeleitet hat.

Zu gerne würde man die Lidl-Manager ein für allemal erklären lassen, wie sie das Kunststück anstellen, die riesigen Brötchenknasts in ihren Filialen wirtschaftlich zu betreiben; die Chance, dass se das nicht können, ist groß. Kein Wunder: Aller Voraussicht nach wäre es sehr viel rentabler, die für Aufbackware ver(sch)wendete Fläche zu nutzen, um dort sehr viel margenträchtigere Produkte aus dem Standardsortiment zu verkaufen, zumal die längst nicht so viel Arbeit machen, nicht tagsüber mehrfach nachgefüllt und aufwändig in Stand gehalten werden müssten.

Dennoch hat Lidl in den vergangenen Jahren fast alle seine Filialen mit dem Aufbacktheater ausgerüstet – weil frische Brötchen, Brote und warme Snacks für viele Kunden zu einem essentiellen Bestandteil ihres Einkaufs geworden sind – und im Zweifel darüber mitentscheiden, wo dieser Einkauf getätigt wird: im Discounter, oder nicht doch lieber im klassischen Supermarkt.

Natürlich kann man, um Kosten zu sparen, die Stationen aus den Läden wieder herausreißen und darauf hoffen, dass die Kunden einem das nicht übel nehmen und trotzdem wiederkommen.

Vielleicht geht man vorher aber erstmal zum Arzt und lässt sich mit Verdacht auf Gehirnerschütterung untersuchen.

Die Kunden wissen: es funktioniert

In den vergangenen vierzehn Monaten hat Kaufland in Berlin eindrucksvoll bewiesen, dass ein bis dahin eher traditionell agierendes Handelsunternehmen in der Lage ist, sein Geschäftsmodell um einen neuen Service zu erweitern, der von den Kunden höchst erfolgreich angenommen wurde. (Dass das der Fall ist, scheint nicht einmal Kaufland selbst zu bestreiten: „bei der durchschnittlichen Größe der Bestellungen hatte Kaufland in Berlin die eigenen Erwartungen übertroffen“, schreibt die „Heilbronner Stimme“.)

Natürlich hätte es Mittel und Wege gegeben, um diesen Service so nachzujustieren, dass Kosten und Verluste verringert werden – indem alternative Liefermodelle getestet werden, um Kunden enger an sich zu binden zum Beispiel. Oder indem man plausibel erklärt, warum es künftig mehr kosten wird, gewisse Versprechen einzuhalten. (Das hat Kaufland nicht einmal versucht.)

Nur eines geht nicht: Die Kunden vor den Kopf zu stoßen, indem man ihnen erklärt, der vertraut gewordene Dienst sei ein einziger Irrtum gewesen, und gleichzeitig zu glauben, dass sich diese Kunden nächsten Samstag wieder im Großflächendiscounter in die meterlange Kassenschlange stellen.

Weil es kaum einen effektiveren Weg gibt, um zu signalisieren: Auf dich legen wir keinen Wert.

Wir wollen nicht mehr Schlange stehen

Es mag richtig sein, dass die Lieferung online bestellter Lebensmittel nach wie vor eine enorme wirtschaftliche Herausforderung für viele klassische Handelsunternehmen darstellt. Aber die Kunden haben gesehen, dass es funktioniert, dass es ihnen den Einkaufsalltag erleichtert – und, ja, dass sie dafür womöglich zusätzlich bezahlen müssen. So wie früher übrigens, als es beim Kaufmann um die Ecke noch völlig selbstverständlich war, seine Einkäufe nicht selbst heimtragen zu müssen.

Richtig ist auch, dass das für einen Großteil der Kunden, die vor allem preisbewusst einkaufen, nicht relevant ist. Das scheint die Zielgruppe zu sein, auf die sich Lidl und Kaufland künftig (wieder) konzentrieren wollen.

Das bedeutet aber auch, in Kauf zu nehmen, alle anderen mit Kusshand zur Konkurrenz zu schicken. (Wahrscheinlich ist das Dankesschreiben von Amazon schon längst unterwegs in Richtung Neckarsulm.)

In der Vorstandsetage der Schwarz-Gruppe scheint man fest daran zu glauben, ausschließlich dort investieren zu können, wo bislang schon die eigenen Stärken lagen: im stationären Geschäft. Das ist geradezu fatal kurzsichtig, wie sich in den vergangenen Monaten mehrfach gezeigt hat:

  • Als bei Kaufland der Entschluss getroffen wurde, die Markenvielfalt in den Läden auszudünnen, um dadurch Prozesse zu optimieren und Kosten zu sparen, waren die Kunden sauer (siehe z.B. Kommentare unter diesem Blog-Text) und gingen lieber zur Konkurrenz. Kaufland machte die Änderungen zum größten Teil rückgängig, Inzwischen stehen viele zunächst gestrichene Marken wieder im Regal.
  • Der (kostspielige) Start von Lidl in den USA verläuft bisher eher holprig: Viele Kunden können offensichtlich wenig mit der Sortimentsaufteilung des deutschen Discounts anfangen; das Angebot in den Läden scheint nur zum Teil ihren Erwartungen zu entsprechen. Entgegen ursprünglicher Aussagen des Managements liefert Lidl in Kooperation mit dem Partner Shipt seine Lebensmittel inzwischen auch nachhause.

Ein unumkehrbarer Entschluss

In beiden Fällen scheint einer der größten Lebensmittelhändler der Welt die Bedürfnisse seiner Kundschaft grundlegend falsch eingeschätzt zu haben – ausgerechnet im stationären Geschäft, mit dem sich der Konzern seit Jahrzehnten auszukennen glaubt.

Natürlich kann man entscheiden, sich dieses Scheitern nicht auch noch online zumuten zu wollen. Wenn man im Jahr 2017 tatsächlich der Ansicht ist, dass es sich dabei um ein Geschäftsfeld handelt, das mit dem eigenen auch in Zukunft rein gar nichts zu tun haben wird.

Fakt ist: Handel verändert sich, er bleibt nicht stehen. Weil sich die Bedürfnisse der Kunden verändern. Unternehmen, die darauf zu reagieren wissen, haben die Chance, an die Spitze aufzusteigen. So wie es der Schwarz-Gruppe gelungen ist – bis sie sich dagegen entscheiden hat.

Es ist nicht ganz klar, ob den Managern in Neckarsulm die Unumkehrbarkeit ihres Nicht-Handelns bewusst ist. Falls sich in zwei, drei Jahren herausstellen sollte, dass es doch nützlich oder sogar notwendig wäre, Kunden anzusprechen, die sich daran gewöhnt haben, einen Großteil ihrer Einkäufe übers Netz zu erledigen, dürfte ein Neueinstieg in den Markt kaum glaubhaft zu vermitteln sein.


Screenshot: Kaufland/Smb

Auch weil niemand, der bei Sinn und Verstand ist (und googeln kann), dann Lust haben wird, sich dafür bei einem Unternehmen anstellen zu lassen, dass schon mal über Monate um junge, kreative, online-affine Mitarbeiter warb, um neue Geschäftsfelder zu erschließen – und ihnen dann mitten im laufenden Prozess eröffnet hat, dass sie nicht mehr gebraucht werden und gehen können.

Der Innovation den Kopf abgeschlagen

Lidl hat in diesem Jahr nicht nur seinen Geschäftsführer, seinen E-Commerce-Chef und (gerade erst) seinen Marketingchef verloren – sondern mit seinem neuen alten Kurs auch ein unübersehbares Zeichen an potenzielle Fachkräfte gesendet, sich von einer derartigen Unberechenbarkeit besser fern zu halten.

In Neckarsulm hat man sich dagegen entschieden, mit Augenmaß zu experimentieren, sondern der unternehmensinternen Innovation gleich direkt den Kopf abgeschlagen.

In zehn Jahren wird das rückblickend vielleicht der Punkt sein, von dem sich sagen lässt, dass das der Anfang vom Niedergang des einstmals größten europäischen Lebensmittelhändlers war. Weil der versucht hat, ein Handelsmodell zu mumifizieren, das sich nicht ändern darf, weil es sich nicht ändern soll. Und seinen Kunden dasselbe vorschreiben wollte.

Fotos: Supermarktblog"

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Nach dem Lieferservice-Ende: Heißt die beste Online-Chance für Lidl und Kaufland jetzt – Amazon?

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Lebensmittel im Internet zu verkaufen, den Kunden nachhause zu liefern und damit Geld zu verdienen, trauen sich die Discount-Schwestern Lidl und Kaufland seit neustem bekanntlich nicht mehr selbst zu (siehe Supermarktblog).

Die Frage ist: Trauen sie stattdessen jemand anderem?

Um sich im Wesentlichen auf das stationäre Geschäft konzentrieren zu können, mit dem die beiden Handelsketten vertraut sind, und in Zukunft dennoch Kundengruppen zu erreichen, die sich nicht mehr im Laden an der Kasse anstellen wollen, bräuchten die Unternehmen einen Partner.

Einen, der sich mit dem Transport aller möglichen Güter zu seinen Kunden schon gut auskennt, den Lieferprozess als wesentlichen Teil seines Geschäftsmodells immer weiter zu optimieren versucht, und der zugleich die Kompetenzen eines klassischen Lebensmittelhändlers gut gebrauchen kann.

Ein Partner wie: Amazon.

Bislang standen die großen deutschen Handelsketten dem amerikanischen Wettbewerber eher kritisch gegenüber. Gerade erst erklärte der Rewe-Vorstandsvorsitzende Lionel Souque im Interview mit der „Wirtschaftswoche“, warum er das Angebot ausgeschlagen habe, seine Eigenmarken auch über Amazons Plattformen zu verkaufen:

„Ich habe mir die Ideen des Amazon-Managements angehört. Aber eine Kooperation hätte sich für uns nicht gelohnt. Warum sollten wir Kompetenzen an einen Wettbewerber abtreten? Auch wenn das unseren Großhandelsumsatz etwas gesteigert hätte, wäre es am Ende ein schlechtes Geschäft gewesen. Wir bauen lieber unseren eigenen Onlinelieferdienst aus.“

Rewe sieht nicht ein, Amazon mit einer Kooperation den Markteinstieg zu erleichtern – in der Annahme, damit sonst einen Teil der eigenen Zukunftsfähigkeit aufs Spiel zu setzen.

Kleinere Händler bewerten die Situation aus nachvollziehbaren Gründen anders (siehe Supermarktblog).

Nicht auf eigene Kosten ins Netz

Womöglich sind sie damit nicht (mehr) alleine. Spätestens seit der Online-Vollbremsung, die Lidl zu Beginn des Jahres mit seinem Click-&-Collect-Projekt hingelegt hat, zeichnete sich am Unternehmenssitz in Neckarsulm ein deutliches Unwohlsein mit dem Engagement im Netz ab – einem ungewohnten und vor allem kostspieligen neuen Geschäftsfeld, für das man offensichtlich nicht bereit war, auf Dauer die notwendigen Investitionen aufzubringen, insbesondere nicht zu Lasten des Hauptgeschäfts.

(Und nicht einmal, obwohl Kauflands Lieferservice nach allem, was bisher bekannt ist, in Berlin durchaus gut angenommen wurde.)

Wenn nun in der Schwarz-Gruppe aber der grundsätzliche Entschluss getroffen worden ist, sich das Online-Geschäft mit Lebensmitteln nicht auf eigene Faust erschließen zu wollen, spricht nicht mehr viel dagegen, diese Arbeit von einem Partner erledigen zu lassen, dem man zutraut, damit Erfolg zu haben. Und ihm dafür zum Beispiel den Zugriff auf sein Eigenmarken-Portfolio zu erlauben.

Anders formuliert: Was wäre, wenn (u.a.) die angekündigte Einstellung von Kauflands Lieferservice in Berlin keine Kapitulation vor, sondern für Amazon Fresh ist?

Umsatz ohne finanzielles Risiko?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist das nur ein Gedankenspiel – gegen das es viele gute Einwände gibt. Immerhin hatte Lidl kurz nach dem Deutschland-Start von Amazon Fresh im Frühjahr Lieferanten mit Sanktionen (bis hin zur Auslistung ihrer Artikel) gedroht, falls die mit dem neuen Wettbewerber kooperieren würden.

Das Kuriose ist: Inzwischen würde eine solche Allianz durchaus zur in diesem Jahr neu ausgegebenen Strategie der Schwarz-Gruppe passen. Dadurch hätten Lidl und Kaufland die Chance, sich zusätzliche Umsätze in einem wachsenden Markt zu sichern und notfalls Verluste abwandernder Stammkunden im stationären Geschäft auszugleichen. Und zwar ohne sich den Kopf darüber zerbrechen zu müssen, wie sich die Logistik für das Online-Hexenwerk finanzieren ließe.

Amazon wiederum hätte durch den Zugriff auf ein bundesweit bekanntes Markenportfolio ganz neue Mittel, den preisempfindlichen deutschen Markt zu knacken, und könnte im Zweifel einen Teil der mühsam aufzubauenden Warenbeschaffung auslagern.

So ähnlich funktioniert es schon in Großbritannien, wo Amazon mit dem SB-Warenhausbetreiber Morrisons kooperiert und dessen Eigenmarken über seine Lieferdienste Prime Now und Fresh anbietet.

Konkurrenz statt Kooperation in den USA

In jedem Fall dürfte es sich für Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber rentieren, nach den Bekanntgaben der vergangenen Wochen noch einmal zum Telefonhörer zu greifen und in Neckarsulm nachzufragen, ob die bisherige Abwehrhaltung gegen eine Kooperation noch immer gilt. Falls das nicht schon längst geschehen ist.

Bloß mal angenommen, es habe eine Annäherung schon gegeben – und man wäre sich sogar einig geworden: Damit ließe sich zumindest halbwegs plausibel erklären, warum Lidl und Kaufland in den vergangenen Wochen geradezu fluchtartig sämtliche Online-Ambitionen im Lebensmittelsegment beendeten. Auch der eigentlich für Sommer geplante, dann aber auf unbestimmte Zeit verschobene Start des Kaufland-Lieferservices in Hamburg würde dazu passen.

Und wer weiß, vielleicht hätte Amazon ja sogar Interesse am Erwerb einer Flotte neuwertiger Kühlfahrzeuge zum Transport frischer Lebensmittel, die vom bisherigen Eigentümer bald nicht mehr gebraucht werden?

Wie gesagt: Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es dafür keine konkreten Belege. Genauso gut ist möglich, dass man in der Schwarz-Gruppe tatsächlich zur Überzeugung gelangt ist, auf das sich neu entwickelnde Geschäftsfeld in Zukunft nicht angewiesen zu sein.

Selbermachen oder Partner suchen

Zumal auch seitens Amazon Argumente gegen einen solchen Schulterschluss existieren: In den USA hat der Konzern im Sommer die Biomarktkette Whole Foods übernommen und ist dadurch selbst zum Lebensmittelhändler geworden (siehe Supermarktblog); nicht zuletzt dadurch sind Amazons Ambitionen auch im stationären Handel gewachsen. Die Strategie ist bislang: Konkurrenz statt Kooperation.

Inwiefern das auf den europäischen Markt übertragbar ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt freilich nicht sagen. „Le Monde“ hatte vor einigen Wochen gemeldet, Amazon habe Kontakt zu mehreren französischen Handelsketten aufgenommen, um sowohl Kooperationen als auch Übernahmen zu prüfen (siehe Supermarktblog).

In Deutschland arbeitet Amazon bislang u.a. mit der zu Migros gehörenden Supermarktkette Tegut zusammen. Deren Geschäftsführer Thomas Gutberlet erklärte im Interview mit der „Lebensmittel Praxis“ im Frühjahr, warum sich sein Unternehmen für die Allianz entschieden habe:

„Es gibt immer zwei Möglichkeiten im Leben: Entweder man macht etwas selber, dann muss man es wirklich gut machen, oder man sucht sich jemanden, der das Geschäft noch viel besser beherrscht.“

Womöglich ist das auch in Neckarsulm aufmerksam gelesen worden.

Titelfoto [M]: Amazon Deutschland/Supermarktblog"

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„Nicht kostendeckend“? Warum Kauflands Lieferservice doch zum Erfolg hätte werden können

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Als Kaufland im Dezember überraschend ankündigte, seinen Lieferservice für Lebensmittel in Berlin einzustellen (siehe Supermarktblog), erklärte das Unternehmen in der Mail an seine Kunden, der Service ließe sich „auf Sicht nicht kostendeckend betreiben“ (und machte daraus nachträglich eine „Pilotphase“).

Es spricht vieles dafür, dass das in dieser Form nicht stimmt. Zumindest ist die Rechnung nicht so einfach, wie Kaufland sie darstellt.

Nach Supermarktblog-Informationen kann der Lieferservice in Berlin durchaus als Erfolg gewertet werden. Einer, der zwar nach wie vor Verluste eingefahren haben wird (alles andere wäre nach 14 Monaten auch eine ziemliche Sensation gewesen). Aller Voraussicht nach hätten sich diese jedoch mit weiteren Prozessverbesserungen und wachsenden Liefermengen in den kommenden Monaten deutlich reduzieren lassen.

Über mangelnden Zuspruch der Kunden scheint sich das Unternehmen jedenfalls nicht beklagen zu können. Laut „Heilbronner Stimme“ hat Kaufland „bei der durchschnittlichen Größe der Bestellungen […] in Berlin die eigenen Erwartungen übertroffen“. Schon kurz nach dem Start im Oktober 2016 waren die umfangreichen Werbemaßnahmen wieder reduziert worden – ein Zeichen dafür, dass sich die benötigte Auslastung wohl auch so erreichen ließ.

Darüber hinaus ist aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören, dass sich die Effizienz im Berliner Lager stark gesteigert hat, die Kommissionierproduktivität sei zuletzt im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt worden.

Ideen für die „letzte Meile“

Gleichzeitig scheint man intensiv nach Lösungen gesucht zu haben, um die hohen Kosten für die „letzte Meile“ (bis zum Kunden) zu senken, unter anderem – wie im Spätsommer im Blog berichtet – über zusätzliche Umschlagpunkte auf Parkplätzen am Stadtrand.

Bestellungen wurden per LKW gesammelt antransportiert und auf die dort geparkten Lieferfahrzeuge umgeladen, die anschließend vornehmlich im Norden und im Osten der Stadt unterwegs waren (und sich lange Wege vom Lager in Lichterfelde sparten).

Die Effizienz hätte sich auch mit anderen Maßnahmen weiter steigern lassen: etwa, indem man zumindest einen Teil der Lieferfahrzeuge zweimal pro Schicht das Lager verlassen lässt, um mehr Lieferungen zu bewältigen. (Dafür hätten freilich die Touren und vorgelagerte Prozesse im Lager anders geplant werden müssen; Fahrer berichten von 12 bis 15 „Drops“, die bislang mit einem Fahrzeug pro Schicht erledigt werden konnten.)

Ein weiterer Kniff ist leicht bei der Konkurrenz abzugucken: Rewe z.B. liefert – trotz eigener Flotte – nicht alle Bestellungen seines Lieferservices selbst aus, sondern greift etwa zu Randzeiten auf externe Dienstleister zurück (in diesem Fall: u.a. DHL). Das hätte auch Kaufland geholfen, teure Fahrten in Randbezirke zu vermeiden, in denen nur wenige Kunden bestellen.

Ein entscheidender Vorteil

Dazu kommt, dass Kaufland im Vergleich zu vielen Konkurrenten einen entscheidenden Vorteil beim Aufbau des neuen Geschäfts hatte: Mit einem Umsatz von mehr als 90 Milliarden Euro ist die Schwarz-Gruppe (zu der Kaufland und Lidl gehören) Europas größter Handelskonzern und der viertgrößte der Welt und kann deswegen Einkaufskonditionen verhandeln, mit denen sich sehr viel bessere Roherträge erzielen lassen als z.B. bei Amazon Fresh (das viel kleinere Mengen einkauft und deshalb höhere Preise zahlen wird).

Ein wesentliches Problem in der Rechnung, ob sich der Lieferservice kostendeckend bzw. gewinnbringend betreiben lässt, werden gar nicht nur die am Standort Berlin angefallenen Kosten (für Standort, Flotte, Personal) gewesen sein – sondern insbesondere die in der Zentrale. Dort arbeiteten bislabg laut „Heilbronner Stimme“ 80 Mitarbeiter für den Kaufland Lieferservice. Auf Dauer wäre das nur rentabel gewesen, wenn Kaufland den Dienst in weitere Städte gebracht hätte, um darüber die Fixkosten in der Zentrale zu decken.

Das heißt aber auch: Die Kosten in der Zentrale wäre Kaufland so schnell nicht losgeworden.

Neue Standorte waren schon geplant

Dabei muss es im Unternehmen zwischenzeitlich sehr wohl den Glauben daran gegeben haben, über einen zügige Erweiterung der Liefergebiete eine solide Basis für den Lieferservice bauen zu können. Der Start in Hamburg war längst beschlossen, das Lager fertig gebaut, sogar schon Personal engagiert – bevor der Start im Spätsommer kurzfristig (wieder) verschoben wurde. Auch Düsseldorf und Frankfurt am Main standen als weitere Lieferstädte wohl schon fest, wie die „Lebensmittel Zeitung“ im Frühjahr berichtete (Paywall).

Nach Supermarktblog-Informationen wurden aber nicht nur für diese beiden Standorte bereits entsprechende Grundstücke gesichert, sondern darüber hinaus auch für mehrere Städte in Nordrhein-Westfalen. Außerdem hätte ein zweiter Standort für die Hauptstadt etabliert werden sollen, heißt es im Berliner Umfeld des Lieferservices.

Ein zentrales Problem hätte sich mit wachsender Bestellmenge quasi von alleine erledigt: Die mittlere Fahrzeit zwischen zwei Kunden wäre deutlich reduziert worden, die Rentabilität des Diensts dadurch gestiegen.

Offensichtlich hat aber in der Schwarz-Gruppe der Glaube daran – oder schlicht die Geduld dafür – gefehlt.

Filialgeschäft hat Vorrang

Aus unterschiedlichen Quellen ist zu hören, dass das Aus für den Lieferservice vorrangig mit den Rückschlägen im stationären Geschäft zu tun haben dürfte, das stabilisiert werden muss.

Kaufland hat Umsätze eingebüßt, derzeit werden laut „LZ“ (Paywall) eine Milliarde Euro für die überfällige Modernisierung der Filialen ausgegeben. Zusätzliche Verluste außerhalb des bisherigen Kerngeschäfts stören da um so mehr – selbst wenn diese wie beim Lieferservice im Vergleich zum stationären Geschäft überschaubar gewesen sein dürften. (Für die Modernisierung einzelner Filialen gibt Kaufland z.T. zweistellige Millionenbeträge aus.)

Dass nicht nur der USA-Start der Discount-Schwester Lidl schwieriger anläuft, als man sich das in Neckarsulm vorgestellt hat, sondern auch der Kaufland-Start in Australien viel Geld kostet, dürfte zusätzlich für Druck sorgen.

Dabei waren die Voraussetzungen innerhalb der Schwarz-Gruppe eigentlich gut, um zu beweisen, dass sich mit der Lieferung von Lebensmitteln mittelfristig sehr wohl Geld verdienen lässt. Kaufland musste sich weder vor Aktionären für die Investitionen rechtfertigen, noch selbstständige Kaufleute beschwichtigen, dass ihnen die Online-Aktivitäten Umsätze wegnehmen könnten. Im besten Fall hätte man sich darauf verlassen können, der Gruppe mit Absegnung des Eigentümers – Dieter Schwarz – ein neues Geschäftsfeld zu erschließen, das zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil für die Zukunft hätte werden können.

Richtig ist: Kauflands Lieferservice zu einem dauerhaften Erfolg zu machen, hätte in den kommenden Monaten und Jahren ein großes Stück Arbeit (und weitere Investitionen) bedeutet.

Dass er „auf Sicht nicht kostendeckend [zu] betreiben“ gewesen wäre, ist jedoch unplausibel.

Fotos: Supermarktblog"


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Schränkt Kaufland die Verteilung seines Wochenprospekts wirklich „zum Wohle der Umwelt“ ein?

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Seit einer Woche legt die Biosupermarktkette Alnatura keine gedruckten Handzettel mit Wochenangeboten mehr in ihren Filialen aus (siehe Supermarktblog) und reagiert damit nach eigenen Angaben auf die veränderten Nutzungsgewohnheiten der Kunden, die die Angebote immer häufiger gar nicht mehr mit nachhause genommen haben, sondern einfach im Laden durchgeblättert. (Auf eine separate Verteilung an Haushalte im Umkreis der Filialen hatte Alnatura ohnehin verzichtet.)

Gegenüber der Kundschaft wird vor allem der Umweltaspekt der Aktion kommuniziert: Man spare jährlich „über 56 Tonnen Papier und damit rund 5,6 Tonnen CO2-Emissionen ein“, erklärt das Unternehmen.

Auch andere Handelsketten präsentieren sich öffentlich gerne als Umweltschoner. Dass sich ausgerechnet ein Großflächendiscounter wie Kaufland, dessen Umsätze zu einem bedeutenden Teil auf dem selbst geschaffenen Handzettelimperium basieren dürften, aus Sorge um die Umwelt am allgemeinen Papiersparen beteiligen könnte, wäre dann aber doch erstaunlich.

Genau das kommunizierte Kaufland allerdings schon Mitte März einem Teil seiner Kunden – per separatem Handzettel. Auf dem stand in roten Lettern:

„Klicken statt blättern – zum Wohle der Umwelt.“

Und weiter:

„Als großes Handelsunternehmen fördern wir einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Aus diesem Grund steigen wir nach und nach um – von Papier auf Digital. Ab sofort landen deshalb unsere Angebote nicht mehr in Ihrem Briefkasten, sondern warten auf unserer Website, in unserem Newsletter und in unserer App auf Sie.“

(Hervorhebung von mir.)


Scan: Supermarktblog

(Bild vergößern.)

Direkt in den Filialen würden die Wochenangebote aber weiterhin in Papierform ausgelegt, um „mit dem Prospekt auf Schnäppchenjagd zu gehen“. Obwohl es die Handzettel mit den Sonderpreisen „auch online zum Durchblättern“ gebe:

„Ihr Klick hilft Ihnen also sparen und schont gleichzeitig die Umwelt.“

Wer sich beim Unternehmen dazu erkundigt, kriegt jedoch einen grundlegend anderen Eindruck der (vermeintlichen) Naturschutz-Initiative Umstellung. Eine Kaufland-Sprecherin erklärt auf Supermarktblog-Anfrage:

„Unsere Kaufland Prospekte werden weiterhin an Haushalte verteilt, und selbstverständlich liegen sie auch weiterhin in den Filialen aus. Wir überprüfen routinemäßig, ob die Verteilung optimiert werden kann – unter anderem auch aus Umweltgesichtspunkten. Es ist nicht geplant, die Druckversion durch eine Online-Information zu ersetzen. Beide Informationsformen sind wichtig und stehen heute gleichberechtigt nebeneinander.“

Das entspricht allerdings nicht dem Eindruck, den Kaufland gegenüber den Kunden vermittelt, die sich künftig im Netz über Angebote informieren sollen, weil Kaufland, wie ihnen angekündigt wurde, „nach und nach (…) von Papier auf Digital“ wechselt.

Experiment oder Sparmaßnahme?

Wie es zu diesem Widerspruch kommt, mag das Unternehmen nicht genauer erklären und verweist lediglich auf die genannte „Verteilungsoptimierung“. Es gibt aber im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:

Entweder testet die Handelskette in einzelnen Regionen, ob und wie sich die Einstellung der Haushaltsverteilung des Wochenprospekts auf Kundenverhalten und Umsätze auswirkt, um herauszufinden, ob sich die digitalen Angebote tatsächlich als adäquater Ersatz eignen. Das wäre (für einen Discounter) tatsächlich verhältnismäßig progessiv.

Oder es handelt sich bei der kommunizierten Einstellung schlicht um eine Sparmaßnahme, z.B. in Orten bzw. Regionen, in denen das Kaufland-Filialnetz nicht über die nötige Dichte verfügt, um die zweifellos hohen Ausgaben für die Prospektverteilung per „Einkauf aktuell“ oder Wochenblatt weiter zu rechtfertigen – weil die Streuverluste schlicht zu groß sind. Das ist nachvollziehbar und völlig legitim. Im diesem Fall allerdings Umweltaspekte vorzuschieben und sich als Handelsunternehmen zu positionieren, das in erster Line den „verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen“ im Sinne hat (und nicht nur den eigenen), wäre schon ein ziemlich unverschämtes Täuschungsmanöver.

Bei Rückfragen dazu ist das gegenüber seinen Kunden so offenherzig kommunizierende Unternehmen nicht mehr ganz so kommunikativ und schreibt:

„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir dazu keine Angaben machen möchten.“

In diesem Fall eher nicht zum Wohle der Umwelt, aber vielleicht der eigenen Glaubwürdigkeit.

Vielen Dank an Klaus!

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Neuer Schwung fürs Eigenmarken-Regal! Von „Rewe Ready“ bis „K-Favourites“

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Im Rewe-Magazin „one“ (ja, das heißt einfach so) hat Jan-Peer Brenneke, der in der Rewe Group den Einkauf und die Entwicklung der Eigenmarken verantwortet, einen kleinen Einblick in die Arbeit seines Teams gegeben und über die wachsende Bedeutung von Produkten gesprochen, auf die Supermärkte und Discounter ihre eigenen Logos drucken:

„Die Eigenmarke ist der wichtigste Punkt der Differenzierung zu unseren Wettbewerbern. Denn die großen Marken bekommen sie ja überall. Deshalb muss die Eigenmarke für jede einzelne Vertriebslinie klar erkennbar sein.“

Früher seien die Produkte eher unattraktiv gewesen: „Es ging um den günstigsten Preis in der untersten Qualität.“ Diese Zeiten sind schon seit längerem vorbei.

Penny hat sein Eigenmarkensortiment zum Relaunch bekanntlich komplett umgekrempelt und modernisiert so kontinuierlich, dass man als sporadischer Kunde schnell den Überblick verlieren kann. Und bei Rewe stehen zunehmend mehr Artikel der Mittelmarke Beste Wahl mit neuen Designs – und verbesserter Qualität, sagt Brenneke – im Regal (siehe Supermarktblog).

All das passiert nicht zuletzt deshalb, weil Eigenmarken für die Handelsketten auch wirtschaftlich an Bedeutung gewinnen. Für 2017 meldet der Rewe-Eigenmarken-Chef bei der Premiummarke Feine Welt ein Umsatzplus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, Beste Wahl habe sich um 8 Prozent gesteigert, der Discount-Klassiker ja! um 10 Prozent („durch die Anpassung von Qualitäten und Design“).

Brenneke geht auch auf die Unterschiede zwischen den Formaten ein: Bei Penny liege der Anteil der Eigenmarken, die sich vor allem auf den Preiseinstieg konzentrieren, bei 50 Prozent.

„Bei REWE wollen wir uns noch deutlich steigern. Wir sind zuletzt von rund 21 Prozent auf 24 Prozent im vergangenen Jahr gewachsen. Ein Ziel, das wir vor Augen haben: 30 Prozent im Vollsortiment, weil wir bei der Eigenmarke eine größere Wertschöpfung haben.“

(Das heißt: mehr verdienen.) Wie praktisch, dass sich Brenneke dafür ein bisschen was bei sich selbst abgucken kann, zum Beispiel Pennys Convenience-Initiative, die im Laden neuerdings sehr viel stärker in Szene gesetzt werden (siehe Supermarktblog).

Auch die Konkurrenz arbeitet natürlich kontinuierlich an der Weiterentwicklung ihrer Auswahl. Höchste Zeit also für ein kleines Update.


„Rewe Ready“ – für die „Schnelle Küche“?

Fast alle Eigenmarken hat Rewe in den vergangenen Jahren überarbeitet, zuerst ja! (siehe Supermarktblog), seit einiger Zeit auch Beste Wahl und Feine Welt (siehe Supermarktblog). Fehlt da nicht eine? Genau: Rewe Bio.

Mit zunehmender Produktauswahl haben klassische Händler wie Rewe eine führende Rolle beim Umsatz mit ökologisch hergestellten Lebensmitteln in Deutschland übernommen – zu Lasten des Fachhandels, der das Problem klein zu reden versucht. In manchen Läden reserviert Rewe inzwischen sogar komplette Regalkopf-Ensembles ausschließlich für die Bio-Eigenmarke, die inzwischen allerdings arg bieder und renovierunsgbedürftig aussieht.

Womöglich nicht mehr lange: Anfang des Jahres tauchten auf rewe.de kurzzeitig neue Verpackungs-Designs für einzelne Rewe-Bio-Produkte auf, u.a. Nürnberger Rostbratwürsten, Röstkaffee und Kaffeepads, deren Artikelbezeichnung sich nicht mehr in weißer Schrift schräg ins grüne Ecksprechbläschen hieninlehnte. Sondern selbstbewusst auf angedeutetem Ökopapier-Hintergrund in Versalien von ihrem Inhalt kündeten („RÖSTKAFFEE“!), um darunter mit einer erweiterten Qualitätserläuterung („Volles Aroma aus Hochland-Bohnen. 100% Arabica aus fairem Handel“) die Kaufentscheidung zu forcieren.

So bzw. so sah das aus. (Danke an Christian, der das Rewe-Bio-Design zuerst entdeckt hat!)

Zwischenzeitlich sind die neuen Designs wieder aus dem Netz verschwunden; im Laden hab ich sie auch noch nicht gesehen. Womöglich war Rewe das alles zu nah dran an der Kassenzetteloptik, die Wettbewerber Lidl seit einiger Zeit verwendet. Eine schickere Optik käme für Rewe Bio in jedem Fall gerade zur rechten Zeit.

[Nachtrag, 12. April: Auf Facebook hat Rewe die neue Gestaltung der Bio-Produkte gerade schon offiziell gemacht. (Danke für den Hinweis, Marcel!)]

Ein neues Design gibt’s womöglich auch für Rewe to Go, zumindest hat Rewe für eine entsprechende Überarbeitung kürzlich Markenschutz beantragt – wobei die Mini-Supermärkte, die als Rewe to Go seit Monaten in hunderte von Aral-Tankstellen verbaut werden, davon vermutlich eher nicht betroffen sein dürften. Weil die frisch eröffneten Shops sonst direkt wieder umgestaltet werden müssten.

Wahrscheinlich dürfen sich künftig einfach die Rewe-eigenen Sandwiches, Smoothies und Salate mit dem neuen runderen to-Go-Design schmücken.

Zumal Rewe noch eine weitere Marke eintragen lässt, um sein Sortiment für Sofortesser und Blitzkocher zu erweitern: Rewe Ready heißt der Eigenmarkenfrischling, der für einen ganzen Schwung an Warenklassen aus dem Lebensmittelbereich registriert wurde, und den Kölnern bei der Erweiterung ihres Convenience-Angebots behilflich sein könnte. Entweder in Form von Fertigmahlzeiten (wie sie Penny unter dem Label heat & eat im Angebot hat und bei Rewe derzeit unter Beste Wahl geführt werden) – oder natürlich in Form von Rezeptboxen mit vorgeschnippelten Zutaten, die im Kühlregal auf ihre Abholung zum Abendessen warten.

Einen ähnlichen Ansatz gab es vor einigen Jahren schon einmal zum Start der (gefloppten) Gastrokette MADE by Rewe, als dort unter dem Namen „ready to cook“ plastikeingeschalte Gerichte verkauft wurden, die unter Minimalmitwirkung des Aufsessers zubereitet werden konnten (hier, hier und hier sind sie noch zu besichtigen).

Dabei handelte es sich allerdings nur um ein äußerst kurzfristiges Gastspiel im Kühlregal. Gut möglich, dass eine Wiederaufführung kurz bevorsteht.

[Nachtrag, 17. April: Das neue Rewe-to-go-Logo kommt in dieser Woche bereits im Wochenprospekt zum Einsatz. (Danke an B.N.!)]

Real spendiert TiP mehr Farben

Zur Frischemarktkur, die der SB-Warenhausabstoßer Real seinen verbliebenen Filialen im vergangenen Jahr verordnet hat (siehe Supermarktblog), gesellt sich bekanntlich eine schon vor Urzeiten angestoßene Modernsierung der Eigenmarken aus Mönchengladbach. Die war nicht nur überfällig, sondern kommt so langsam auch sichtbar in den Regalen an – gerade rechtzeitig zur großen Geburtstagsparty, die Real im Netz feiert.

Zum 10. Geburtstag kriegt nicht nur Real Bio ein minimal zeitgemäßeres Erscheinungsbild verpasst.

Das neue Design der Mittelmarke Real Quality zieht sich bekanntlich bereits seit längerem hin, und das wird vermutlich auch noch eine Weile so bleiben, wenn Real auf den gerade erst umgestalteten Verpackungen jetzt das alte Logo (mit -,) durch das neue (ohne -,) ersetzen muss.

Den deutlichsten Wandel vollzieht die Handelskette aber derzeit mit ihrer Discountmarke TiP, die nicht nur ein verändertes Logo spendiert bekommen hat, sondern auch – Farben! Anstatt einheitlicher Packungen in schwarz-weiß-hellblau sind die Artikelbezeichnungen künftig bunt: Salzkräcker tragen Orange, Knabbernüsse helles Braun, Bananen hüllen sich natürlich in Gelb und der norwegische Räucherlachs in – nun ja: Lachsfarbe.

Ansonsten hält sich die Innovation jedoch in Grenzen, am schneeweißen Grunddesign rüttelt Real nicht.

Kauflands Mittelmarken-Nachwuchs „K-Favourites“

Der vielleicht schwerste Fall kommt zum Schluss: Kaufland. Während der Großflächendiscounter seine Filialen mit einem neuem Design aus den 80er Jahren in die Gegenwart holt, ist dieser Schwung einem Großteil des Eigenmarkensortiments derzeit noch nicht vergönnt. Bislang hält K-Classic (zumindest im Basissortiment) strengstens am Billigfummel fest, in den sich die Eigenmarke einst hat verschalen lassen.

(Obwohl sich zwischendurch zumindest das neue K-Classic-Logo auf die Werbeplakate für neue Filialen geschlichen hatte; klicken zum Vergößern.)

Seit kurzem ist auch klar, woran das liegen könnte. Wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtete, arbeitet Kaufland wohl an einer veränderten Eigenmarkenstruktur. K-Classic soll weiterhin den Preiseinstieg abbilden, unter der „Genuss-Marke“ K-Exquisit gibt es besondere (Premium-)Produkte (die seit einiger Zeit das leicht veränderte Kaufland-K im Logo-Nest tragen dürfen).

Dazwischen könnte sich künftig die neue Mittelmarke K-Favourites drängeln, unter der Kaufland Produkte mit Mehrwert zusammenfassen könnte, die bislang als K-Classic in der Billigschiene beheimatet sind. Das dafür entworfene Logo kommt schon mal mit ordentlichem Schwung daher. Die „LZ“ meldete, dass Kaufland „sich mittelfristig vorstellen könnte, bis zu 400 Artikel unter dem neuen Label aufzubauen“ und „im Laufe des Jahres“ die ersten Artikel in die Läden kommen könnten (Paywall).

Das wäre für den Großflächendiscounter in Sachen Eigenmarken tatsächlich ein völlig neues (Pardon) K-Pitel.

[Nachtrag, 21. April: Auf den „Let’s BBQ“-Produkten für die Grillsaison (Grillkohle, Würstchen usw.) kommt gerade auch das erneuerte K-Classic-Logo in den Filialen an, entspricht allerdings nicht dem, mit dem Kaufland in den vergangenen Monaten am Regal auf seine Eigenmarken-Produkte hingewiesen hat. Damit ist K-Classic nun parallel mit drei unterschiedlichen Logos im Laden präsent (das alte auf fast allen Produkten, das zwischenzeitliche an den Regalen, das neue auf ausgewählten Artikeln) – und Kaufland setzt konsequent sein Redesign-Chaos fort. (Danke an Stefan, der hat’s zuerst gemerkt!)]

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Ansichten eines Visionärs: Lidl-Lenker Klaus Gehrig zum 70. Geburtstag

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Es gibt was zu feiern: An diesem Mittwoch wird Klaus Gehrig, Lidl-Lenker und Konzernchef der Schwarz-Gruppe (die unter seiner Führung zum größten Händler Europas wurde), 70 Jahre alt. Damit verfügt der Aufsichtsrat-Chef von Lidl und Kaufland über 25 Jahre mehr Lebenserfahrung als Alexandre Bompard, CEO von Europas Nummer-2-Handelskonzern Carrefour; 17 Jahre mehr als Dave Lewis, CEO des bislang größten britischen Handelskonzerns Tesco; und 24 Jahre mehr als der Vorstandsvorsitzende der Rewe Group, Lionel Souque.

Wenn einer weiß, wie Lebensmittelhandel in den zurückliegenden Jahrzehnten funktioniert hat, dann Gehrig. Gerade würdigte ihn die „Lebensmittel Zeitung“ (LZ) als „prägende Persönlichkeit“, als „Visionär“ und „Taktgeber“ –

„auch wenn er das selbst niemals von sich behaupten würde. Er redet nicht gerne über sich selbst.“

Was genau ist das Geheimnis dieses Mannes, der um sich selbst so ein Geheimnis macht? Seine Weitsicht, sein unternehmerisches Gespür, seine Sensibilität gegenüber Mitarbeitern und Führungskräften? Am besten nähert man sich Gehrig vielleicht, indem man jemanden zu Wort kommen lässt, der ihn schon viele Jahrzehnte kennt, versteht und deshalb einschätzen kann wie kein anderer.

Klaus Gehrig über Klaus Gehrig

„[Ich bin] eher ein selbstbewusster Manager mit Bodenhaftung. Ich suche ganz gezielt auch Führungskräfte aus, die mir widersprechen“, vertraute Klaus Gehrig dem „manager magazin“ 2015 an (im gemeinsamen Interview mit dem damaligen Lidl-Chef Sven Seidel, ausgeschieden im Februar 2018, und dem damaligen Kaufland-Chef Frank Lehmann, ausgeschieden im Oktober 2015). Voriges Jahr wurde er im Gespräch mit dem „Spiegel“ noch etwas konkreter: „Ich komme eigentlich mit jedem zurecht. Und ich bin mit mir und mit dem, was ich tue, zufrieden, das ist ganz wichtig.“

Als harter Hund sehe er sich nicht, „ich trage meine Vorstellungen nur engagiert vor. Und ich bin konsequent“. Das können die zahlreichen ehemaligen Lidl- und Kaufland-Geschäftsführer, die Gehrig in den vergangenen Jahren hat kommen und vor allem gehen sehen, bestätigen. An ihm können diese Abgänge kaum gelegen haben, denn: „Mit mir konnte man schon immer einfach zusammenarbeiten!“

Falls es doch mal zum Zwist kommt, punktet der Mann, der nicht gerne über sich selbst redet, mit einer anderen positiven Eigenschaft: „Ich habe viel Mitgefühl. Besonders wenn ich mich von Mitarbeitern trennen muss.“

Am Ende zählt vor allem eins: kein schlechtes Gewissen zu haben. „Wenn ich ein schlechtes Gewissen hätte, könnte ich diesen Job nicht machen. Wir können nur bedingt zu mehr Gerechtigkeit auf der Welt beitragen.“

Klaus Gehrig übers Geschäft

„Für das Modell Discount gibt es keine Grenzen und keine besetzten Märkte.“ Davon ist Klaus Gehrig seit jeher überzeugt, und genau so hat es sich bislang ja auch immer bewahrheitet.

„Wir scheuen uns daher nicht, auch in vermeintlich gesättigte Märkte einzudringen und uns dort durchzuboxen“, charakterisierte der Konzernchef 2015 die Expansionsstrategie der Schwarz-Gruppe. So wie in den USA, wo Lidl im vergangenen Sommer eher unbescheiden mit seinen ersten Filialen startete (siehe Supermarktblog). Kurze Zeit darauf bilanzierte Gehrig gegenüber der „Wirtschaftswoche“: „Wir haben unseren Eintritt in die USA sehr gut vorbereitet und so können wir von einem gelungenen Start in den USA sprechen – wir sind bei den Kunden angekommen. (…) Hier bewährt sich unsere reichhaltige Erfahrung, die wir bei unseren Markteintritten in Europa sammeln konnten.“

Dafür, dass es dann doch geringfügig anders gekommen ist, hat Gehrig auch eine Erklärung. Der „Lebensmittel Zeitung“ sagte er gerade: „Die Situation in den USA ist in der Nachbetrachtung auch mein Fehler – ich hätte mich viel früher darum kümmern müssen.“

Denn wenn Gehrig sich nicht selbst kümmert, sieht es oft düster aus für Lidl und Kaufland.

Einer muss schließlich einen klaren Kurs vorgeben, um etwa gegen den ewigen Rivalen Aldi zu reüssieren. „Aldi ist grundsätzlich kostenorientierter als wir“, vertraute Gehrig im Juni 2015 der „LZ“ an. „Wir machen auch schon mal Dinge, bei denen wir nicht so genau auf die Kosten schauen, sondern bei denen eher die Sicht der Kunden im Mittelpunkt steht.“ So wie in den fantastischen neuen Lidl-Filialen mit reichlich Tageslicht, in denen es ein Vergnügen ist, als Kunde einzukau… – nein, Pardon, mein Irrtum: „Schauen Sie sich die Lidl-Filialen an, die wir im letzten Jahr gebaut haben, zum Beispiel in Osteuropa. Das sind teilweise riesige Glaspaläste. Aber diese überzogene Bauweise befremdet die Menschen dort. Außerdem passt sie nicht zu uns, und die Umsätze stehen in keiner Relation zum Aufwand“, ergänzte Gehrig seinen Position zwei Jahre später im „Spiegel“. „Hier brauchen wir wieder mehr Kostenbewusstsein.“

Was Gehrig über das Geschäft sagt, das meint er auch so. „Es ist Teil unserer Strategie, dass wir den stationären Handel und unser digitales Angebot vernetzen. Dabei gehen wir innerhalb der Schwarz Gruppe koordiniert vor“, hat er der „Wiwo“ im vergangenen Oktober anvertraut. Ein halbes Jahr nachdem Lidl sein Click-&-Collect-Konzept kurz vor dem geplanten Start beerdigte; wenige Wochen bevor Lidl den Verkauf von Lebensmitteln im Online-Shop einstellte; und Kaufland sich von seinem erfolgreichen Lieferservice in Berlin mit sämtlichen bereits vorbereiteten Expansionsplänen verabschiedete (siehe Supermarktblog).

Dass man als Händler auf neuen Feldern mitspielen muss, „ist gar keine Frage“, versicherte der Konzernchef im Sommer 2016 der „LZ“. „Meine Aufgabe besteht darin, diese Entwicklung nicht zu blockieren, auch wenn das nicht mehr meine Welt ist.“

Klaus Gehrig über Personal

Aber natürlich ist es schwer, sich nicht ständig einzubringen – bei dem Personal, das man heutzutage kriegt. Denn: „der Anteil der Menschen, die von ihrer Persönlichkeitsstruktur her zu uns passen, ist kleiner geworden.“ Das hat mehrere Gründe. Klaus Gehrig kennt sie alle:

  1. „Die Jobs bei uns erfordern mitunter auch eine gewisse Konsequenz und Härte.“
  2. „Man braucht Stallgeruch, um zu verstehen, wie Kaufland und Lidl ticken und wie die Unternehmensgruppe als Ganzes funktioniert.“
  3. „Wir brauchen Menschen mit einem Blick aufs Ganze.“

Kurz gesagt: Menschen wie …

Klaus Gehrig über die Zukunft

Einen guten Konzernchef erkennt man auch daran, dass er frühzeitig die eigene Nachfolge regelt und geeignete Kandidaten dafür in Position bringt. „Als operativer Chef der Schwarz-Gruppe habe ich derzeit noch weitreichende Entscheidungsbefugnisse. Diese Freiheiten, die ich momentan genieße, wird es in dem Ausmaß künftig nicht mehr geben“, prognostizierte Gehrig vor drei Jahren im „manager magazin“. „In meiner heutigen Macht- und Kompetenzfülle bin ich ein Auslaufmodell. Und das ist auch gut so.“

Gehrig war sich sicher: „Im Jahr 2018 werde ich 70, bis dahin will ich all meine Aufgaben auf stabile Vorstandsstrukturen übertragen haben.“ Und wenn man ihm eines vorhalten wollte, dann: dass er damals unterschätzt hat, wie unverzichtbar er für das Unternehmen wirklich ist.

Im vorigen Jahr erdreistete sich der „Spiegel“, Gehrig zu fragen, wann er denn gehen wolle. Und der antwortete: „Wenn der Inhaber [Dieter Schwarz, Anm. d. Red.] sagt: Jetzt ist es an der Zeit! Ich entscheide das ja nicht. Wenn er morgen sagt: Lieber Klaus, das ist es jetzt gewesen. Dann sage ich: Vielen Dank, wir haben gerne, vertrauensvoll und erfolgreich zusammengearbeitet. Und dann bin ich morgen eben nicht mehr da.“

Gut, gleich morgen wäre vielleicht doch ein bisschen früh, denn: „Ich habe dem Unternehmen noch viel zu geben. Und ich habe von meinem Inhaber die Aufgabe bekommen, dass ich die nächsten zwei, drei Jahre meinen Nachfolger einarbeiten soll.“

Wobei: Wer soll das denn sein? Die „mit Stallgeruch“ bei Lidl und Kaufland sind ja alle viel zu jung, die älteren getürmt oder gekündigt. Manch einer fühlte sich als Führungskraft womöglich dazu berufen, Gehrig zu widersprechen, wie der sich das wünscht – aber das heißt ja nicht, dass man sowas durchgehen lassen darf. Gehrig weigert sich einfach, sich mit der Unperfektheit der anderen zufrieden zu geben. „Das Wort Zufriedenheit hat immer etwas mit Zurücklehnen zu tun. Das ist absolut tödlich. Wir müssen aufpassen, dass wir trotz unseres Erfolgs die Sinne scharf halten“, sagte er 2015 der „Lebensmittel Zeitung“.

Jetzt wird Klaus Gehrig 70. Und dringend weiter gebraucht, um Lidl und Kaufland vor den Versuchungen der Moderne zu bewahren. Der „Heilbronner Stimme“ gegenüber deutete er an, auf sein 50. Dienstjubiläum im Unternehmen hinarbeiten zu wollen. In acht Jahren.

Was sollte man dazu anderes sagen als: Herzlichen Glückwunsch!

Quellen: „Für uns gibt es keine Grenzen“, „manager magazin“ 6/2015, S. 30ff; „Wir müssen unsere Sinne scharf halten“, „Lebensmittel Zeitung“ vom 19.6.2015, S. 25ff; „Extrem viel Reserven“, „Lebensmittel Zeitung“ vom 3.6.2016, S. 30f; „Der Killerwal ist ein hochsoziales Wesen“, „Der Spiegel“ vom 15.4.2017, S. 65ff; „Der Kunde will sehen, was er einkauft“, wiwo.de vom 9.10.2017; „Der Unberechenbare“, „Lebensmittel Zeitung“ vom 11.5.2018, S. 25f.


Ein lesenswertes Porträt von Klaus Gehrig, das auch andere Einschätzungen außer denen Klaus Gehrigs berücksichtigt, hat Manfred Stockburger für die „Heilbronner Stimme“ geschrieben.

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Sofortessen-Gestümper bei Kaufland und Lidl: Snack lass nach!

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Lediglich wenige Jahre nach der kompletten Konkurrenz hat sich bei den Kühlthekenverantwortlichen der Schwarz-Schwester-Discounter Kaufland und Lidl die Erkenntnis durchgesetzt, dass es sich lohnen könnte, die zum Sofortverzehr geeigneten Artikel hervorzuheben, um zur Lunchzeit mittagessenaffine Kunden in die Läden zu locken.

Bei Kaufland führte das im vergangenen Jahr dazu, dass in modernisierten Märkten große Kühlhippos mit gut sichtbarer „To Go“-Kennzeichnung aufgestellt wurden – als Ersatz für die eher schmalen Theken, die sich Fertigsalate und Veggie-Artikel bis dahin in den meisten Läden als Anhängsel des Obst- und Gemüse-Sortiments teilen mussten (siehe Supermarktblog).

Die Hippos haben sich offensichtlich nicht durchsetzen können. Aber eine lange Kühlregalreihe am Markteingang gehört bei Kaufland inzwischen zum Standardinventar. Auch wenn das „To Go“ darüber eher schlecht als recht gut beschreibt, was Kunden darin finden. Die Regale sind eher so eine Art All-You-Can-Eat-Kühlbuffet, dem nicht nur Salate, Sandwiches und Smoothies zusortiert sind – sondern auch alle anderen Kühlartikel, die Kaufland sonst nirgendwo dazu sortiert kriegt, vom Veggie-Schnitzel bis zur Blattsalatkombi.

Um noch ein bisschen besser mit der dennoch erweiterten Lunch-Kompetenz punkten zu können, verpasst der Großflächen-Discounter einem Teil seines Snack-Sortiments derzeit das neue Eigenmarken-Label „K to go“.

Salate in der Plastikschale, Müsli und Joghurt-Kombis stehen schon neu verpackt im Regal. Und dass bei der gestalterischen Genese jemand kreative Purzelbäume schlagen musste, kann nach der ersten Begutachtung quasi ausgeschlossen werden. Mit großen bunten Buchstaben auf weißem Grund und den Umbrüchen mitten im WO
RT erinnern die K-to-go-Artikel (vermutlich nicht ganz zufällig) an das 2016 von McDonald’s eingeführte Verpackungsdesign, das auch die Discount-Schwester Lidl bereits schonungslos kopiert hat.

Regelmäßige Fastfood-Esser, die zwischendurch mal zum Mittag in den Großflächendiscounter wechseln, mag das ansprechen. Alle anderen Snack-affinen Kunden könnten sich davon eher abgeschreckt fühlen.

Auch die Chance, den Start der neuen Marke zum Anlass für Produktinnovationen zu nutzen, hat Kaufland verstreichen lassen. Die größte Innovation ist bislang, dass der vormals im eckigen Zweier-Pack angebotene Ungarische Wurstsalat nun im runden 200-Gramm-Becher bereitsteht. (Was den Inhalt wundersamerweise nicht schmackhafter aussehen lässt.)

Und eine in Plastik eingeschweißte Plastikgabel dazu liefert – gerade rechtzeitig zur Ankündigung der EU Anfang der Woche, Plastikbesteck künftig verbieten zu wollen, um Abfall zu vermeiden und die Vermüllung der Ozeane zu reduzieren.

Relativ offensiv ist Lidl Ende März die Einführung seines „Select & Go“-Labels angegangen und versprach per Pressemitteilung „bessere Orientierung und Sichtbarkeit“ des Sofortessens durch einen „gebündelte[n] To-go-Bereich im Kühlregal“. Seit zwei Monaten weisen nun Papptrenner in den Kühlregalen auf Produkte hin, von denen Lidl glaubt, sie seien „für beispielsweise die Mittagspause im Büro oder den schnellen Happen zwischendurch“ geeignet.

Dazu gehören offensichtlich auch: mit Fertigpatties belegte Cheeseburger im Zweierpack, 10er-Packs Chicken Nuggets und vegetarische Bolognese in der Aufwärmschale. In vielen Filialen sind klassische Fertigmahlzeiten mit in den Snack-Block sortiert. Damit lassen sich Angestellte erfreuen, die nach dem Einkauf die Büro-Mikrowelle zum Glühen bringen wollen; für „bessere Orientierung und Sichtbarkeit“ klassischer Sofortsnacks sorgt das aber nicht.

Genauso wenig wie die „chef select to go“-Kennzeichung, die signalisieren soll, dass ein gekennzeichnetes Produkt ohne zusätzliches Besteck verzehrbar ist – wenn man es zwischen dem ganzen anderen Kram denn findet.

„Für unseren erweiterten und neu gestalteten To-go-Bereich sind uns vor allem drei Dinge wichtig: Absolute Frische, qualitative Vielfalt und attraktive Produkte“,

ließ sich Jan Bock, Geschäftsleiter Einkauf bei Lidl Deutschland, zur großen Kühlthekenumwidmung im Frühjahr zitieren. Aber das kann nur als Gag gemeint sein, wenn man sich die traurige Realität ansieht. Statt Gemüsesticks mit Quark-Dip oder der Weiterentwicklung der (größtenteils wieder eingestellten) Veggie-Snacks gibt’s plattgedrückte Vollkorn-Klappstullen mit Sparbelag, in undefinierbarer Soße gebadete Sandwiches und Bagels, die schon vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums aussehen als seien sie zurück in die Zukunft gereist.

Oder wie appetitanregend auf der Verpackung steht: „Weizenkleingebäck mit Hähnebrustaufschnitt aus Fleischstücken zusammengefügt, gepökelt und gegart, Brotaufstrich mit Frischkäse und Salatmayonnaise-Senf-Creme, mit Zuckern und Süßungsmitteln.“

Lid hat’s tatsächlich geschafft, nach jahrelanger Vernachlässigung das To-Go-Sortiment für sich zu entdecken, dem aber keinen eigenen Spin zu geben, sondern bloß das bekannte Discountsnack-Allerlei umzusortieren und daneben ein paar Getränke kaltzustellen. Dafür hätte es gewiss keine eigene Kennzeichnung gebraucht.

Wie’s besser geht, macht Discount-Rivale Penny vor, das seine To-Go-Produkte schon vor vier Jahren in klar gekennzeichnete Kühltheken einsortiert hat (siehe Supermarktblog). In der Regel ist zwar auch dort eindeutig der Preis wichtiger als die geschmackliche Raffinesse. Dafür testet die Rewe-Tochter mit ihrer Eigenmarke regelmäßig neue Snack-Kombinationen und sorgt immer mal wieder für Abwechslung im Kühlregal.

Penny hat auch verstanden, dass Sofortsnacker nicht dieselben Kunden sind, die Fertigmahlzeiten zum Aufwärmen kaufen, und setzt die Abgrenzung nicht nur mit seiner Zweitmarke „penny heat & eat“ ganz gut um, sondern hebt die beiden Sortimente in den umgestalteten Läden neuerdings auch getrennt voneinander hervor (siehe Supermarktblog). Besser macht das im deutschen Discount derzeit sonst keiner.

Mal sehen, ob dem selbst ernannten Nachhaltigkeits-Discounter („Mit gutem Gewissen einkaufen“) auch als erstes eine passende Lösung dazu einfällt, wie sich das Sofortessen aus dem Supermarkt künftig so verpacken lässt, dass nach dem Verzehr keine riesigen Berge aus Plastikverpackungen mehr übrig bleiben.

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K-Favourites ist da: Jede Woche eine neue Kaufland-Eigenmarke?

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Quasi im Wochentakt erweitert Kaufland derzeit sein Sortiment um neue Eigenmarken und orientiert sich damit immer stärker an der Markenstrategie klassischer Supermärkte. 2015 und 2016 hatte der Großflächen-Discounter bereits „Exquisit“ (für Feinkost- und Premium-Artikel) sowie „ K-take it veggie“ (für vegetarische und vegane Produkte) ins Regal geholt. Aber selten ist das Markensammelsurium so schnell gewachsen wie in den vergangenen Monaten.

Seit dem Sommer werden Sandwiches, Salate und Smoothies für den Sofortverzehr im Kühlregal unter „K-to go“ vereinheitlicht (siehe Supermarktblog). Mitte August machte sich die Handelskette die Mühe, überschaubare 20 Produkte ohne Laktose und Gluten auf den Markennamen „K-free“ zu taufen.

Parallel dazu kriegen die Artikel der (bisherigen) Universal-Eigenmarke K-Classic im Schneckentempo ein neues Logo verpasst (siehe Supermarktblog).

Vorläufiger Höhepunkt dürfte nun aber der Start von Kauflands erster Mittelmarke „K-Favourites“ sein, die derzeit zaghaft Kühlregalpremiere feiert. Unter dem neuen Logo in schwungvoller Schreibschrift sind derzeit bereits diverse Käsesorten erhältlich: Berg- und Bauernkäse, Appenzeller und Le Gruyère, am Stück oder in Scheiben für 2,59 bzw. 2,69 Euro.

Die K-Favourites-Artikel sind eine Regalebene über der konventionellen K-Classic-Verwandtschaft eingekäst.

Auch erste Fleischartikel unter dem neuen Namen haben sich bereits einsortiert. Irish-Beef-Hüftsteak vom Weiderind und Argentinisches Rinderhüftsteak aus Weidehaltung von K-Favourites (jeweils „mit extra Steakpfeffer-Gewürzzubereitung“) sind direkt neben dem Roastbeef bzw. Entrecôte vom Jungbullen der klassischen Metzgermarke „K-Purland“ in die Kühlung geklemmt.

Die „Lebensmittel Zeitung“ hatte im Frühjahr zuerst von den Plänen der Handelskette berichtet, K-Favourites als neue Mittelmarke im Sortiment zu positionieren (Paywall). Auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt das Unternehmen nun den Markenstart und erklärt:

„Das Sortiment besteht derzeit aus rund 50 Artikeln. In den kommenden Monaten wird dieses Sortiment kontinuierlich ausgebaut und soll mittel- bis langfristig über 400 Artikel umfassen.“

Dafür werde „eine Vielzahl neuer Artikel“ ins Sortiment aufgenommen. Zugleich werde „ein Teil der bislang unter K-Classic geführten Produkte künftig unter der Eigenmarke K-Favourites“ erhältlich sein:

„Diese Produkte hatten bereits durchweg einen Mehrwert. Dieser Markenwechsel ist notwendig, um den Kunden eine bessere Orientierung zu bieten. Die Umstellung erfolgt zu gleichbleibenden Preisen.“

Am Regel nimmt die Kette für die neue Eigenmarke bereits in Anspruch, ebenfalls „discountbillig“ zu sein.

Als Grund für die Markeneinführung nennt Kaufland, „die Lücke zwischen den Segmenten Preiseinstieg und Premium“ schließen zu wollen.

„Mit der Neueinführung bieten wir dem Kunden eine klare Strukturierung – Preiseinstiegsartikel findet er in Zukunft durchweg unter ‚K-Classic‘. Artikel mit speziellem Mehrwert (bspw. Herkunft, Herstellungsverfahren, wertgebende Zutaten, Reifezeit usw.), die sich somit vom Preiseinstieg abheben, findet der Kunde künftig unter ‚K-Favourites‘. Die Mehrwerte kommunizieren wir aktiv auf der Frontseite der Verpackung. Sie sind fester Bestandteil des Verpackungsdesigns.“

Mit K-Favourites tritt Kaufland auch in direkte Konkurrenz zu den Produkten klassischer Markenhersteller – oder ersetzt sie womöglich ganz. Direkt neben Appenzeller und Le Gruyère von K-Favourites sind derzeit (noch) die gleichen Produkte von Emmi positioniert, auffallend ähnlich verpackt und zum exakt selben Preis.

Ob Kaufland damit dauerhaft Vielfalt simulieren möchte oder Mittelmarkenhersteller eher dazu verdonnert, ihre Produkte als K-Eigenmarke zu liefern, um den Regelplatz zu behalten, wird sich in den kommenden Monaten herausstellen.

(Der Zoff mit Unilever, den Kaufland Anfang September öffentlich angezettelt hatte, weil der Hersteller „drastisch“ die Preis erhöht habe, scheint derweil schon wieder beigelegt zu sein: Unilever-Produkte wie Axe, Pfanni und Magnum stehen hier in Berlin wieder im Regal – und, so ein Zufall, Knorr-Produkte sind derzeit sogar im Angebot.)

Der Markendreisprung aus K-Classic, K-Favourites und Exquisit entspricht weitgehend der bekannten Markenarchitektur der Supermärkte; in Großbritannien ist diese aber auch von Discountern wie Aldi übernommen worden.

Für Kaufland ergibt eine solche Diversifizierung ebenfalls Sinn, um mehr Struktur ins ausufernde Eigenmarken-Reich zu bringen, das bislang trotz zahlreicher Untermarken unangefochten von König K-Classic regiert wurde. Ob es der Kette, die gerne supermarktiger auftreten will, aber gleichzeitig Discounter bleiben möchte, gleichzeitig gelingt, Kunden den Unterschied zu kommunizieren, ist eine völlig andere Sache.

Im Moment scheint Kaufland eher damit beschäftigt zusein, die Hecken seines neuen Eigenmarkenirrgartens so eifrig zu gießen, dass bald keiner mehr drüber schauen kann.

Das liegt nicht nur daran, dass es für die wachsende Zahl eigener Marken nicht einmal eine einheitliche Schreibweise gibt („K-Classic“ wird offiziell mit großem C geschrieben, „K-free“ aber mit kleinem f, „K-take it veggie“ ist sowieso ein ziemlicher Wortunfall, „Exquisit“ muss trotz dem neu ins Nestlogo aufgenommenen Kaufland-Logo ohne vorgestelltes K auskommen).

Sondern auch an den zusätzlichen Submarken, die das Angebot zunehmend verwirrender machen.

Kauflands neue Drogerie-Eigenmarke „bevola“ mag (beabsichtigt) mit größtmöglicher Nichtunterscheidbarkeit von den Eigenmarken aus den Drogeriefachmärkten glänzen. Und wenn man am Unternehmenssitz fest daran glaubt, mit „Kuniboo“ künftig zur Trendmarke für Babys und Kleinkinder werden zu können: nur zu.

Warum allerdings Grillartikel mit dem Zusatzlabel „Let’s BBQ“ entweder als K-Classic (Geflügel-Bratwurtschnecken und Fränkische Rostbratwurst) oder als K-Purland (Grobe Bratwurst und Merguez Bratwurst vom Simmentaler Rind) verkauft werden, und weshalb in der vergangenen Woche auch noch das Frischetheken-Fleischlabel „Wertschätze“ dazu gekommen ist, müsste der Großflächen-Discounter der Herzen demnächst vielleicht noch mal genauer in einem großen Eigenmarken-Diagramm aufschlüsseln.

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Verbands-Bio bei Lidl: Warum sich der Bio-Fachhandel neu erfinden muss, um zu überleben

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Diese Woche hat Lidl angekündigt, in den kommenden Monaten einen Großteil seines Bio-Sortiments mit dem Logo des Anbauverbands Bioland schmücken zu wollen. Damit verpflichtet sich der Discounter, bei der Erzeugung dieser Lebensmittel nicht mehr nur wie bisher die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung einzuhalten, sondern die sehr viel strengeren Vorgaben des neuen Partners. Das sind gleichzeitig sehr gute und sehr schlechte Nachrichten für die Bio-Branche.

Sehr gute, weil sich die Befürworter einer Ernährungswende mit ihren Forderungen quasi durchgesetzt haben: Verbands-Bio scheint sich in Deutschland zunehmend als neuer Standard zu etablieren.

Und sehr schlechte, weil der Branche bald ein zentrales Argument dafür fehlt, warum Kunden überhaupt noch in reinen Biomärkten kaufen sollten anstatt einfach im Discounter.

In jedem Fall ist die Nachricht ein deutliches Signal an den Bio-Fachhandel, endlich die Scheuklappen abzulegen. Noch im Frühjahr, als sich der Trend zum besseren Bio im konventionellen Handel längst abzeichnete, war der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), der kleine Bioläden und große Biomarktketten gleichermaßen vertreten soll, noch der Meinung: „Die Konventionellen können zwar auf den Megatrend Bio aufspringen, aber sie können ihn nicht kapern.“ Das war, höflich gesagt, eine ziemliche Fehleinschätzung.

Abgrund? Welcher Abgrund?

Längst arbeitet nicht nur dm eng mit dem Bioverband Demeter zusammen, auch Kaufland hat Medienberichten zufolge Interesse angemeldet. Doch anstatt Alarm zu schlagen, glaubt man beim BNN offensichtlich immer noch daran, die Branche mit Motivationskalendersprüchen bei Laune halten zu können. Damit ja niemand in den riesigen Abgrund blickt, der zunehmend größer wird.

Discounter und Supermärkte sind zunehmend erfolgreich damit, sich bei den Kunden als gleichwertige Wettbewerber zu den Biomärkten zu etablieren (siehe Supermarktblog). Das mag unfair sein, weil sie sich die Strategien dafür bei den Originalen abgeguckt haben. (Wie das in der Branche so üblich ist.) Aber zurückdrehen lässt sich diese Realität nicht mehr.

Auch wenn ein Teil der Branche genau daran glaubt und Bio-Markenhersteller mit dem rückschrittlichen Konzept der „Fachhandelstreue“ darauf einschwören möchte, den klassischen Handel – und damit einen riesigen Absatzmarkt – weiter zu meiden.

Selbst wenn das noch eine zeitlang gelingt: Diesmal wird es nicht helfen, ein Alleinstellungsmerkmal (Bio) einfach durch ein anderes (Verbands-Bio) auszutauschen, um gegen Supermärkte und Discounter zu bestehen.

Basic macht sich online unsichtbar

Richtig ist, dass der Fachhandel weiter mit größerer Auswahl punkten kann. Aber es dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis auch dieser Vorteil von der Konkurrenz gekapert ist. Manche Fachhändler helfen sogar tatkräftig mit: Die Münchner Bio-Handelskette Basic hat vor zwei Wochen ihren Online-Shop eingestellt. Gegenüber der „Lebensmittel Zeitung“ erklärt Basic, man sehe „angesichts der heutigen Preis- und Kostenstrukturen im Onlinegeschäft keine Chance, dort mittelfristig Geld zu verdienen“.


Screenshot: shop.basicbio.de

Mitte des Jahres hatte man sich bereits aus der Lieferpartnerschaft mit Amazon verabschiedet, weil sich die „Erwartungen mit der Plattform bedauerlicherweise nicht erfüllt haben“, wie Basic-Marketing-Leiter Manuel Zalles-Reiber damals auf Supermarktblog-Anfrage erklärte. (Als Alternative verwies Zalles-Reiber noch auf den Basic-Online-Shop.)

Anstatt zu überlegen, wie sich eine Lösung für diese Probleme finden ließe, scheint sich Basic für die eigene Unsichtbarwerdung im Internet entschlossen zu haben. (Moment, kurz im Kalender nachsehen: Ja, ist noch 2018.)

Das ist nicht nur fatal, weil die junge, Bio-affine Kundschaft auch gegenüber dem Online-Einkauf von Lebensmitteln tendenziell aufgeschlossen ist; es lässt sich auch als grundlegende Weigerung deuten, darüber nachzudenken, ob der Weg, den die Bio-Pioniere einst eingeschlagen haben, heute überhaupt noch der richtige ist. Womöglich, weil man zu der Schlussfolgerung kommen könnte, dass es gar nicht mehr (allein) der selbstständige Fachhandel ist, mit dem sich die selbstgesteckten Ziele in Zukunft erreichen lassen.

Händler oder Marke oder beides?

Das ist nicht überall in der Branche so.

Vielleicht kommt der hessische Bio-Händler Alnatura irgendwann sogar zu dem Schluss, dass es ein Glücksfall war, sich vor zwei Jahren von dm aus den Drogerieregalen drängen zu lassen – weil es Alnatura genau zur richtigen Zeit gezwungen hat, sich neu aufzustellen, vielfältigere Kooperationen zu suchen und sich als Marke vielfältiger zu positionieren. Diese Strategie scheint aufzugehen. Kunden der Edeka-Tochter Bringmeister stellt Alnatura inzwischen das komplette Sortiment zur Verfügung. (Allerdings mit zum Teil happigen Preisaufschlägen.)

Der Berliner Spezialist für vegane Lebensmittel, Veganz, ist zwar mit dem Aufbau einer europäischen Kette veganer Supermärkte gescheitert, hat gerade ebenfalls seinen eigenen Online-Shop beendet – aber sich einen neuen Partner im Netz gesucht und ist nach einem schwierigen Wandlungsprozess dabei, sich als Marke mit einem wachsenden Sortiment veganer Lebensmittel länderübergreifend erfolgreich in konventionellen Supermärkten zu etablieren (siehe Supermarktblog).

Genau betrachtet wäre das auch für Basic eine Möglichkeit: Indem man sich – anders als jetzt angekündigt – eben nicht auf seine (gerade mal 34) eigenen Bio-Supermärkte konzentriert; sondern den nachhaltigen Aufbau der eigenen Produktmarke in den Mittelpunkt rückt, um damit im Regal konventioneller Händler Erfolg zu haben. So wie früher bei Kaiser’s Tengelmann, weiterhin in zahlreichen Edeka-Märkten – und künftig womöglich auch wieder mit einem starken Online-Partner wie Amazon.

Prinzipientreu abgeschottet

Zugegeben: Mit einer solchen Kooperation ist Basic vor elf Jahren, als man mit Lidl gemeinsame Sage machen wollte und die Kunden dagegen rebellierten, schon mal böse gescheitert, musste deshalb sogar um die Existenz bangen. Aber die Zeiten haben sich geändert.

Im Moment scheint es so, als wollten die Bio-Pioniere krampfhaft an ihrer Rolle als Fachhändler festhalten – obwohl alles darauf hindeutet, dass eine neue Selbstdefinition und vor allem völlig andere Strategien nötig sind, um die Entwicklung der selbst angestoßenen Bewegung weiter wesentlich mitzugestalten. Anstatt sich prinzipientreu in die Abschottung zu zu begeben, weil man überzeugt ist, es alleine besser zu können.

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Warum der Unilever-Rauswurf bei Kaufland eine Chance für den deutschen Lebensmittelhandel ist

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Das neue Jahr beginnt mit einem der interessantesten Experimente, die es im deutschen Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen Jahren gegeben hat. Zum 31. Dezember 2018 hat Kaufland die Geschäftsbeziehung mit dem Konsumgüterhersteller Unilever beendet. Das Aus ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Monaten andauernden Streits und hat zur Folge, dass Unilever-Produkte bis auf Weiteres nicht mehr bei Kaufland erhältlich sein werden.

Anders als beim Zwist zwischen Edeka und Nestlé sind diesmal nicht nur einige wenige Artikel betroffen, sondern ein ganzer Schwung bekannter Marken: Axe, Ben & Jerry’s, Coral, Domestos, Dove, Duschdas, Knorr, Lipton, Mondamin, Pfanni, Rexona, Signal, Viss.

Genau dieser Umfang macht die Kraftprobe zu einer Chance – nicht nur für Kaufland, sondern auch für kleinere Hersteller und letztlich für die Kunden – einer, die allerdings ungenutzt verstreichen könnte.

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Der Konflikt

Kaufland und Unilever streiten bereits seit dem zurückliegenden Frühjahr. Grund sind Preiserhöhungen, die der Hersteller gegenüber dem Handelskonzern durchsetzen wollte – und die dieser nicht akzeptieren will, weil sie „zu erheblichen Erhöhungen der Verkaufspreise geführt [hätten], die über marktübliche Preise hinausgegangen wären“, zitiert die „Lebensmittel Zeitung“ aus einer Kaufland-Mitteilung (Paywall). In der Folge wären Unilever-Produkte bei Kaufland wahrscheinlich teurer gewesen als bei der Konkurrenz. Das kam für Kaufland nicht in Frage, um sein Preis-Image als Großflächendiscounter nicht zu gefährden.

Unilever stellt den Konflikt anders dar. Gegenüber dem „Handelsblatt“ (Paywall) hatte Deutschlandchef Ulrich Gritzuhn im Herbst erklärt, Kaufland reagiere überzogen. Preiserhöhungen seien nur für einen Teil der Produkte gefordert worden, Kaufland habe in der Folge aber zehnmal so viele ausgelistet.

Der tatsächliche Konflikt reicht tiefer: Kaufland habe kontinuierlich Konditionenverbesserungen von Unilever gefordert, schreibt die „LZ“, und damit die Marge des Konzerns strapaziert – obwohl die Zeiten des starken Umsatzwachstums, die als Rechtfertigung dienten, längst vorbei sind.

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Händler wie Edeka und Rewe dürften für Unilever in Deutschland eine sehr viel wichtigere Rolle für den Umsatz spielen. Auf ganz Europa bezogen sieht das schon wieder anders aus. Indem Kaufland den Bestellstopp für alle europäischen Märkte durchzieht, versucht der Händler den Druck zu erhöhen.

Die Konsequenz

Schon vor Monaten hat Kaufland damit begonnen, einzelne Unilever-Marken nicht mehr nachzubestellen. Dadurch entstanden erste Lücken im Regal. Zum Start des neuen Jahres ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Einzelne vom Rausschmiss betroffene Marken (z.B. Fix-Produkte von Knorr, Lipton-Eistee, Dove-Pflegeprodukte) sind – in den von mir angeschauten Läden – weiterhin in größerem Umfang verfügbar; viele wurden aber im Preis herabgesetzt und sind am Regel als „Billiger!“ gekennzeichnet. Offensichtlich versucht Kaufland, Lagerbestände loszuwerden.

In manchen Sortimenten scheint das bereits gelungen zu sein. Axe und Duschdas fehlen im Duschgel-Regal schon komplett, stattdessen stehen als „Neu“ beworbene Artikel im Regal. Zum Teil wurden auch einfach zusätzliche Sorten bereits gelisteter Marken aufgenommen.

Pfanni ist im Laufe der Wochen an die Kartoffelpulver-Regalränder gerückt; stattdessen kommt jetzt Konkurrent Maggi zum Zug. Und in Berlin darf sich der ostdeutsche Hersteller Werner mit seinem Produktsortiment so stark ausbreiten, wie sich das kleinere Hersteller sonst niemals leisten könnten.

Das Risiko

Mal ehrlich: Im Fünf-Meter-Zahnpasta-Regal muss man schon sehr genau hinsehen, um zu merken, dass Signal fehlt.

Auch ein Leben ohne Duschdas ist möglich. (Bei Ben & Jerry’s wird’s schon schwerer. )

Für Kaufland ist der Sortimentsumbau aber zunächst einmal ein Risiko, auch wenn man in der Zentrale ätzt, aus Marktanalysen zu wissen, „dass Unilever-Produkte eine hohe Austauschbarkeit aufweisen“ (zitiert vom „Handelsblatt“). Das ist – wenn überhaupt – nur die halbe Wahrheit; sonst hätte das ja auch schon vor der Preiserhöhung durch Unilever zu Konsequenzen führen müssen, sofern der Handelskonzern sein Sortiment im Griff hat.

Fakt ist aber auch: Kaufland hatte seit dem Herbst Zeit, um zu testen, was passiert, wenn bekannte Produkte plötzlich nicht mehr im Regal stehen. Kaufen Kunden, die sich daran gewöhnt haben, Alternativen? Oder wechseln sie den Laden?

In vielen Fällen scheint die Sehnsucht nach Pfanni und Co. nicht so groß gewesen zu sein, dass es Kaufland es nicht wagen wollte, den Konflikt mit Unilever auf die Spitze zu treiben. Wie stark Kundengewohnheiten aber tatsächlich ausgeprägt sind und wie groß die Verbundenheit zu einzelnen Marken wirklich ist, wird sich erst mittelfristig zeigen. (Zumal Wettbewerber die Situation ausnutzen könnten, indem sie Unilever-Produkte zum Aktionspreis anbieten, um Kaufland-Stammkunden zu sich zu locken.)

Das Risiko für Unilever liegt auf der Hand: Sollten die Auswirkungen der Auslistung für Kaufland überschaubar bleiben, verschlechtert sich die künftige Verhandlungsposition nicht nur für den niederländisch-britischen Konzern – sondern vermutlich auch für andere Hersteller, die ähnliche Konsequenzen fürchten müssten.

Die Chance

Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel hat sich zuletzt immer stärker konzentriert, nicht nur auf Händlerseite. Es mag zwar immer mehr Märkte geben, in denen Kunden Lebensmittel einkaufen können; in vielen stehen aber doch immer bloß dieselben Markenprodukte im Regal.

Dass Aldi seit 2015 mit der Einlistung neuer Marken zusätzlich Druck macht, hat nicht geholfen; und mit dem Ende von Kaiser’s Tengelmann sind auch die Absatzalternativen für kleinere Hersteller weiter geschrumpft. Große Handelsketten und große Handelskonzerne machen zunehmend unter sich aus, was Kunden im Laden einkaufen können.

Diese Ordnung wird durch den Streit von Kaufland mit Unilever empfindlich gestört – und genau darin liegt die Chance.

Der Konflikt zwingt Kaufland zum Handeln: Der Platz im Regal muss mit Alternativen gefüllt werden. Das geht zum einen mit Eigenmarken. Dass Kaufland zuletzt stark an der eigenen Markenarchitektur gearbeitet hat (siehe Supermarktblog), sieht allerdings nur auf den ersten Blick wie ein Vorteil aus. Denn die von der Unilever-Auslistung betroffenen Sortimente standen zuletzt nicht unbedingt im Fokus der Kompetenzausweitung:

  • Die im Mai eingeführte Drogerie-Eigenmarke Bevola eignet sich allenfalls bedingt als Ersatz für alle, die bislang Dove gewöhnt waren und nicht zur Discount-Marke wollen;
  • und die Einführung seiner neuen Mittelmarke „K Favourites“ konzentriert sich derzeit auf andere Kategorien.

Um Kunden dennoch ausreichend Auswahl anzubieten, braucht Kaufland deshalb die Unterstützung anderer Markenhersteller. Das ist eine schöne Ironie – gerade einmal zweieinhalb Jahre, nachdem Vorstandschef Patrick Kaudewitz eigentlich eine radikale Bereinigung des Sortiments durchdrücken wollte und dafür zahlreiche Mittelmarken aussortierte.

„Bis zu 25 Prozent der Artikel“ sollten noch 2016 aus den Regalen verschwinden, um den logistischen Aufwand in den Filialen zu begrenzen und Geld zu sparen, schrieb die „Lebensmittel Zeitung“ damals. Den Kunden allerdings schmeckte die Sortimentsstraffung gar nicht. Auch hier im Blog machten viele ihrem Ärger Luft, manche Marken nicht mehr kaufen zu können.

Ein Jahr später knickte Kaufland ein (LZ, Paywall) und holte zumindest einen Teil der verschwundenen Artikel wieder zurück. Offensichtlich hatte sich der Kundenunmut im Umsatz bemerkbar gemacht.

Keine Frage: Das könnte auch dieses Mal passieren. Umso erstaunlicher ist, dass Kaufland die erneute Sortiments-Rochade (diesmal zu Lasten eines einzelnen Herstellers) in den Läden nicht besser erklärt. Noch dazu, weil sich die vermeintliche Einschränkung den Kunden leicht als Vorteil anpreisen ließe. Dafür bräuchte es eine gezielte Kaufumleitung am Regal – und den Mut, konkrete Alternativen zu empfehlen, z.B. mit dem Hinweis:

„Suchen Sie Produkt X? Probieren Sie stattdessen Produkt Y von Hersteller Z aus der Region!“

Oder:

„Suchen Sie Produkt X? Probieren Sie stattdessen Produkt Y zum selben Preis in Bio-Qualität!“

Auf diese Weise würden Kunden bewusst darauf aufmerksam gemacht, bei Kaufland Produkte von Herstellern zu bekommen, für die in anderen Supermärkten kein Platz ist – ohne Qualitätseinbußen in Kauf zu nehmen; Kaufland wiederum würde sich ein Stück weit der Vergleichbarkeit mit den Wettbewerbern und der permanenten Schlacht um den niedrigsten Aktionspreis entziehen können – ohne sein Preis-Image zu gefährden.

Die Realität

Bislang hab ich in den Filialen nichts dergleichen gesehen; vielerorts wird die Auslastung am Regal gar nicht (mehr) kommentiert. Dass sich etwas verändert hat, stellen Kunden erst fest, wenn sie bislang bei Kaufland erworbene Marken nicht mehr finden; oder weil plötzlich zahlreiche „Neu“-Schilder auf Cliff Duschgel und Denim Deo hinweisen. (Ist das in Ihrer Kaufland-Filiale anders? Dann schreiben Sie’s unten in die Kommentare!)

Dass man die Chance, sich als Einkaufsalternative im deutschen Lebensmitteleinzelhandel zu etablieren, verstreichen lässt, könnte entweder Mut- oder Planlosigkeit geschuldet sein.

Oder der Tatsache, dass man in Neckarsulm überhaupt nicht die Absicht hat, sich stärker als bisher vom Wettbewerb abzugrenzen. Und der Unilever-Rauswurf einzig und allein als Mittel gesehen wird, den Verhandlungspartner in die Knie zu zwingen – um letztlich doch die gewünschten Konditionen zu erhalten, die Produkte zurück in die Regale zu holen und den vorübergehenden Ersatz wieder verschwinden zu lassen.

Das ist der am wenigsten vielversprechende Ausgang des Experiments, weil er die Gleichförmigkeit des deutschen Lebensmitteleinzelhandels nicht nur wiederherstellen, sondern vermutlich sogar verstärken dürfte. (Indem große Markenhersteller dadurch endgültig die Nichtaustauschbarkeit ihrer Marken bestätigt sähen.) Aber gleichzeitig auch der realistischste.

Bereits in der Vergangenheit hat Kaufland bewiesen, dass es dem Unternehmen nicht darum geht, sich bei Kunden ein eigenständiges Profil als moderne Alternative zu den klassischen Vollsortimentern zu erarbeiten – sondern einzig und alleine darum, eine Art Lidl XXL zu sein, der sich ein bisschen was von den Strategien der Supermärkte abguckt. Noch besteht die Möglichkeit, das zu ändern.

Das Unilever-Aus bei Kaufland könnte eine große Chance für den deutschen Lebensmittelhandel sein, wieder stärker auf Vielfalt zu setzen; oder bloß ein Intermezzo, auf das die Einzementierng des bisherigen Status Quo folgt.

Korrektur: In der ursprünglichen Version dieses Texts wurden Unox und Bertolli als Unilever-Marken genannt; Bertolli wurde allerdings 2014 verkauft, Unox wird nur noch in den Niederlanden und Belgien verwendet (unilever.nl, Wikipedia).

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Rabatt auf Unilever-Marken: Netto (ohne Hund) ärgert Kaufland

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Gerade hat Kaufland die Geschäftsbeziehung zum Konsumgüterhersteller Unilever beendet, weil man sich nicht auf neue Preise einigen konnte. Marken wie Axe, Ben & Jerry’s, Bertolli, Coral, Domestos, Dove, Duschdas, Knorr, Lipton, Mondamin, Pfanni, Rexona, Signal, Unox und Viss werden deshalb nicht mehr nachbestellt und sind in vielen Kaufland-Filialen nicht mehr zu kaufen (mehr zum Hintergrund steht hier im Blog).

Das macht sich nun die Konkurrenz zu Nutze. Edeka-Discounter Netto (ohne Hund) wirbt diese Woche mit „20% auf das gesamte Sortiment der ausgewählten Marken Axe, Dove, Impulse, Viss, Comfort intense, Domestos“ – allesamt Marken von Unilever, die (mehrheitlich) bei Kaufland aus dem Regal verschwunden sind.

Im Handzettel fällt der Hinweis nur Kunden auf, die bis zum Drogerie-Sortiment vorblättern; im Newsletter ist die Aktion aber prominent platziert.

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In den Läden widerum weisen eigene Aufsteller in den Gängen auf die Rabatte hin.

Und natürlich am Regal:

Das Discount-Geschäft von Netto (ohne Hund) ist traditionell aktionsgetrieben, insofern ist das Angebot nicht weiter verwunderlich; auch 20%-Rabatte auf ausgewählte Sortimente gehören zur Regel. Aber natürlich ist der Zeitpunkt auffällig. (Zu Jahresbeginn waren bereits Artikel von Axe und Duschdas stark vergünstigt.)

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Vereinzelt lassen sich bei Netto (ohne Hund) derzeit auch andere Unilever-Markenprodukte günstiger einkaufen (Knorr Bouillon); zum ganz großen Rundumschlag wollte der Discounter aber nicht ausholen, um Kaufland-Stammkunden zu sich zu locken. Kartoffelknödel von Pfanni stehen z.B. weiter zu unveränderten Preisen im Regal.

Der Edeka-Ableger mochte sich zuletzt ohnehin am ehesten mit Pflege- bzw. Reinigungsartikeln profilieren, um sich gegen die klassischen Drogeriemärkte zu stemmen; vor einigen Monaten wurde die neue Naturkosmetik-Eigenmarke „Blüte-Zeit“ eingeführt.

Mehr als ein Nadelstich gegen den Wettbewerber dürfte die Aktion nicht sein. Netto (ohne Hund) selbstversteht sich zwar als Discounter mit der größten Auswahl an regulären Marken. In seinen Filialen kann Kaufland aber ein deutlich umfassenderes Sortiment bieten. Dass Netto (ohne Hund) Kunden, die daran gewöhnt sind, dauerhaft zu sich locken könnte, scheint unwahrscheinlich.

Korrektur: In der ursprünglichen Version dieses Texts wurden Unox, Bertolli und Lipton Eistee als Unilever-Marken genannt; Bertolli wurde allerdings 2014 verkauft, Unox wird nur noch in den Niederlanden und Belgien verwendet (unilever.nl, Wikipedia); Lipton Eistee gehört inzwischen zu PepsiCo, Unilever vertreibt klassische Tees unter derselben Marke.

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Weshalb Aldi und Lidl der Deutschland-Start des russischen Discounters Mere kalt lassen kann

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An diesem Dienstag hat die russische Discountkette Torgservis unter dem Namen „Mere“ ihre erste deutsche Filiale eröffnet – einen Laden am Rande von Leipzig, der mit seinem Konzept Anhänger des langsam aussterbenden Harddiscounts begeistern möchte und ein überschaubares Sortiment zu Niedrigpreisen in spärlicher Einrichtung verkauft.

Den langen Schlangen zur Eröffnung zum Trotz: Die Erfolgsaussichten des Konzepts dürften hierzulande überschaubar sein. Aber die Medien sind trotzdem schon seit Wochen ganz aus dem Häuschen:

„Russen-Markt greift Lidl und Aldi an“ (focus.de)

„Angriff auf Aldi und Lidl – Russischer Discounter will nach Sachsen-Anhalt expandieren“ (Mitteldeutsche Zeitung)

„Müssen Aldi & Lidl zittern? Russischer Discounter startet in Deutschland“ (chip.de)

Nein, müssen sie nicht.

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In einem weit verbreiteten Text hat die Deutsche Presseagentur (dpa) in dieser Woche gleich mehrere Gründe dafür aufgelistet. Der wichtigste ist: Torgservis/Mere fehlt es in Deutschland auf absehbare Zeit an Größe – selbst wenn es dem Handelsunternehmen gelingen sollte, bald weitere Märkte zu eröffnen. (Dagegen spricht, dass schon die Eröffnung in Leipzig ein ziemlicher Kraftakt gewesen sein muss, mehrfach verschoben wurde und die Kette, die ursprünglich „Centwelt“ heißen sollte, vor dem Start noch flugs umbenannt wurde.)

Aber selbst wenn Mere bei den deutschen Kunden ankommen sollte, wäre das nicht in erster Linie ein Angriff auf Aldi und Lidl, wie nun vielfach geschrieben wird.

Expansion in Ostdeutschland

Das liegt vor allem daran, dass die Russen angekündigt haben, vor allem im Osten Deutschlands expandieren zu wollen:

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„Zum Ausbau unseres Filialnetzes suchen wir geingnete [sic] Standorte in- [sic] Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Berlin geeignete Standorte [sic].“

Also (unter anderem) im Stammgebiet von Netto (mit Hund), das zur dänischen Salling Group gehört und seine Filialen mehrheitlich in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt betreibt. Dort versucht sich der Discounter insbesondere durch Produkte von Herstellern aus der Region von der Konkurrenz abzugrenzen, bedient also schon den Wunsch vieler Kunden nach einem Sortiment, das sich stark an den WurstVorlieben in den jeweiligen Bundesländern orientiert.

Als kleinster Discounter Deutschlands verfügt Netto (mit Hund) derzeit über 347 Märkte; selbst davon ist Torgservis/Mere noch ziemlich weit entfernt.


Kleiner Exkurs:

(Wie schwierig es sein kann, sich als neuer Discounter im Markt zu etablieren, hat Netto [mit Hund] wiederum in Großbritannien erlebt: Um Aldi und Lidl Paroli zu bieten, versuchte die Handelskette vor vier Jahren den Neustart und sicherte sich dafür die Unterstützung des Supermarktpartners Sainsbury’s. Nach anderthalb Jahren (und nur 16 Neueröffnungen) war schon wieder Schluss. Sainsbury’s-CEO Mike Coupe erklärte damals, man habe viel schneller wachsen und sich im umkämpften Immobilienmarkt viel mehr Standorte sichern müssen, um mithalten zu können; das sei nicht möglich gewesen. Inzwischen will Sainsbury’s über die angekündigte Fusion mit dem Wettbewerber Asda wachsen – an den Netto [mit Hund] seine Filialen bei seinem ersten Rückzug aus dem britischen Markt im Jahr 2010 verkauft hatte.)


Bloß mal angenommen, es gelänge dem Herausforderer dennoch, im Markt Fuß zu fassen und mit seinen (noch zu eröffnenden Filialen) nennenswerte Umsätze zu erzielen – Lidl und Aldi könnte das trotzdem weitgehend kalt lassen.

Aus dem einfachen Grund, dass vor allem Aldi in der Gunst ostdeutscher Kunden schon jetzt eine eher nachrangige Rolle spielt. Wenn man schon einen „Angriff“ herbeidichten möchte, dann müsste das einer auf Kaufland sein.

Kaufland siegt in der Kundengunst

Einmal im Jahr lässt die MDR Werbung die Nutzung und Bekanntheit von Marken und das Konsumverhalten von Verbrauchern in ihrem Sendegebiet untersuchen. Jahr für Jahr ergibt sich dabei ein Bild, das sich von dem in Gesamtdeutschland massiv unterscheidet.

Die meist frequentierten Einkaufsmärkte in Mitteldeutschland sind nicht – wie im Bundesschnitt – Aldi und Lidl, sondern Kaufland und Netto (ohne Hund). Ganze 38 Prozent der befragten Kunden in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nennen Kaufland als den Markt, in dem sie „überwiegend“ ihre Lebensmittel und Getränke einkaufen; mit deutlichem Abstand folgt Netto (ohne Hund) auf Platz 2 (26 Prozent). Kaufland schneidet in Mitteldeutschland doppelt so gut ab wie im Bundesschnitt (19 Prozent) – und besser als Aldi, das 35 Prozent aller Deutschen als ihren hauptsächlichen Einkaufsort nennen (PDF).

(Netto [mit Hund] schafft es in der MDR-Auflistung nicht einmal in die Top 10, hat seinen Filialschwerpunkt aber auch eher im Nordosten.)

Anders gesagt: Mal gucken, was die Russen in Deutschland auf die Beine stellen. In der Nische – und mehr als das ist der Harddiscount aus früheren Zeiten heute in Deutschland nicht mehr – mag das Konzept funktionieren. Aber selbst das dürfte für die Anbieter, die den Markt derzeit beherrschen, kein großer Grund zur Sorge sein.

Titelfoto [M] + Fotos: Supermarktblog, Logos: Torgservis/Mere, Aldi Süd, Aldi Nord, Lidl

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Lidl und Kaufland kopieren die Strategien der Bio-Märkte. Und der Fachhandel? Schaut zu

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Man muss wahrlich kein Kristallkugelstudium absolviert haben, um vorherzusagen, dass 2019 für den deutschen Naturkostfachhandel eines der wichtigsten Jahre seit seiner Gründung sein wird. Aber selbst gestandene Wahrsager dürften derzeit ihre Mühe haben, sich darauf festzulegen, ob das gute oder schlechte Nachrichten sind. Weil im Moment noch beides möglich zu sein scheint.

Entweder der Fachhandel profitiert vom Boom, den Bio gerade in der öffentlichen Wahrnehmung erlebt und schafft es, alte Dogmen und Isolationsphantasien über Bord zu werfen. Oder er sieht weiter dabei zu, wie konventionelle Handelsketten zunehmend an der Auflösung der Grenzen arbeiten, an die man sich im Fachhandel immer noch klammert. In jedem Fall werden die kommenden Monate wesentlich mit darüber entscheiden, wie es mit den Bio-Pionieren weitergeht. Eins ist immerhin klar: So wie bisher auf jeden Fall nicht mehr (siehe Supermarktblog).

Das für den Fachhandel vielleicht Ärgerlichste daran ist, dass er diese Entwicklung nicht (mehr) alleine in der Hand hat. Ausgerechnet der verpönte Discount dürfte dabei ein gewaltiges Wort mitzureden haben.

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Lange Zeit galten den Naturkostfachhändlern in Deutschland vor allem die Supermärkte von Edeka und Rewe mit ihren Bio-Sortimenten als gefährlichste Rivalen. Das ändert sich gerade grundlegend. Insbesondere weil die Neckarsulmer Schwarz-Gruppe mit ihren Handelsformaten Lidl und Kaufland plötzlich eine ganz neue Bio-Begeisterung für sich entdeckt hat. Dabei kommen den Vorbildern nach und nach immer mehr Alleinstellungsmerkmale abhanden.

1. Besseres Bio

Zu den Hauptargumenten der Fachhändler gehörte über viele Jahre, dass es im konventionellen Handel vorrangig Bio-Lebensmittel zu kaufen gebe, die nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung hergestellt würden, einer Art Bio-Mindeststandard. Alternativen, deren Erzeuger sich nach den strengeren Vorgaben von Anbauverbänden wie Bioland, Naturland und Demeter richteten, waren größtenteils den Bioläden vorbehalten. Das ist vorbei.

Seit Beginn des Jahres wirbt Lidl umfassend für seine Kooperation mit Bioland und sendet derzeit im Wochentakt neue Meldungen dazu aus. Der Großteil des Lidl-Bio-Sortiments soll künftig das Verbandssiegel tragen. Kurz darauf folgte Kaufland mit seiner Demeter-Initiative und nahm zertifiziertes Obst und Gemüse sowie Nahrungsmittel der Demeter-zertifizierten Marke Campo Verde ins Sortiment auf. Damit ist erstmals Ware, die nach den Kriterien des strengsten deutschen Anbauverbands erzeugt wurde, im Discount erhältlich.

Der Bundesverband Ökologische Landwirtschaft (BÖLW) attestiert dem Bio-Facheinzelhandel (FEH) in seiner aktuellen Marktanalyse (PDF) deshalb auch:

„Mit mehr Verbandsware in Supermärkten und Discount wurde ein Unterscheidungsmerkmal zwischen LEH und FEH abgeschliffen.“

(Heißt: weggenommen.)

Dazu kommt, dass der klassische Handel sich gerade ziemlich ins Zeug legt, Kunden den Unterschied zwischen Bio und besserem Bio zu erklären. Im einer Sonderbroschüre (und im Internet) beantwortet Kaufland klipp und klar in drei knappen Absätzen die Frage: „Was unterscheidet Demeter-Produkte von Bio-Produkten?“ Dieses Wissen hat der Bio-Fachhandel bei seinen Stammkunden lange als gegeben vorausgesetzt – und wenig dafür getan, alle anderen durch den Bio-Siegeldschungel zu leiten, um sie für ein Upgrade zu interessieren.

(Da hilft’s auch nix, verschämt ein Erklärposter ins Schaufenster zu hängen.)

Im Grunde genommen bringt Kaufland mit seiner Besser-Bio-Erklärung auf den Punkt, was eigentlich der Fachhandel hätte leisten müssen. Und kommuniziert Kunden dazu „Überzeugung“, „nachhaltiges Engagement“ und den Aufruf, „gemeinsam den Unterschied“ zu machen. Genau so, wie es die Bio-Märkte vorgemacht haben.

2. Größeres Sortiment

Als zweiten wichtigen Vorteil gegenüber dem klassischen Handel hob der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), die Interessenvertretung von rund 400 Bio-Händlern in Deutschland, noch im vergangenen Jahr das größere Sortiment des Fachhandels hervor. Das klingt auch so lange plausibel, bis man am Eingag der Kaufland-Innenstadtfiliale am Berliner Alexanderplatz per Hinweisschild in den Laden gelockt wird:

„Entdecken Sie unsere Bio-Welt im 1. Obergeschoss.“

Hinter den Frischetheken hat der Großflächendiscounter dort in mehreren Regalreihen sämtliche Bio-Produkte aus seinem (Trocken-)Sortiment zusammengezogen und um zahlreiche Zusatzartikel ergänzt.

Die Demeter-zertifizierten Campo-Verde-Produkte stehen sprichwörtlich in der ersten Reihe.

Auch an den Rolltreppen macht Kaufland potenzielle Bio-Käufer auf das in leuchtendem Grün inszenierte Sortiment aufmerksam, das zudem einen Holzimitatfußboden und eigene Lounge-Leuchten fürs Ambiente verpasst bekommen hat.

Mit einer großen denn’s-Biomarkt- oder Alnatura-Filiale mag die Kaufland-Auswahl es nicht aufnehmen können; aber durchschnittliche Bio-Käufer können hier nicht nur ihren Grundbedarf decken, sondern kriegen auch eine Auswahl besonderer Bio-Snacks und Bio-Weine geboten.

Der BNN argumentiert, dass Kunden des größeren Sortiments wegen irgendwann automatisch im Fachmarkt landen, wenn sie sich im klassischen Lebensmitteleinzelhandel erst mal an Bio gewöhnt hätten. Das lässt sich aber auch umdrehen: Wieso sollten Bio-affine Kunden überhaupt noch in den klassischen Biomarkt gehen, wenn sie z.B. bei Kaufland am Alex eine fast so große Auswahl erhalten – und gleichzeitig nicht auf Nutella oder Coca Cola verzichten müssen?

3. Nähe zum Erzeuger

Lange vor dem Amazon-Deal hingen an den Regalen der Whole-Foods-Biomärkte Tafeln, von denen freundlich lächelnde Erzeuger dafür bürgten, dass die darunter verkaufte Ware von ihrem Hof stammt. Und auch in Deutschland demonstrierten regionale Händler wie die Berliner Bio Company in ihren Läden durch Personalisierung, wie sehr sie sich durch die Nähe zu den Erzeugern aus dem Umland auszeichnen.

Für die großen Discountketten war das eine hervorragende Inspiration.

Bierschinken, Wiener, Schweinebraten, Kassler und Nürnberger Bratwürste der Lidl-Eigenmarke Bio Organic zieren schon seit einer ganzen Weile Fotos gut gelaunter Landwirte, die der Discounter auf der Verpackung als „einer unserer Bio-Höfe“ vorstellt, um anschließend in ein paar Zeilen zu erklären, was den jeweiligen Betrieb auszeichnet:

„Familie Gundel-Exner hat ihren Hof in Mittelfranken seit 2015 auf Bio-Zucht umgestellt und liefert seitdem höchste Qualität aus dem familiengeführten Betrieb.“

Oder:

„Familie Kuttenreich betreibt einen traditionellen Aussiedlerhof nahe Ingolstadt, in dem die Mastschweine mit selbst angebauten Futtermitteln optimal bis zur Reife versorgt werden.“

(Schweine „reifen“?)

Auch seine Bioland-Initiative hat Lidl stark personalisiert, die Werbemotive zieren „Bioland-Milchbäuerin Andrea aus dem Trauchgau“ mit ihrem Kälbchen, „Bioland-Apfelbauer Henrik aus Jork“ vor seiner Apfelplantage und „Bioland-Milchbauer Keanu aus Noer“ vor friedlich grasenden Rindern (Foto oben).

„Herzlichen Dank an unsere regionalen Erzeuger“,

steht derweil auf der hölzernen Tafel, mit der Kaufland am Eingang seiner Filialen darauf hinweist, dass man selbstverständlich mit zahlreichen Erzeugern aus der Region zusammenarbeitet. Und um die 150 neu ins Sortiment genommenen Bio-Produkte mit Demeter-Zertifizierung zu bewerben („Qualität, wie von Mutter Natur gedacht“), hat Kaufland ein Gespräch mit Peter B. geführt, „Demeter-Milchbauer aus dem Schwarzwald“:

„Wie finden Sie es persönlich, dass es jetzt Demeter-mich bei Kaufland gibt?“

„Extrem positiv. Der Verbraucher hat jetzt eine noch größere Chance, an die Demeter-Produkte heranzukommen. Wer bei Kaufland unsere Demeter-Milch kauft, hat die Sicherheit, ein naturbelassenes Produkt zu bekommen.“

Anders gesagt: Nähe zum Erzeuger demonstrieren Discounter ihren Kunden inzwischen genauso intensiv wie Biomärkte. Dass es dabei weiterhin massive Unterschiede zwischen regionalem Biohändler und national agierendem Discounter geben wird, ist unbestritten – aber die lassen sich im Laden schwerer erklären.

Eine schwierige Annäherung

Und die übrigen Wettbewerber schlafen nicht. Einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ zufolge plant Edeka die Eröffnung eigener Bio-Supermärkte unter dem Eigenmarkennamen Naturkind.

Rewe modernisiert gerade den Auftritt seiner Bio-Eigenmarke und reserviert in manchen Läden sämtliche Gondelköpfe für das Rewe-Bio-Sortiment.

Und die Anbauverbände sind offen für weitere Kooperationen mit Partnern, die ihnen angesichts bisheriger Vereinbarungen mit dem Fachhandel verwehrt geblieben sind, nun aber dafür sorgen können, die von ihnen definierten Bio-Standards bei einer sehr viel größeren Kundengruppe zu etablieren. Genau das war ja eigentlich mal das Ziel der Bio-Bewegung.

Es bedeutet aber nicht automatisch, dass alle Beteiligten mit den neuen Konstellationen glücklich werden. Bei Demeter wird man sich gewiss daran gewöhnen müssen, als „Premium-Marke im Bio-Bereich“ im Kaufland-Wochenprospekt erst vorzukommen, nachdem auf acht Seiten die Produkte der XXL-Aktionswoche für Vielkäufer abgefrühstückt wurden („Groß. Gut. Günstig“).


Abb. [M]: Kaufland/Smb

Und auch über die Deklaration am Obst-und-Gemüse-Regal werden die Partner wohl noch mal ein Wörtchen zu reden haben. Supermarktblog-Leser Robert K. hat entdeckt, dass es Kaufland z.B. in Köln mit der korrekten Demeter-Auszeichnung von Frischware am Regal eher locker nimmt und notfalls auch Produkte aufs Demeter-eingerahmte Preisschild holt, die offensichtlich gar nicht in Demeter-Qualität angeboten werden:


Fotos [M]: Robert Kneschke

All das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Markt für Bio-Lebensmittel gerade zu drastischen Verschiebungen kommt, deren Wirkung sich nicht länger ignorieren oder kleinreden lässt. Diese Entwicklung trifft die Branche ausgerechnet in einer Zeit, in der zunehmend Verwirrung darüber herrscht, wohin der Fachhandel eigentlich steuert. Auf stabilem Kurs in die Zukunft? Oder mit massiven Verlusten für unabhängige Ladenbetreiber in die zunehmende Konsolidierung?

Aus den Umsatzzahlen, die kürzlich für das vergangene Jahr veröffentlicht wurden, lässt sich theoretisch beides herauslesen.

Eine vertrackte Rechnung

Anfang Februar meldete der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), dass der Bio-Facheinzelhandel 2018 „weiterhin stabil und verlässlich“ (auf insgesamt 3,46 Milliarden Euro, inkl. Non-Food) gewachsen ist. Das Umsatzwachstum zum Vorjahr habe 5,2 Prozent betragen. Die kurz darauf publizierten Berechnungen des Arbeitskreises Biomarkt für die Naturkostfachgeschäfte wiesen jedoch in eine völlig andere Richtung – mit gerade einmal 0,8 Prozent Wachstum (auf 2,93 Milliarden Euro). Solides Wachstum oder Quasi-Stillstand – wer hat recht? Eine klare Antwort auf diese Frage gibt es (bislang) nicht.

Das Branchenmagazin Bio-markt.info hat umfassend dazu recherchiert (Paywall). Kurz gesagt: Es ist kompliziert. Ich will trotzdem versuchen, den Sachverhalt möglichst kompakt auch für Nicht-Bio-Branchenkenner zusammenzufassen.

Wichtig ist zunächst, dass die Berechnungen auf unterschiedlichen Quellen beruhen. Der BNN erfragt konkrete Umsatzzahlen direkt bei den Bio-Großhändlern, die in erster Linie den Fachhandel beliefern (aber auch Online-Versender, Großverbraucher, einzelne Kaufleute aus dem LEH). Der Arbeitskreis Biomarkt errechnet seine gemeinsame Entwicklungsgröße hingegen aus mehreren Daten: Scannerkassendaten und Umsatzangaben ausgesuchter Naturkostfachgeschäfte (ermittelt von BioVista und der Kommunikationsberatung Klaus Braun) sowie Daten zum Einkaufsverhalten aus Kunden-Panels der großen Marktforschungsunternehmen (von GfK und Nielsen). Unterschiede gab es deswegen schon immer. In der Regel wiesen die Daten aber zumindest in eine ähnliche Richtung. Diesmal ist das nicht der Fall.

Während die Fachhandelsexperten aus ihren Ergebnissen ein klares Wachstum für die Naturkostfachgeschäfte im Jahr 2018 ablesen konnten, stand bei Nielsen, insbesondere aber bei der GfK ein deutliches Minus unterm Strich.

„Beide gehen davon aus, dass die Umsätze des Biofachhandels 2018 deutlich zurückgegangen sind“,

schreibt Bio-markt.info (Paywall). Laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), die den Arbeitskreis Biomarkt koordiniert, betreffe das vor allem kleine Bioladen-Betreiber; in einzelnen Sortimentsbereichen lägen die Rückgänge laut Bio-markt.info „zwischen fünf und zehn Prozent“.

Die 0,8 Prozent Umsatzwachstum sind das rechnerische Ergebnis dieses Schlamassels, quasi der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich im Arbeitskreis Biomarkt einigen konnte – und deshalb eigentlich kein brauchbarer Wert, weil er keine der beiden Grundtendenzen angemessen abbildet.

(Der BÖLW geht in seiner Publikation „Die Bio-Branche 2019“ [PDF] leider nicht näher auf diesen Sachverhalt ein und weist lediglich in einer Fußnote zu den Arbeitskreis-Biomarkt-Daten darauf hin, dass sich Quellen „in ihrer Entwicklung eindeutig unterscheiden“; als politischer Dachverband überlasse man die Deutung der Ergebnisse den jeweiligen Datengebern, heißt es dazu aus dem BÖLW.)

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, die erwähnte Diskrepanz zu deuten:

  • Zum Beispiel als Verzerrung im GfK-Panel, das jedes Jahr einen hohen Durchlauf an Teilnehmern aufweist und womöglich nur wenige Intensiv-Biokäufer berücksichtigt (z.B. weil die keine Lust haben, ihr Einkaufsverhalten offenzulegen).
  • Möglich ist aber auch, dass die GfK einen Trend abbildet, der bei den Kunden bereits angekommen ist, sich in diesem Maße aber noch nicht überall im Fachhandel niedergeschlagen hat: die Verlagerung eines Teils der Bio-Einkäufe in den klassischen Lebensmitteleinzelhandel.

Verzerrung – oder Alarmsignal?

Der Fachhandel steht also vor einer schwierigen Abwägung: Entweder er deutet das Ergebnis als Datenschluckauf, der sich womöglich schon in diesem Jahr wieder erledigt hat; oder als Alarmsignal dafür, dass die etablierten Strukturen schneller erodieren als sich das selbst die pessimistischsten Beobachter hätten vorstellen können.

Noch mag man in der Branche nicht so recht daran glauben, dass es für den (kleinen) Fachhandel tatsächlich so steil bergab geht, wie es die GfK-Zahlen nahelegen. Es gibt auch gute Gründe dafür. Einer ist, dass eine solche Entwicklung – geschätzte 7 Prozent Minus – nicht unentdeckt an allen anderen Branchenakteuren hätte vorbeigehen können; mindestens der Großhandel hätte diese Veränderung ja ebenfalls durch sinkende Abnahmemengen feststellen müssen. (Der BNN meldet für den Großhandel allerdings  ein klares Umsatzplus.)

Weitere Befragungen, u.a. von Herstellern, könnten in den kommenden Monaten mehr Klarheit schaffen, welche Entwicklung wahrscheinlicher ist.

Vor allem aber muss sich der Arbeitskreis Biomarkt die Frage stellen, wie die verwendeten Quellen künftig so gewichtet werden können, dass am Ende tatsächlich ein Wert mit Aussagekraft steht, kein rechnerischer Kompromiss – und, falls das nicht gelingt, ob die Erhebung in ihrer jetzigen Form überhaupt noch Sinn ergibt. (Die AMI hat sich auf Anfrage bislang nicht zu möglichen Plänen geäußert.)

Kein Händler ist eine Insel

Unabhängig davon ahnt man aber auch in der Branche, dass zumindest eine Fortsetzung der bisherigen Wachstumsraten unrealistisch ist: „Es gibt im Fachhandel nicht mehr die zweistelligen Zuwächse wie noch vor drei Jahren – das ist aber auch ein Stück weit heilsam, weil der ein oder andere dachte, es gebe einen Anspruch darauf“, sagt ein Branchenkenner.

Die beiden großen Bio-Handelsunternehmen – dennree und Alnatura – veröffentlichen zwar Umsatzzahlen und Wachstumsraten, führen aber nicht aus, welcher Anteil davon auf die eigenen Biosupermärkte entfällt. Wer von dennree wissen will, wie das Handelsgeschäft im Geschäftsjahr 2018 im Vergleich zum Großhandel der Gruppe abgeschnitten hat, dem antwortet ein Sprecher:

„Dazu äußern wir uns grundsätzlich nicht.“

Die bislang unbeantwortete Frage ist deshalb, auf welchem Niveau sich der Bio-Fachhandel mittelfristig einpendeln wird – vor allem, wenn er weiter auf Abkapselung setzen will und der klassische Handel seine Sortimente (und deren Qualität) weiter ausbaut.

„Die Zeiten sind lange vorbei, in denen sich der Biohandel noch als Insel abschotten kann“,

erklärte Horst Lang, Koordinationsleiter für Qualität und Umwelt beim SB-Warenhausbetreiber Globus, kürzlich der „Lebensmittel Zeitung“. Dabei scheint der Trend zur Verinselung derzeit sogar noch zuzunehmen. Im vergangenen Jahr hat sich die Interessengemeinschaft der Bio-Märkte (IGBM) neu gegründet, um „die Interessen des spezialisierten Naturkostfacheinzelhandels auf nationaler Ebene“ zu vertreten. (Sprecher ist Lukas Nossol, Marketingleiter des größten Mitglieds denn’s Biomarkt.) Fast genau so wie der BNN, der „die Interessen der Naturkostbranche auf politischer und wirtschaftlicher Ebene [vertritt]“ (auch die des Handels).

Nische – oder Falle?

Mag sein, dass der IGBM bloß die Perspektive der Händler stärker in den Fokus rücken will – aber warum geschieht das nicht innerhalb des BNN? Von außen bleibt der Eindruck, dass sich die Bio-(Handels-)Branche nicht so recht einig zu sein scheint.

Beim BNN hat man jedenfalls mit einiger Verspätung gemerkt, dass es notwendig sein könnte, in Zukunft „klarer, offensiver und lauter [zu] kommunizieren“. (Offener wäre auch schon mal ein Anfang.) Deshalb soll es in der Geschäftsführung eine zweite Stelle für das neue Ressort „Kommunikation und Markt“ geben. Das soll die Gründung einer gemeinnützigen GmbH veranlassen, um eine Kampagne zu entwickeln, welche „die Leistungen des Bio-Fachhandels bewirbt“.

Man kann sich’s kaum ausdenken: Während der Fachhandel von Supermärkten und Discountern endgültig als die für Kunden wichtigste Anlaufstelle für Bio-Lebensmittel überrollt zu werden droht und es zumindest Anzeichen dafür gibt, dass kleinen Biohändlern massiv Kunden weglaufen – gründet man in Berlin-Mitte erstmal eine gemeinnützige GmbH? Eine, die den naiven LEH-Bio-Käufern den wahren Wert des Fachhandels erklären soll, um sie zu „anspruchsvollen“ und „werteorientierten“ Kunden zu konvertieren (wie BNN-Geschäftsführerin Elke Röder ihre Klientel über die Allgemeinheit erhebt)?

Man muss wahrlich kein Kristallkugelstudium absolviert haben, um vorherzusagen, dass das eine merkwürdige Strategie ist, um die eigenen Stärken herauszustellen (die noch übrig sind).

Und dass 2019 womöglich das Jahr wird, in dem sich die von großen Teilen des deutschen Naturkostfachhandels selbst gewählte Nische endgültig als Falle herausstellt.

Dank an Robert K. und Nicolas K. für die Hinweise!

Fotos: Supermarktblog

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Kaufland testet digitale Pfandbons per App

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Voller stolz meldete die britische Tiefkühlsupermarktkette Iceland vor fast einem Jahr, künftig #TooCoolForPlastic zu sein und die erste so genannte „Reverse Vending Machine“ Großbritanniens aufzustellen. In der sollten Kunden ihre Einwegplastikflaschen zum Recycling geben, um einen Gutschein über 10 Pence pro Flasche zu erhalten.

Ja, Sie haben völlig richtig gelesen. Iceland hat angekündigt, dem Einwegplastik den Kampf anzusagen. Mit zunächst einem Pfandautomaten in einer Filiale in London (Fulham). Sie sind sicher schon ganz gespannt, wie diese Zukunft des Recyclings aussieht. Deshalb war ich neulich mal da, und – ähm, nun ja:

Sieht halt aus wie ein Pfandautomat. Gut, fairerweise muss man sagen, dass es nach einem Dreivierteljahr schon fünf Iceland-Filialen mit besagten Maschinen gab. (Im ganzen Land.) Das beförderte den Stolz der Handelskette, über die Medien auch die exakte Zahl der in den ersten sechs Monaten recycelten Flaschen zu kommunizieren (311.500 – wobei die Zahl der nicht recycelten Flaschen in den übrigen rund 900 Läden vermutlich noch deutlich imposanter wirken dürfte).

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Wäre es hierzulande nicht schon seit vielen Jahren Gesetz und Sitte, all die ausgetrunkenen (Einweg-)Behältnisse wieder dorthin zurückzutragen, wo sie mal hergekommen sind: die deutschen Handelsketten würden zu Marketingzwecken sicherlich auch sofort begeistert zu zählen anfangen. (Oh, Pardon – machen sie ja längst.)

Und wenn die Briten schon nicht anerkennen wollen, was die EU für sie zu leisten vermag – dann ja vielleicht die Tatsache, dass sich eine ganze Nachbarschaftsnation kollektiv über viele Jahre vor müffelnden Pfandlöchern in Supermarktwänden gestaut hat, um die Flaschenrückgabe-Automatisierungsindustrie stetig zu neuen Höchstleistungen in der Weiterentwicklung anzutreiben. Damit andere Länder nun Generationen an Altgeräten überspringen und direkt auf dem neusten Stand der Technik einsteigen können.

Gern geschehen, liebe Briten. (Und: mehr als fünf Automaten müssten da aber schon drin sein.)

Digitalisierte Pfandrückgabe

Währenddessen testet Kaufland bereits die mögliche Zukunft der Zukunft der Pfandrückgabe. Die ist – selbstverständlich – digital. Zumindest ein bisschen: Seit Ende Januar können Kunden ausgewählter Filialen des Großflächen-Discounters in Bayern und Baden-Württemberg (u.a. Heilbronn, Neckarsulm, Heidelberg, Schwäbisch-Hall) die so genannte Kaufland Smartbon-App testen.

Voraussetzung für die Nutzung ist (derzeit) ein Smartphone mit Android-Betriebssystem und ein Kaufland-Kundenkonto, in das man eingeloggt sein muss.

Dann erlaubt es die App, am Ende der Pfandrückgabe im Laden auf den papiernen Ausdruck mit Strichcode zu verzichten und stattdessen am Automaten die „Digital-Bon“-Taste zu drücken. Der anschließend auf dem Display erscheinende QR-Code muss bloß noch aufs Smartphone gescannt werden. Anschließend wird der gutgeschriebene Betrag wie gewohnt an der Kasse ausgezahlt.


Screenshots [M]: Smb

Seinen Kunden erklärt Kaufland etwas umständlich:

„Der Vorteil des Smartbons für Sie liegt zum einen in der Vermeidung von Papierausdrucken und der damit einhergehenden Ressourcenschonung. Zum anderen können Sie keine Pfandbons mehr verlieren, da die digitalen Pfandbons über Ihr beim Registrierungsprozess erstelltes Kaufland Kundenkonto immer wieder geladen werden können.“

(Wer kennt es nicht, das Übel der Pfandbonverliererei!)

Längstens werden die Bons zwölf Monate gespeichert; ob sie auch genau so lange eingelöst werden können, wenn man sich ein kleines Sparguthaben in der Pfand-App aufzubauen plant, um den nächsten Feiertagseinkauf gegenzufinanzieren, steht in den Nutzungsbedingungen aber nicht.

Auch wenn sich die versprochene „Ressourcenschonung“ (in Form gesparten Thermopapiers) in Grenzen halten dürfte, ist der digitale Pfandbon eine schöne Lösung, um – nun ja, technikaffine Kunden im Laden ein bisschen bei Laune zu halten und bei entsprechendem Testerfolg künftig auch damit werben zu können. Vielleicht lohnt sich’s, vorher die Kollegen von Iceland zu fragen, ob ihnen ein knackiges Weltrettungs-Hashtag dazu einfällt. Oder Kaufland recycelt einfach die Schlagzeile der vorigen Zukunftsinitiative.

Dank an Nicolas K. für den Hinweis.

Nachtrag, 3. April: Kaufland hat inzwischen eine Mitteilung zur Smartbon-App herausgegeben und listet darin alle Filialen auf, in denen der Pfand-Scan bereits funktioniert.

Titelfoto [M]: Kaufland/Smb

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Führungswechsel bei Lidl, Kaufland, Aldi Nord: Der Chefsessel als Schleudersitz

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Manchmal hilft es, einen Blick auf andere Branchen zu werfen, um die Herausforderungen der eigenen zu verstehen. Beim Handelsblatt Insurance Summit 2018 hat Sarah Fix-Bähre Ende des vergangenen Jahres zum Beispiel in einem Interview erklärt, wie Unternehmen aus der Versicherungsbranche die Digitalisierung meistern können:

„Man muss ausprobieren, man muss schnell sein, man muss Fehler machen – das ist in Deutschland ein ganz schweres Thema. [Hier] ist immer gut, wer keine Fehler macht.“

All das sei wichtig, um sich auf Veränderungen im Verhalten der Kunden einzustellen: „Diese Art von agilem Arbeiten, diesem nicht-hierarchischen Vorgehen, wo Ideen [im Unternehmen] herkommen können – ich glaube, das ist ganz essenziell.“

Ende März ist Fix-Bähre, die bei Google als Industry Leader Insurance arbeitet, als neues Mitglied in die Schwarz Unternehmens Treuhand eingezogen, dem Aufsichtsgremium der Neckarsulmer Handelsgruppe, die mit 100 Milliarden Euro Jahresumsatz als größte in Europa gilt. Und die bislang vor allem dann besonders agil agiert, wenn es darum geht, in regelmäßigen Abständen die Geschäftsführer ihrer beiden Handelsketten auszutauschen.

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Es war gerade einmal drei Wochen her, dass sich Patrick Kaudewitz Mitte März als Kaufland-Geschäftsführer verabschiedet hatte („aus persönlichen Gründen“), als die Schwarz-Gruppe an diesem Dienstag bekannt gab, dass nach nur zwei Jahren im Amt auch Lidl-Geschäftsführer Jesper Hojer gehen würde („hat sich dazu entschlossen, sein Amt als Vorstandsvorsitzender niederzulegen“). Bei Lidl übernimmt vorerst der frühere Lidl-Italien-Chef Ignazio Paternò; um Kaufland kümmert sich vorerst Konzernlenker Klaus Gehrig höchstselbst.

Abgänge ohne Erklärung

Über die Hintergründe der beiden Wechsel ist öffentlich bislang wenig bekannt. Kaufland hatte in den vergangenen Jahren mit Sortimentsumbauten, Modernisierungsprojekten und der Kehrtwende beim Lieferservice zu kämpfen – aber gerade jetzt, da eine Teilübernahme von Real möglich scheint, wäre eine erfahrene Führung notwendiger denn je. Woran Kaudewitz letztlich gescheitert ist? Schwer zu sagen.

Auch bei Lidl lassen sich kaum Muster ableiten: Die Demission von Sven Seidel vor zwei Jahren war noch plausibel damit zu erklären, dass dessen radikale Ausprobierbereitschaft an oberster Stelle im Konzern auf wenig Gegenliebe stieß. Für Hojer, der in der Folge artig den Digitalisierungsskeptiker spielte, lässt sich das aber kaum behaupten.

Spiegel Online will gehört haben, dass Hojer im Unternehmen „offenbar etwas zu ambitioniert und selbstgewiss aufgetreten“ sei; die Heilbronner „Stimme“ berichtet von „Differenzen über die künftige Ausrichtung der Schwarz-Gruppe“ – ein Klassiker.

Verschobene Machtverhältnisse

Dabei ist das ist ein Punkt, an dem es sich nachzufragen lohnt, denn: Wie sieht die eigentlich aus, die künftige Ausrichtung der Schwarz-Gruppe?

Ausprobieren und schnell sein gehörte bislang eher nicht zu den Stärken der Neckarsulmer. Und wer Fehler machte? Der ging gefälligst. Womöglich ändert sich das, wenn (nicht nur) im Aufsichtsgremium nun erstmals eine stärkere Expertise von außen einzieht. Auch die neue Holdingstruktur, die sich die Schwarz-Gruppe gerade verpasst hat, lässt sich als Signal für die Zukunft werten – in der nicht mehr nur Klaus Gehrig die Geschicke des Konzerns steuert. Nach seiner Beförderung innerhalb der Gruppe hat künftig wohl auch Stellvertreter Gerd Chrzanowski über den neu installierten Beirat mehr mitzureden (in der Funktion des Quasi-Vorstandssprechers).

Möglich wäre, dass die Geschäftsführer der beiden Handelsketten unter Chrzanowski Kompetenzen hätten abgeben müssen – und das mit der bisherigen Besetzung nicht zu machen war. (Aber das ist bloß Spekulation; allerdings soll der neue Lidl-Chef künftig direkt an Chrzanowski berichten – anders als ursprünglich geplant, wie Manfred Stockburger bei stimme.de notiert.)

Erfolgsdruck bei Aldi

Das Durcheinander in Neckarsulm ist derzeit kein Einzelfall im deutschen Discount. Im September des vergangenen Jahres hatte Aldi Nord überraschend bekannt gegeben, dass der bisherige Gesamtverantwortliche Marc Heußinger um die vorzeitige Auflösung seines eigentlich bis 2021 laufenden Vertrags gebeten habe. Heußinger soll zunehmend unter Druck gestanden haben, weil den Gesellschaftern die Modernisierung des Discounters (siehe Supermarktblog) nicht schnell genug gehe, berichteten Medien – nachdem noch wenige Jahre zuvor das exakte Gegenteil der Fall gewesen war. Stellvertreter Torsten Hufnagel übernahm die Führung.

Aldi Süd behält zwar seinen Chef. Vor zwei Wochen berichtete die „Lebensmittel Zeitung“ jedoch, dass der den Einkauf komplett neu aufstellen will (Paywall), auch um künftig mit der Nord-Schwester gegenüber Markenartikelherstellern geschlossener aufzutreten. Etablierte Manager mussten das Unternehmen verlassen.

Wenn drei der größten Handelsketten des Landes innerhalb eines Dreivierteljahres ihr Personal an der Führungsspitze austauschen: Ist das bloß Zufall, weil Manager sich überschätzten oder zu zögerlich handelten? Oder sagt es etwas Grundsätzliches über das System aus?

Aus einer anderen Zeit

Fakt ist, dass die beiden größten deutschen Discountgruppen aus einer Zeit stammen, in der Unternehmensführung tatsächlich stark hierarchisch angelegt war – noch durch die Gründer selbst, die sich im Geschäftsalltag auch in Kleinigkeiten einmischten, um die von ihnen entwickelten Konzepte zu erhalten. Diese Organisationsform ist altersbedingt längst an ihre Grenzen gekommen. Mit ordnungsgemäßen Übergängen scheinen sich die beiden Aldi-Gesellschaften und die Schwarz-Gruppe (in unterschiedlichem Maße) schwer zu tun. Einige dieser Probleme sind im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht.

Wer sich mit Leuten unterhält, die eine zeitlang innerhalb der Schwarz-Gruppe gearbeitet haben, hört immer wieder ähnliches: Dass die Rekrutierung neuer Mitarbeiter in Neckarsulm und Heilbronn stets aus denselben Zirkeln erfolgt, etwa der benachbarten Dualen Hochschule Baden-Württemberg, die von der Dieter Schwarz Stiftung unterstützt wird.

Junge, gut ausgebildete Absolventen haben die Chance, innerhalb des Konzerns schnell aufzusteigen, Karriere zu machen – vor allem aber lernen sie dabei, so zu funktionieren, wie es das Unternehmen gewohnt ist. Auf Mitarbeiter, die von außen dazu kommen, wirkt das bisweilen befremdlich. Und wer ausschert, ist im Zweifel schnell wieder weg.

Die Anpassung systematisch verpasst

Zur Wahrheit gehört auch, dass sowohl bei Schwarz als auch bei Aldi im klassischen Handelsgeschäft ähnliche Fehler gemacht wurden. Über Jahrzehnte wurden (bei Aldi Nord und Kaufland überfällige Modernisierungen aufgeschoben, die nun nicht schnell genug aufgeholt werden können, um im Wettbewerb mitzuhalten. Dafür sind enorme Investitionen notwendig, etwa zum Umbau der Läden. Gleichzeitig bleibt kaum Zeit für kontinuierliche Anpassungen. Alles, was verändert wird, muss sich sofort rechnen – weil es schon immer so funktioniert hat.

Als Markt für Instant-Erfolge war aber gerade der deutsche Lebensmitteleinzelhandel noch nie bekannt. In einer Zeit des Umbruchs, wie jetzt, gilt das umso mehr.

Wie sehr der Chefsessel bei den Discount-Marktführern zum Schleudersitz geworden ist, wirft deshalb nicht nur ein Licht auf die Ungeduld von Eigentümern und Gesellschaftern der einst familiengeführten Handelsimperien. Es zeigt auch, wie sehr – bei aller Notwendigkeit zur Agilität – eine langfristige Vision dafür fehlt, auf welchem Weg ein in der Vergangenheit etabliertes erfolgreiches Konzept so modernisiert werden kann, dass es sich den Herausforderungen der Digitalisierung nicht (wie jetzt) größtenteils verweigert, sondern diese für eine grundlegende Weiterentwicklung nutzt.

Nach zwei Jahren von vorn

Dafür bräuchte es zum einen die Vorstellungskraft, dass Kunden Lebensmittel in zehn Jahren völlig anders einkaufen könnten als heute, zum anderen die Geduld, eine passende Strategie zu entwicklen – und vor allem: diese auch durchzuhalten. An Langfristigkeit ist aber nicht zu denken ist, wenn in der Geschäftsführung alle zwei Jahre wieder von vorn angefangen wird.

Zugegeben: Die Anpassung an die neuen Realitäten mag ein ziemlicher Schock für die über Jahrzehnte eingespielten Systeme sein. Dass Aldi plötzlich nicht nur ein umfassendes Sortiment klassischer Markenprodukte bietet, sondern seit kurzem auch wöchentliche Aktionspreise auslobt, wäre noch vor wenigen Jahren kaum denkbar gewesen. Aber es hätte vermutlich sehr geholfen, diese Möglichkeit im Unternehmen frühzeitig durchzuspielen, um den späteren Schock abzumildern.

Die neue Schwarz-Aufsichtsrätin Fix-Bähre hat die Adaptionsproblem vieler Firmen mit einem Satz zusammengefasst, der nicht nur für die Versicherungs-Branche gilt:

„[In Unternehmen] frisst die Kultur die Strategie zum Frühstück.“

Bloß dass die Strategie im deutschen Discount derzeit eher der Mitternachtssnack ist.

Fotos: Supermarktblog

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Erst per Newsletter, später per App? Auch Kaufland probiert’s mit digitalen Rabatt-Coupons

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Rewe hat sie, Penny hat sie schon länger und Lidl führt sie gerade ein: digitale Coupons, die in der App aktiviert werden müssen, um anschließend mittels Scan an der Kasse spezifische Rabatte freizuschalten. Mal mit, mal ohne vorherige Anmeldung. Verständlich, dass Kaufland da nicht länger tatenlos zusehen will.

In dieser Woche verspricht der Großflächen-Discounter Abonnent:innen seines Newsletters „Exklusive Coupons für Ihren Einkauf“:

„Sparen geht bei uns jetzt noch einfacher – zum Einlösen unserer attraktiven digitalen Coupons* benötigen Sie lediglich Ihr Smartphone.“

Digitale Coupons zum Ausdrucken verteilt Kaufland schon länger. Die neue Variante soll aber rein „digital und ganz ohne Ausdrucken“ funktionieren. Und zwar so:

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„Smartphone beim Bezahlen an der Kasse bereithalten, den gewünschten QR-Code öffnen und beim Bezahlen an der Kasse abscannen. Profitieren Sie jetzt!“

Vergünstigungen gibt es derzeit beim Kauf von Kellogg’s Super Food Crunchy Müsli (3 Euro beim Kauf von zwei Packungen), Kerrygold-Scheibenkäse (1 Euro beim Kauf von zwei Packungen), Rockstar Energy Drink (50 Cent auf eine Dose) und Frosta Gemüse Pfanne (30 Prozent) – aber ausschließlich „in allen teilnehemenden Fililalen der Region Berlin“, also dort, wo die Unternehmensschwester Lidl gerade ihr ebenfalls stark auf Coupons fixiertes Treueprogramm Lidl Plus gestartet hat (siehe Supermarktblog).

Jeder der Coupons, die auch online abrufbar sind, darf nur einmal mit demselben Smartphone eingelöst werden, heißt es im Kleingedruckten. Und auch nur einmal pro Einkauf. „Verbreitungen über Internet-Portale und sonstige Vervielfältigung“ untersagt Kaufland ebenfalls.

„Einfach scannen“ – bloß wie?

Wie ernst es das Unternehmen mit seiner Coupon-Lösung meint, ist momentan schwer zu sagen. Einerseits ist die Mitmachhürde deutlich niedriger als bei allen Wettbewerbern – zum Einlösen muss nicht mal eine App installiert werden. Andererseits sieht die Aktion sehr danach aus, als sei sie mit der heißen Nadel gestrickt.

Die Coupons im Laden auch tatsächlich einzulösen, ist mir jedenfalls nicht gelungen. Die SB-Kasse wertet den QR-Code als „ungültig“; der herbeieilende Mitarbeiter weiß auch nicht weiter. An der regulären Kasse besteht die freundliche Mitarbeiterin erst darauf, den Coupon ausgedruckt vorgelegt zu kriegen, erfragt dann telefonisch bei der Marktleitung, dass es inzwischen digitale Pendants gibt – und weiß dann auch nicht, wie und wo die gescannt werden sollen. Über das reguläre Scanfeld an der Kasse klappt’s schon mal nicht. Handscanner vielleicht? „Sowas hab ich hier nicht.“

Ganz „so einfach“, wie Kaufland per Mail behauptet, scheint die Sache also nicht zu sein – und bevor neue Aktionen an die Kundschaft kommuniziert werden, wäre es hilfreich, das Personal entsprechend einzuweihen.

Mit der Coupon-Flickschusterei per E-Mail dürfte sich Kaufland aber ohnehin nicht lange aufhalten. Anderswo in Europa ist man schließlich schon einen großen Schritt weiter: Im Februar dieses Jahres hat die Handelskette in Rumänien „Kaufland Card“ freigeschaltet – ein digitales Rabattprogramm mit Kundenkarte, die vollständig in die (allgemeine) Kaufland-App integriert ist.

Kaufland Rumänien macht’s vor

Nach dem Kundenkonto-Login ist die Option mit wenigen Klicks freigeschaltet, kann direkt genutzt werden und scheint ziemlich ähnlich zu funktionieren wie Lidl Plus.

Auf dem Startbildschirm werden „Kaufland Card Angebote“ mit Direktrabatten angezeigt, aktuell z.B. zwischen 10 und 30 Prozent für Bananen, Deo, Hackfleisch, Joghurt, Käse, Cracker, Katzenfutter und Nudeln. Darunter sind Prämien aufgelistet, die vergünstigt zu erwerben sind, wenn dafür ausreichend „Treuepunkte“ gesammelt wurden. (Im Moment: Koffer.)


Screenshots [M]: Kaufland/Smb

Die aus einem QR-Code bestehende Kundenkarte ist über ein rotes Kartensymbol aufrufbar, das mittig über dem unteren Hauptmenü leuchtet und nach dem Aufruf die Instruktion mitliefert:

„Bitte zeigen Sie diesen Bildschirm an der Kasse [, um] Punkte zu sammeln“.

(Eine physische Karte gibt’s zwar auch – aber erst auf explizite Nachfrage.)

Schon jetzt ganz gut eingedeutscht

Wenn der Test in Rumänien erfolgreich verläuft, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Kaufland auch in anderen Länder testet – ziemlich gut eingedeutscht wäre das „Kaufland Card“ in der App übrigens schon jetzt.

In Rumänien wirbt Kaufland mit verschiedenen Videos für das Rabattsystem; in denen ist jeweils am Ende auch zu sehen, dass Kund:innen ihr Smartphone-Display unter das Kartenlesegerät an der Kasse halten, um den Code an einer dort angebrachten Leseeinrichtung zu scannen. Auf die u.a. von Lidl, Rewe und Penny installierten Scan-Tulpen („Top Down Reader“, siehe Supermarktblog) scheint Kaufland offensichtlich verzichten zu wollen.

Praktisch ist das nicht. Und der Zorn, den man sich als Coupon-Einlöser an der Kasse zuzieht, wenn man den nachfolgenden Kund:innen wertvolle Sekunden stiehlt, weil nicht alles so flutscht wie versprochen, dürfte so manche Rabbattfreundin und so manchen Rabattfreund davon abschrecken, das Gescanne regelmäßig zu wagen.

Dennoch ist die Entwicklung ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir den Zenith des Treueprogramm-Tohuwabohus in deutschen Supermärkten und Discountern vorerst noch nicht erreicht haben.

Fotos: Supermarktblog


Nachtrag: Offensichtlich gibt es in Berliner Kaufland-Filialen zusätzlich angebrachte „Side Scanner“, über die die Coupons eigelesen werden können, ohne dass das Smartphone aus der Hand gegeben werden muss. Möglicherweise lässt sich Kund:innen künftig noch etwas transparenter erklären, wie das funktioniert.

Nachtrag, 8. Juli: In dieser Woche informiert Kaufland Newsletter-Empfänger dann doch noch, wie sie scannen sollen, ein bisschen rätselhaft ist das aber immer noch: „1. Coupon auf dem Smartphone an der Kasse vorzeigen. 2. QR-Code an die Scanfläche unterhalb des Kartenlesegeräts halten.“ (Screenshot: Kaufland)


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Der Beitrag Erst per Newsletter, später per App? Auch Kaufland probiert’s mit digitalen Rabatt-Coupons erschien zuerst auf Supermarktblog.

Kaufland erklärt seine „neue“ Mittelmarke K-Favourites (aber vielleicht noch nicht gut genug)

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Auf Plakatwänden, im Wochenprospekt und in den Läden wirbt Kaufland diese Woche erstmals groß für seine neue Mittelmarke K-Favourites, und das wird auch höchste Zeit – schließlich stehen die ersten Produkte bereits seit ziemlich genau einem Jahr in den (Kühl-)Regalen, wie die Handelskette im September 2018 auf Supermarktblog-Anfrage bestätigte (siehe Supermarktblog).

Mit der Neueinführung soll bei den Kaufland-Eigenmarken „die Lücke zwischen den Segmenten Preiseinstieg und Premium“ – K-Classic und K-Exquisit –geschlossen werden, um „dem Kunden eine klare Strukturierung“ zu bieten, heiß es damals:

„Preiseinstiegsartikel findet er in Zukunft durchweg unter ‚K-Classic‘. Artikel mit speziellem Mehrwert (bspw. Herkunft, Herstellungsverfahren, wertgebende Zutaten, Reifezeit usw.), die sich somit vom Preiseinstieg abheben, findet der Kunde künftig unter ‚K-Favourites‘. Die Mehrwerte kommunizieren wir aktiv auf der Frontseite der Verpackung. Sie sind fester Bestandteil des Verpackungsdesigns.“

Unter dem Versprechen „Macht jeden Tag zum Genuss“ erklärt das Kaufland jetzt auch offiziell seinen Kund:innen und hebt dafür die Besonderheiten von K-Favourites hervor.


In der Theorie leuchten die auch alle sofort ein. Im Laden allerdings – nicht. Weil dort die Abgrenzung ziemlich schwer fällt, und zwar in beide Richtungen.

„Besondere“ vs „ausgesuchte“ Zutaten

Ein Beispiel: K-Favourites-Produkte sollen sich durch „besondere Zutaten und Herstellungsverfahren“ auszeichnen; sie würden mit „Experten und streng ausgewählten Lieferanten entwickelt“ und „höchste Qualitätsansprüche zum Top-Preis-Leistungs-Verhältnis“ bieten.

Die Kaufland-Premium-Eigenmarke K-Exquisit nimmt derweil für sich in Anspruch, „ein großartiges Geschmackserlebnis durch ausgesuchte Zutaten“ zu bieten. Besonders sei die „Herkunft einzelner Zutaten oder Produkte und eine außergewöhnliche Produktionsart“ für einen „exquisiten Genuss“.

Ja, gut: Während die K-Exquisit-Artikel weiß verpackt sind, hat man sich bei K-Favourites für ein schwarzes Grunddesign (mit leichten Variationen von Produktkategorie zu Produktkategorie) entscheiden. Aber sieht so wirklich „eine klare Strukturierung“ aus?

Für die neue Mittelmarke werde man „eine Vielzahl neuer Artikel“ ins Sortiment aufnehmen, erklärte die Kette, hat aber auch bestätigt, dass „ein Teil der bislang unter K-Classic geführten Produkte künftig unter der Eigenmarke K-Favourites“ erhältlich sein werden – also: eine neue Verpackung erhalte. Diese Produkte hätten „bereits durchweg einen Mehrwert“ gehabt; der Wechsel sei „notwendig, um den Kunden eine bessere Orientierung zu bieten“.

Irritation am Saftregal

Dass die Kesselchips, die bisher unter K-Classic angeboten wurden, jetzt K-Favourites sind – nachvollziehbar („aus ganzen Kartoffeln, im Kessel gebacken“).

Oder die Erdbeermarmelade („75% Frucht“).

Warum die Soft Cookies in den Varianten Triple Chocolate, Cranberry, Apple Pie oder Nougatelli trotz ihres flüssigen Kerns bzw. der Dreifachschokolierung keinen „Mehrwert“ für sich in Anspruch nehmen durften und nicht aus der K-Classic-Kategorie nach oben aufrücken durften, versteht man womöglich nur in der Neckarsulmer Eigenmarken-Schaltzentrale.

Richtig unübersichtlich wird’s allerdings am Saftregal, wo Multivitaminsaft, Traubensaft, Bananen- und Pfirsichnektar (in der von mir besuchten Filiale) in einer Reihe nebeneinander stehen – aber nur eine der vier Säfte als K-Favourites. Raten Sie, welcher?

Der Traubensaft. Denn der ist aus „100% Direktsaft“ und „direkt gepresst“, während die Regalnachbarn aus Konzentraten und Mark hergestellt werden. Ebenfalls: nachvollziehbar. Kaufland gibt sich aber mittels der gerade erst erneuerten Verpackunsgdesigns der K-Classic-Artikel größtmögliche Mühe, das zu verschleiern. Zum Beispiel, indem der Multivitaminsaft ebenfalls mit einem gut sichtbaren 100%-Logo auf der Packung protzt (weil „100% Saft“ enthalten sind).

Man muss schon sehr genau hinsehen, um das auseinander zu halten.

Mal abgesehen davon, dass nebendran auch noch diverse Artikel im alten K-Classic-Design zur Verwirrung beitragen. Erkennen Sie, welcher dieser Orangensäfte – der Logik nach – eigentlich ein K-Favourite werden müsste?

(Der zweite von rechts, denn der ist ebenfalls Direktsaft – steht nach der Generalüberholung aber im Kühlregal; die beiden links sind dieselben Säfte in alter und neuer K-Classic-Verpackung; ganz rechts steht die Konzentrat-Variante mit weniger Säure.)

Leichte Änderungen, neuer Preis

Im Moment macht Kauflands Eigenmarkenwechselspiel eher den Eindruck einer ausgefeilten Kund:innen-Verwirrungstaktik. Dabei dürften die Änderungen vorrangig einem ganz anderen anderen Zweck dienen: Mit der neuen Mittelmarke wolle sich die Handelskette „neue Möglichkeiten erschließen, den Ertrag zu verbessern“, berichtete die „Lebensmittel Zeitung“ im vergangenen Jahr (Abo). Gleichzeitig erklärte Kaufland auf Supermarktblog-Nachfrage, die Umstellung bisheriger K-Classic-Artikel erfolge „zu gleichbleibenden Preisen“.

Aber durch die Einführung neuer Produkte bieten sich natürlich Möglichkeiten, Preise anders anzusetzen als man das bei Artikeln in der Discountschiene getan hätte.

Außerdem kann man ja auch ein bisschen kreativ werden:. „Geteilte Heringsfilets in Senf-Sauce“ unter K-Classic sind im Zuge der Umstellung auf K-Favourites zu „Heringsfilets mit körniger Senf-Creme“ geworden, in „ganzen Stücken“ und mit geringfügig veränderter Zutatenliste bzw. Zusammensetzung (3 Prozent mehr Senf als vorher, Maisstärke statt Reisstärke, modifiziertes Magermilchpulbver dazu). Fertig ist der Mehrwert!

Der Hersteller ist derselbe. Die Dose kostet bloß nicht mehr 79, sondern 89 Cent (in dem von mir besuchten Markt).

Und aus den K-Classic „Heringsfilets in Paprika-Sauce“ (geteilt) sind wiederum K-Favourites „Heringsfilets in BBQ-Sauce“ (ganz, mit leicht veränderter Würzmischung) geworden.

Das kann man ja auch so machen, um auf der sicheren Seite zu sein, wenn man für sein Produkt eigentlich bloß ein paar Cent mehr von der Kundschaft haben möchte. Aber ob deshalb gleich „jede[r] Tag zum Genuss“ wird, ich weiß ja auch nicht.

Fotos: Supermarktblog"

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Warum Kaufland seine SB-Kassen (nach)beschleust und Rewe für mehr Übersicht beim Selbstscannen sorgen will

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Ständig suchen die großen Handelsketten qualifizierte Mitarbeiter:innen für die vielfältigen Aufgaben, die im Lebensmitteleinzelhandel zu erledigen sind. In Zukunft gehören dazu auch: Schleusenwärter:innen. Jedenfalls wenn sich Kaufland mit seiner Initiative durchsetzt, Selbstbedienkassen (nachträglich) zu beschleusen.

Seit einiger Zeit modernisierte das Unternehmen seine Großflächen und baut dabei an ausgewählten Standorten auch SB-Kassen in die Märkte ein (siehe Supermarktblog).

„Self-Scanning-Kassen gibt es bei Kaufland in über 100 Filialen. Üblicherweise sind es 4 bis 6 Kassen je Filiale, in Einzelfällen auch mehr“,

sagt eine Kaufland-Sprecherin auf Supermarktblog-Anfrage und erklärt, man sei „sehr zufrieden mit der Nutzung der Self-Scanning-Kassen“, „die unsere Kunden gerne in Anspruch nehmen“. Manche vielleicht sogar: zu gerne.


Anfangs waren der Self-Checkout bei Kaufland eine recht offene Angelegenheit:

Während die regulären Kassen bei Nichtbesetzung mit Metallschranken verschlossen wurden, bot die SB-Kassenzone daneben einen weitgehend freien Ausgang – den offensichtlich auch Kund:innen nutzten, die auch dann nichts bezahlen wollten, wenn sie vorher was eingekauft hatten. Inzwischen baut Kaufland Schleusen hinter die SB-Kassen. Deren Glastüren öffnen sich erst, wenn die Kundin bzw. der Kunde einen Barcode scannt, der nach abgeschlossenem Einkauf und Bezahlung vom SB-Gerät ausgegeben wird.

„Ihr Bon ist der Türöffner“,

steht auf Aufklebern an der SB-Kasse und an den Schleusen.

Kaufland bestätigt:

„In Märkten, die neu mit Self-Scanning-Kassen ausgestattet werden, installieren wir sogenannte Ausgangsanlagen. Vereinzelt rüsten wir auch an bestehenden Self-Scanning-Kassen nach, wo dies räumlich möglich ist. Die Ausgangsanlagen dienen unter anderem der Sicherheit unserer Kunden, indem sie räumlich das Ende des Einkaufs- und Bezahlvorgangs markieren. Dadurch sind sie das Gegenstück zur Verabschiedung durch die Kassiererin an den konventionellen Kassen.“

Das ist eine hübsche Erklärung – mit der sich galant die Feststellung umschiffen lässt, dass die Schleusen wohl auch aus Diebstahlschutzgründen installiert werden dürften.

Welcher Barcode ist der richtige?

Zumindest empfehlen die Self-Checkout-Forscher um Adrian Beck, die zahlreiche Handelsunternehmen zu ihren Erfahrungen mit der Nutzung von SB-Kassen befragt haben („Self-Checkout in Retail: Measuring the Loss“, siehe Supermarktblog und PDF), unmissverständlich: ein „klar erkennbarer Ein- und Ausgang“ hilft dabei, Kund:innen Orientierung zu geben und Mitarbeiter:innen die Kontrolle zu erleichtern.

Für ehrliche Kund:innen ist das ärgerlich, weil es das Bezahlen an der SB-Kasse etwas umständlicher macht – weil man daran denken muss, auch bei Kleinsteinkäufen immer den Kassenbon mitzunehmen, um am digitalen Brückentroll vorbeizukommen. Darüber hinaus lässt sich aus dem Procedere auch hübsch ableiten, dass die Kaufland-Marketingabteilung wohl eher selten in den eigenen Läden einkaufen geht.

Sonst würde die SB-Kasse zusätzlich zum Kassenbon nicht auch noch einen Bonus-Bon mit separatem Barcode ausspucken, der für den nächsten Einkauf einen Rabatt auf die neu eingeführten K-Favourites-Produkte (siehe Supermarktblog) verspricht – und wegen dem man an der Schleuse erstmal studieren muss, welcher Barcode auf welchem Bon nun das verdammte Tor öffnet.

Auch die niederländische Supermarktkette Albert Heijn hat in vielen ihrer Filialen Schleusen ans Ende der Self-Checkouts gebaut, die nur mit Barcode aufgehen. Weil der Bon nachher ohnehin oft im Müll landet, drucken die Geräte inzwischen auf Wunsch nur eine Kurzversion aus. Mit der besteht dann auch keine Verwechslungsgefahr bei der Schleusenpassage.

Geht das alles nicht auch einfacher – und vor allem: komfortabler? Ja, vielleicht.

Kurze Ehrlichkeits-Erinnerung

Der oben erwähnten Studie zufolge hilft beim Scannen oft schon eine simple Erinnerung der Kundin bzw. des Kunden, ehrlich zu bleiben. So macht es z.B. die Schweizer Handelskette Coop an ihren SB-Kassen. Wenn Kund:innen den Einkauf abschließen wollen, fragt die Kasse, bevor sie zur Bezahlung weiterleitet, höflich aber bestimmt:

„Haben Sie alle Ihre Artikel erfasst? Vereinzelt werden Stichproben durchgeführt.“

Jeder, der vielleicht einen Artikel weniger gescannt hat als er sollte, muss an diesem Punkt bewusst lügen, um weiterzukommen. Das verhindert keinen absichtlichen Diebstahl – aber vermutlich kleine Unehrlichkeiten.

Wobei es ein bisschen unfair ist (auch von den SB-Kassen-Forschern), die Fehl-Scans ausschließlich den Kund:innen anzulasten. Viele falsche Abrechnungen dürften auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Nutzerführung vieler SB-Kassensysteme einer mittleren Katastrophe gleicht. Sainsbury’s z.B. hatte vor einigen Jahren massiv Ärger, nachdem die britische Handelskette ein neues Bediensystem an seinen SB-Kassen eingeführt hatte.

Oft reicht schon ein undurchsichtiges Menü mit zu vielen Optionen oder eine unlogische Suchabfolge bei der Auswahl loser Produkte ohne Barcode. Wer, bitte schön, behält sich die ganzen seltsamen Namen der Backwaren, die man zu Beginn des Einkaufs aus dem Brötchenknast herausgefischt hat, um sie nachher in irgendwelchen Untermenüs zu identifizieren? Dazu kommen haufenweise Zwischenscreens mit Fragen nach selbst mitgebrachten Taschen, Knotenbeutelnutzung, Jugendschutzfreigabe-Hinweisen und natürlich spontane Fehlermeldungen.

Im Untermenü verheddert

Jede zusätzliche Irritation erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, sich zu vertippen – unabsichtlich, oder aus Verzweiflung, um sich nicht in der Unendlichkeit des SB-Kassen-Menüs zu verheddern.

Rewe will das ändern und stattet gerade alle seine in deutschen Märkten installierten SB-Kassen (insgesamt sind es momentan übersichtliche 104) bis zum Jahresende mit einer neuen Bedienoberfläche aus, wie man in Köln auf Anfrage bestätigt:

„Die neue Bedienoberfläche ist nicht nur moderner, sie ist kundenfreundlicher, einfacher zu handeln, übersichtlicher in der Bedienung und intuitiver für den Kunden. Das Feedback aus der Kundschaft ist ausschließlich positiv.“

Tatsächlich rückt das neue System den jeweils relevanten Bedienschritt stärker in den Mittelpunkt des Bildschirms; weitere Optionen erscheinen darunter; bereits gescannte Artikel sind auf die rechte Seite des Bildschirms gerückt und bleiben auch bei Zwischenschritten sichtbar – wie (z.B.) beim Amazon-Warenkorb im Netz. (Die lästige Frage nach der Payback-Karte muss aber natürlich weiter auch von Nicht-Payback-Nutzern weggetoucht werden.)

Derweil arbeiten auch die Gerätehersteller an Maßnahmen, die helfen könnten, die Bedienfreundlichkeit zu erhöhen – und gleichzeitig das Diebstahlrisiko zu senken. Bei NCR heißt das z.B. „Smart Assist“ bzw. „Picklist Assist“ und funktioniert so:

  • Kund:innen legen lose Ware (z.B. Nektarinen, Birnen, Avocados) auf die Scan-Fläche der SB-Kasse;
  • das Gerät schlägt, noch bevor danach gesucht werden muss, einen Artikel vor, den es erkannt zu haben glaubt;
  • ist der Vorschlag korrekt, muss bloß noch bestätigt werden.

Nektarine! Nektarine!

„Picklist Assist“ funktioniert über in den Geräten eingebaute Kameras und Sensoren, die z.B. die Farbe und das Gewicht eines Artikels mit den Spezifikationen der hinterlegten Warengruppen abgleicht, und ist als lernendes System angelegt: Je mehr Nektarinen erkannt wurden, desto besser funktioniert die Nektarinen-Identifikation.

Eine ähnliche Sensorentechnik kam ursprünglich in den Tunnelscanner-Kassen zum Einsatz, die sich im Handel aber nicht durchgesetzt haben (siehe Supermarktblog). An den Self-Checkouts kann sie einerseits dabei helfen, den Bezahlvorgang zu beschleunigen, weil weniger manuell gesucht werden muss; und andererseits verhindern, dass teurere Ware absichtlich zum Kilogrammpreis günstigerer Ware abgewogen wird (indem z.B. bei Diskrepanzen ein Alarm an die Kassenaufsicht gesendet wird).


Foto: Messe Düsseldorf/EuroCIS

Bislang kommt der Scan-Assistent laut NCR lediglich testweise in Läden der irischen Supermarktkette Fresh (in Dublin) und bei Morrisons in Großbritannien zum Einsatz, nicht aber in Deutschland.

Getestet wurde aber wohl schon – für kurze Zeit funktionierte die Nektarinenerkennung an SB-Kassen von Rewe in Berlin ganz hervorragend; in der Kölner Zentrale heißt es dazu aber offiziell, dass man die Technologie „aktuell“ nicht einsetze, „auch nicht testweise“.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das noch kommt, ist hoch. Schließlich bilanzieren die Autoren der ECR/NCR-Studioe zum Self-Scanning, dass das (unabsichtliche) falsche Scannen von Produkten nach dem absichtlichen Betrug die zweitmeiste Ursache für fehlende Umsätze an der SB-Kasse ist – „vor allem bei Artikeln, die abgewogen werden müssen“.

So sehen Sie beim Scannen aus

Bis sich solche Product Verification Technologies großflächig durchgesetzt haben, überlegen sich Handelsketten und Gerätehersteller weiter Ausweichlösungen: So wie Aldi, das in Großbritannien gerade auf den Geschmack kommt, Kund:innen ihre Einkäufe selbst scannen zu lassen.

Die dafür installierten Geräte von Diebold Nixdorf erklären nicht nur sehr genau, wie das funktioniert: „Place basket here“, steht auf der Ablagefläche, die unterhalb des Touchscreens installiert wurde und nicht wie bei den meisten anderen Geräten daneben. (Hätte man auch früher drauf kommen können.) In der Schale daneben steht gut sichtbar: „Pack bag here“.

Und damit niemand auf dumme Ideen kommt, ist rechts man der SB-Kasse in Sichthöhe ein kleiner zusätzlicher Monitor angebracht, der den Kund:innen das Kamerabild spiegelt, das sie im selben Moment beim Scannen an der SB-Kasse zeigt.

Als Vertrauenssignal an die eigenem Kundschaft eignet sich diese Maßnahme sicher nicht; aber als Ehrlichkeitsindikator dürfte die Erinnerung, unter Beobachtung zu stehen, ziemlich unschlagbar sein.

Fotos: Supermarktblog"

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