Quantcast
Channel: Kaufland Archive - Supermarktblog
Viewing all 74 articles
Browse latest View live

Hersteller gegen Händler: Wer hat den längsten Atem im Kampf um die Preishoheit?

$
0
0

Nun ist sie bald vorbei, die Zeit der meterlangen Maggitütenregaldominanz, der ungewohnten Auswahl regionaler Kochbeutelkloßalternativen und Duschgels mit kuriosen Jeansnamen („Denim“?), die auch nach Monaten noch als „Neu“ gekennzeichnet werden müssen, um nicht übersehen zu werden: Nach einjähriger Pause hat sich Kaufland mit Unilever darauf geeinigt, die Marken des Konzerns künftig doch wieder zu verkaufen.

„[B]ereits ab Ende November“ würden die ersten Produkte wieder eingelistet, hat sich die „Heilbronner Stimme“ bei Kaufland bestätigen lassen und erfahren, dass „[n]och vor Weihnachten (…) die ersten Knorr-Produkte wieder in den Regalen stehen“. (Dann ist das Fest ja gerettet dank „Creamy Pesto“-Pasta-Snack, „Hüttenschamus Käsespätzle“ und Asia Noodles „Geschmack: Huhn“!) „[B]is Ende Januar“ soll dann das komplette Sortiment wieder erhältlich sein. Einen Unilever-Sprecher zitiert stimme.de mit den Worten: „Unsere Produkte und Marken [werden] zukünftig wieder umfangreicher bei Kaufland verfügbar sein.“

Zuvor hatte die „Lebensmittel Zeitung“ (Abo) zuerst über die Einigung berichtet und aus einer Stellungnahme der Unternehmen zitiert, in der es heißt:


„Wir freuen uns, dass eine Vereinbarung getroffen wurde, mit der beide Seiten den Konsumenten wieder in den Mittelpunkt der Geschäftsbeziehung stellen können.“

Im Herbst vergangenen Jahres hatte Kaufland damit begonnen, Unilever-Produkte aus den Regalen zu verbannen, weil man „drastische Preiserhöhungen“ seitens des Herstellers nicht akzeptieren wollte. Zu Beginn dieses Jahres verschwanden Marken wie Axe, Ben & Jerry’s, Bertolli, Dove, Duschdas, Pfanni, Rexona, Signal und Viss endgültig aus dem Kaufland-Angebot und wurden durch Konkurrenzprodukte ersetzt (siehe Supermarktblog).

An der jetzigen Kehrtwende haben beide Seiten gleichermaßen Interesse: Unilever, um die Umsatzrückgänge der vergangenen Monate auszugleichen; und Kaufland, um Kund:innen zurückzuholen, die für den Kauf ihrer Lieblingsmarken womöglich zur Konkurrenz gewechselt sind.

Der nächste Streit kommt bestimmt

Vor allem der Großflächendiscounter habe unter dem selbst auferlegten Verzicht gelitten, zitiert die LZ aus „Unternehmenskreisen“; das dürfte auch die Lesart sein, die Unilever bevorzugt.

Die „Stimme“ wiederum zitiert einen Kaufland-Sprecher damit, man habe die Auslistung der Marken „sehr gut kompensieren“ können. Suchen Sie sich raus, was Sie lieber glauben wollen. Welche Seite für den Friedensschluss stärker nachgeben musste, dürfte ohnehin das Geheimnis der Verhandlungspartner bleiben.

Mit der Wiederannäherung von Kaufland und Unilever geht in jedem Fall ein Jahr zu Ende, das wie kaum ein anderes von Konditionenstreits zwischen Handelsketten und Markenherstellern geprägt war. Streits dieser Art haben im Lebensmitteleinzelhandel zwar eine lange Tradition. Aber selten wurden sie so öffentlichkeitswirksam ausgefochten we in den zurückliegenden Monaten. (Und der nächste kommt bestimmt.)

„Leider müssen wir Sie darüber informieren, dass wir Ihnen derzeit nicht alle Produkte des Lieferanten Heinz anbieten können“, hatte Edeka im Frühjahr enttäuschten Ketchup-Käufer an halbleeren Regalen offenbart. Weil man einer Preiserhöhung nicht zustimmen wollte, hatte Kraft Heinz die Lieferung seines Marken-Ketchups ausgesetzt. Es sei „trotz harter Verhandlungen nicht gelungen, eine Einigung […] zu erzielen“, erklärte der Händler seinen Kund:innen daraufhin (siehe Supermarktblog).

Sind Einkaufsallianzen rechtens?

Die Ausgangssituation der Konflikte ist immer dieselbe: Wenige multinational operierende Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs (Fast Moving Consumer Goods) stehen in Deutschland wenigen Handelsketten gegenüber, die immer größere Teile des Geschäfts mit den Endkund:innen kontrollieren. Beide Seiten bestehen auf die jeweils besten Konditionen zu ihren Gunsten. Dabei verschärft sich der Tonfall zunehmend.

Hersteller geben an, Kostensteigerungen für Rohstoffe und Produktentwicklung weitergeben zu müssen; gleichzeitig ärgern sie sich über die Einkaufsallianzen, mit denen Handelsketten aus unterschiedlichen europäischen Ländern gemeinsam bessere Konditionen durchsetzen wollen, etwa für das Aktionsgeschäft.

Edeka verhandelt im Bündnis AgeCore zusammen mit Coop (Schweiz), Intermarché (Frankreich), Colruyt (Belgien), Conad (Italien) und Eroski (Spanien). Rewe hat sich bei Coopernic mit E. Leclerc (Frankreich), Ahold Delhaize (Belgien, Niederlande) und Coop Italia zusammengetan. Der Markenverband wittert darin einen „Machtmissbrauch“. Die Händler entgegnen, über die Bündnisse lediglich gleiche Verhältnisse mit Handelskonzern wie der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) herstellen zu wollen, die länderübergreifend aktiv sind und international einkaufen.

Gleichwohl geraten solche Allianzen zunehmend in den Fokus von Gesetzgebern und Kartellwächtern. Die Europäische Kommission will u.a. prüfen (Abo), ob die beiden französischen Einzelhändler Casino und Intermarché innerhalb ihrer Einkaufsallianz unzulässige Absprachen getroffen und damit gegen das europäische Kartellrecht verstoßen haben.

Discounter lassen Margen schrumpfen

Preiserhöhungen der Hersteller werden von Händlerseite wiederum oft als überhöht eingestuft. Während man wesentlich dazu beitrage, Marken aufzubauen und am Markt zu etablieren, würden Nahrungsmittelkonzerne hohe Umsatzrenditen einstreichen, aber wenig in Produktinnovationen investieren. Gleichzeitig liefere die Industrie ihre Produkte zunehmend an Discounter, die mit Niedrigpreisen dafür sorgen, dass die Margen schrumpfen.

Den Herstellern wiederum geht es gegen den Strich, dass sie den Allianzen zusätzliche Rabatte einräumen sollen – ohne konkrete Gegenleistung zu erhalten.

Wird man sich nicht einig, lautet die Konsequenz in vielen Fällen: Auslistung oder Lieferstopp – zumindest vorübergehend. Rewe stritt mit Danone über vermeintlich ungerechtfertigte Preiserhöhungen. Edeka war sich uneins mit Mars und Red Bull. All diese Konflikte wurden letztlich wieder beigelegt.

Gleichwohl testen vor allem die Händler zunehmend aus, wie weit sie gehen können. Im vergangenen Jahr hatte Edeka sich bereits mit dem Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé angelegt und war bereit, über mehrere Wochen auf Thommy, Maggi, Nescafé und Wagner zu verzichten, um die eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Wem diese Strafmechanismen mehr schaden? Lässt sich im Voraus oft gar nicht so genau sagen.

Nicht auf sichere Umsätze verzichten

Wenn Kund:innen ihr komplettes Einkaufsbudget zur Konkurrenz tragen, weil sie dort das gewohnte Angebot finden, trifft das Händler massiv. Umgekehrt gehen Hersteller das Risiko ein, dass Konsumenten nach Lieferstopps zum Produkt eines anderen Herstellers oder der Eigenmarke des Händlers greifen, sich umgewöhnen und gar nicht mehr zum „Original“ zurückkehren.

Ohnehin wird sich der Handel zunehmend der Macht bewusst, die er mit seinen Eigenmarken ausüben kann. Dank innovativer Rezepte und moderner Verpackungen nehmen viele Kund:innen die Produkte inzwischen als (gleich)wertige Alternative zu klassischen Marken wahr. Um Heinz zu ersetzen, ließ Edeka dieses Jahr seinen eigenen „Marken“-Ketchup unter dem Namen „Papa Joe’s“ entwickeln, der dem Vorbild zum Verwechseln ähnlich sah.

Mit solchen Aktionen signalisieren Händler den großen Herstellern zunehmendes Selbstbewusstsein. Gleichwohl wissen die Nahrungsmittelkonzerne, dass Edeka, Rewe & Co. nur ungern auf Umsätze verzichten, die ihnen hochpreisige Markenartikel sichern – selbst wenn sich mit günstigeren Eigenmarken bessere Margen erzielen lassen.

Heute Gegner, morgen Partner

Dennoch scheint sich in den Führungsetagen der Konzerne langsam die Erkenntnis durchzusetzen, dass sie sich auch selbst bewegen müssen. So steigt die Bereitschaft, Exklusivmarken für Handelspartner herzustellen (wie Maggi, das „Koch Doch“-Fixgerichte für Edeka produziert) oder Produktlinienerweiterungen zunächst exklusiv bei ausgesuchten Partnern zu verkaufen (wie Kit Kat Ruby Cocao bei Rewe).

Darüber hinaus werden neue Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet. Die Nestlé-Tochter Wagner, die im vergangenen Jahr rückläufige Umsätze im Endkundengeschäft verzeichnete (vermutlich auch wegen des mehrwöchigen Verkaufsstopps bei Edeka), testete eine Kooperation mit dem Essens-Lieferdienst Lieferando. Der ließ die „Ernst Wagner Original“-Pizza, die es regulär im Handel zu kaufen gibt, bei Restaurantpartnern in Großstädten aufbacken und lieferte sie Kundinnen bzw. Kunden fertig verzehrbar nachhause.

Bedeutende Umsätze dürften sich darüber derzeit kaum generieren lassen. Dennoch gewinnen alternativen Vertriebswege an Bedeutung, um unabhängiger von traditionellen Partnern zu werden.

Kleinere Hersteller als Lückenbüßer

Kleinere Hersteller beobachten die Streits der Großen mit gemischten Gefühlen. Einerseits besteht die Chance, mit den eigenen Produkten auf frei werdende Plätze im Regal zu rücken, die nach der Auslistung großer Marken gefüllt werden müssen. Im Zweifel bleibt ihnen aber nur die Rolle als vorübergehender Lückenbüßer.

Wenn Kaufland in den Regalen jetzt wieder Platz für Unilever-Marken braucht, müssen die eingesprungenen Mittelständler mit ihren Produkten wieder weichen. Es würden bloß „einige wenige Alternativprodukte“ aus dem Sortiment genommen, erklärt der Händler gegenüber der „Stimme“. Aber angesichts des schieren Umfangs der Markenrückkehrer dürfte das unrealistisch sein.

Dazu kommt, dass mittelständische Hersteller angesichts der zunehmenden Marktkonzentration kaum noch Möglichkeiten haben, auf andere Händler auszuweichen, wenn die Konditionenwünsche beim bisherigen Partner nicht mehr erfüllt werden können. Weil sie eine Auflistung nicht so einfach aussitzen können wie Großkonzerne.

Wenn ein Großteil der bisherigen Standorte von Real an Konkurrenten wie Edeka oder Kaufland übergeht, dürfte das die Situation noch verschärfen.

So bleibt das Risiko, zwischen den Fronten aufgerieben zu werden – zumal die Handelsunternehmen zunehmend selbst als Produzenten tätig werden, so wie Edeka (mit Albi in der Saftherstellung) oder Lidl (mit eigenem Produktionswerk für Eiscreme).

Profitieren Kundinnen und Kunden von den Auseinandersetzungen? Ja, wenn Preise für Nahrungsmittel dadurch stabil bleiben. Und weil sich den öffentlich ausgetragenen Streits zwischen Handelsketten und Markenherstellern ein gewisser Unterhaltungswert nicht absprechen lässt.

Am Ende aber kehren die allermeisten Produkte ja doch wieder in die Regale zurück. Und nur einige wenige Akteure entscheiden, was es wo zu kaufen gibt. Daran kann eigentlich niemand ein Interesse haben – außer denen, die vorher noch lautstark miteinander gestritten haben.

  • Wie waren Ihre Einkaufserfahrungen während des Unilever-Verzichts bei Kaufland? Sind Sie auf andere Marken ausgewichen und haben gleichwertige Ersatzprodukte für sich entdeckt? Oder haben Sie den Laden gewechselt?
  • Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns in den Kommentaren!

Die ursprüngliche Version dieses Texts erschien im Oktober im „Börsenblatt – Wochenmagazin für den Deutschen Buchhandel“; für die Veröffentlichung im Blog wurde der Text überarbeitet und aktualisiert.

Fotos: Supermarktblog"

  Den regelmäßigen Blog-Newsletter abonnieren.

Schön, dass Sie hier sind! Darf ich Sie um einen kleinen Gefallen bitten?

Das Supermarktblog berichtet kritisch und unabhängig über den Lebensmittelhandel in Deutschland. Einnahmen aus Sponsorings und Werbung sichern den Basisbetrieb. Im Laufe der Zeit ist der Aufwand für das Projekt jedoch deutlich gestiegen.

Die regelmäßige Unterstützung der Blog-Leser hilft mir dabei, ausführliche Analysen und Hintergrundartikel zu recherchieren, die nicht ins Themenraster klassischer Medien passen müssen. Machen Sie mit? Geht schon ab 2 Euro im Monat und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank!

Jetzt unterstützen ⇢


Der Beitrag Hersteller gegen Händler: Wer hat den längsten Atem im Kampf um die Preishoheit? erschien zuerst auf Supermarktblog.


Quengelzone (3): Kaufland wirbt mit Unilever, Aldi Süd testet Kochboxen, die Bahn hilft Lebensmittelretten

$
0
0

Kaufland umwirbt Fans von Knorr, Axe und Viss

Huhu, hallo, Sie da! Jetzt stellen Sie sich halt nicht so an und kommen endlich wieder zurück zum früheren Großflächen-Discounter Ihres Vertrauens. Der hat schon eine Vermisstenanzeige auf Seite 1 seines aktuellen Wochenprospekts geschaltet: „Wiedersehen mach Freude“ steht da (in manchen Regionen) neben einem Stapel aus Magnum-Eis, Pfanni-Knödeln, Knorr-Salsasauce, Dove-Deo und Axe-Duschgel. Und was Kaufland damit eigentlich sagen möchte, ist natürlich:

„Unilever ist wieder im Sortiment.“

Immerhin ein Vierteljahr hat es gedauert, die Marken des Konsumgüterherstellers wieder komplett zurück in die Regale zu holen, nachdem sie dort längere Zeit Hausverbot hatten. Handelskette und Hersteller waren sich zuvor nicht über die künftigen Konditionen für die Produkte einig geworden.

Im November wurde der Streit schließlich doch noch beigelegt; wem die zwischenzeitliche Eiszeit mehr geschadet hat, ist Interpretationssache. Um einen Einzelfall handelt es sich dabei jedoch nicht: Große Handelsketten geraten immer häufiger mit großen Herstellern aneinander (siehe Supermarktblog).


Falls Sie sich jetzt Sorgen machen, eilt der Rewe-Chef zur Beruhigung: „Es besteht kein Grund, sich um die Lebensmittelhersteller zu sorgen“, argumentierte Lionel Souque gerade im Interview mit der „Wirtschaftswoche“ (Abo). Man habe es „bei den Verhandlungen nicht nur mit Mittelständlern und kleinen Start-ups zu tun, sondern auch mit börsennotierten Großkonzernen, die in den vergangenen Jahren durch Fusionen gewachsen sind.“ Und deshalb eine enorme Marktmacht besäßen.

Die Handelsketten kriegen das freilich auch ohne Börsennotierung hin: Rewe hat sich die Sky-Supermärkte im Norden einverleibt, Edeka einen Großteil von Kaiser’s Tengelmann gefressen, und wenn Kaufland in Kürze geschätzte 100 Filialen von Real erbt (siehe Supermarktblog), würde das noch mal einen gewaltigen Expansionsschub für die Schwarz-Tochter bedeuten, die bislang bundesweit um die 660 Märkte zählt.

Das macht das Gejammer über die fiesen Markenheinis in ihren Konzernzentralen immer ein bisschen – na, wie sagt man? Ach ja: unglaubwürdig.


Discounter, Kochbox, Herd – zack, fertig!

„Ein frisch gekochtes Essen schmeckt zwar lecker, ist aber oft zeitaufwändig“, heißt es im Volksmund, nee: im aktuellen Wochenprospekt von Aldi Süd. Wo man es seinen Kund:innen nun einfacher machen möchte, „schnell für eine ausgewogene Mahlzeit einzukaufen und diese zuzubereiten“.

Ziemlich genau ein Jahr nachdem Wettbewerber Lidl ähnliche Versuche aufgegeben hatte, stellt Aldi Süd deshalb Kochboxen ins Aktionsregal. Die angebotenen Gerichte sind absolute Genre-Klassiker: Grünes Thai-Curry, italienische Lasagne, Tomaten-Paprika-Suppe. Curry-Paste, Kokosmilch, Lasagneplatten, Gemüse etc. sind in den Packungen drin, die Rezepte stehen drauf. Worauf warten Sie noch?


Foto [M]: Aldi Süd/Smb

Beim Preis liegen die Aldi-Süd-Boxen mit 3,33 Euro ein ganzes Stück unter den Lidl-Varianten (die freilich rezeptraffinierter waren).

Im vergangenen Jahr hatte bereits der österreichische Aldi-Ableger Hofger Kochboxen für 3,99 Euro angeboten. Auf Anfrage hieß es bei Hofer damals, es handele sich „um einen einmaligen Aktionsartikel“. Wenn der nun bei Aldi Süd gut ankommt, dürfte eine Fortsetzung aber wohl kaum ausgeschlossen sein. Die Schwester Aldi Nord hatte zuvor eher mäßigen Erfolg mit ihrem „Rezept der Woche“: Die in Gittertischen mit den dafür benötigten Zutaten wurden schnell wieder abgeschafft.

Wie sehr der Handel immer noch damit beschäftigt ist, die passende Strategie zu finden, um Kund:innen Komplettangebote für Mittag- und Abendessen zu machen, steht in diesem Supermarktblog-Text.


Targets Lieferdienst gängelt Mitarbeiter:innen

Um Walmart und Amazon mit ihren Lebensmittel-Lieferambitionen nicht an sich vorbeiziehen zu lassen, hat Wettbewerber Target 2017 das Liefer-Start-up Shipt übernommen (siehe Supermartkblog). Im vergangenen Jahr wurden dessen Services in Website und App von Target integriert, damit Kund:innen sich ihre Online-Bestellungen noch leichter am selben Tag nachhause bringen lassen können.

Gerade hat Shipt einen neuen Gesamtauftritt verpasst bekommen, der sehr viel mainstreamiger wirkt als bisher. Das coole Ufo im Logo musste einer Einkaufstasche in S-Form weichen. Und der animierte Schriftzug grüßt zunächst mit einem hopsigen „hi“, das sich dann zu „Shipt“ ausfaltet.

Hinter den Kulissen geht’s nicht ganz so happy zu, wie die freundlichen Lieferdamen auf den PR-Fotos suggerieren: Motherboard von Vice.com hat recherchiert, dass Shipt-Kurierfahrer:innen weniger verdienen, seitdem ein neues Entlohnungsmodell in Kraft gesetzt wurde, und dass es Druck gibt, Kund:innen Zusatzdienste anzubieten, für die sie nicht extra bezahlt werden (Gassi gehen, Müll rausbringen etc.). Das muss dieses „commitment to fast and personalized service“ sein, das Shipt-CEO Kelly Caruso meint bzw. wie es das Unternehmen auf Twitter nennt: #OverdeliveringDelivery.


… und sonst:

Die Bahn kooperiert mit den Lebensmittelretter:innen von Sirplus und will in Snackautomaten, Pardon: „Rettomaten“ (auf dem Foto unten rechts) Produkte mit abgelaufenem MHD verkaufen, die noch genieß- bzw. vewertbar sind: derzeit z.B. Edelschokolade für 4,60 Euro und vegane Handcreme für 4 Euro. Was man halt so braucht auf zugigen S-Bahngleisen an Umsteigebahnhöfen.

Rewe und Spar holen in Österreich Milch in der Mehrweg-Glasflasche zurück in ihre Läden („Kleine Zeitung“). Rewe-Chef Souque verspricht (in der „Wiwo“) derweil: „Kurz vor Ostern werden wir in Köln damit starten, in allen Märkten Bio-Obst und Bio-Gemüse ohne Verpackung zu verkaufen.“

Lidl hat ein neues Hobby: Kühlregalexperimente. Nach der Blockplatzierung von Bio-Produkten gibt’s neuerdings Käsespezialitäten im Flechtkörbchen. Eingerahmt von zwei Bannern mit dem Aufdruck „Vielfalt aus der Käsewelt“ (Foto) werden neuerdings in drei Regalstufen übereinander u.a. Grüner Pestokäse, Bio-Ringelblumen-Käse, Reblochon, St. Galler Rahmkäse und „Scharfer Paul“ angeboten. Netto (ohne Hund) kennzeichnet Käse-Spezialitäten schon seit längerem separat in der Kühlung.

Whole Foods benennt seine Eigenmarke „365 Everyday Value“ (Foto) in den USA in „365 Whole Foods Market“ um und spendiert ein neues Logo und deutlich modernere Packungsdesigns (IGD Retail). Hierzulande heißt die Eigenmarke der Kette einfach „Whole Foods Market“.

Und Carrefour nutzt künstliche Intelligenz, um Ersatzartikel für Online-Besteller:innen zu kommissionieren, die zu deren Kaufverhalten passen (LSA).

Danke an Klaus und Hans Jürgen!

Fotos: Supermarktblog"

  Den regelmäßigen Blog-Newsletter abonnieren.

Dieser Text hat Ihnen gefallen?

Dann helfen Sie doch mit, dass mehr davon erscheinen können!

Im Supermarktblog stehen seit 2011 selbst recherchierte Texte und Hintergrund-Analysen zu den Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel. Das macht großen Spaß – und ziemlich viel Arbeit. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, diese Arbeit zu finanzieren und weiter unabhängig berichten zu können.

Sind Sie dabei? Geht schon ab 2,50 Euro im Monat und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank!

Jetzt unterstützen ⇢


Der Beitrag Quengelzone (3): Kaufland wirbt mit Unilever, Aldi Süd testet Kochboxen, die Bahn hilft Lebensmittelretten erschien zuerst auf Supermarktblog.

Verpackungsreduktion im Supermarkt: Wettstreit der Weglasser

$
0
0

Immer wenn die Deutsche Umwelthilfe veranschaulichen will, wieviele Einwegflaschen, Einwegverpackungen und Coffee-to-Go-Becher hierzulande weggeworfen werden, stapelt sie sie in Gedanken aufeinander und rechnet dann aus, wie oft das bis zum Mond und zurück reicht. Was natürlich Quatsch ist. Aber mit den Pressemitteilungen deutscher Supermarktketten zur Reduktion von Verpackungen ginge das zur Abwechslung auch.

Kaum eine Woche vergeht, in der nicht mindestens einer der großen Händler kommuniziert, welcher Plastikstrohhalm und welcher Joghurtdeckel künftig weggelassen werden.

Diese Mitteilung hier zum Beispiel, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese, diese und die noch.


Nie zuvor ist im Lebensmitteleinzelhandel so umfassend über derartige Einsparmaßnahmen diskutiert worden. Und tatsächlich bemühen sich alle großen Ketten darum, die gängigsten Änderungen umzusetzen. Die Fortschritte, die dabei erzielt wurden, sind in den Märkten unübersehbar.

  • Bio-Bananen und Bio-Zucchini werden ganz selbst verständlich mit Klebebanderolen statt in Plastikbeuteln angeboten.

  • Satt in festen Plastikschalen liegen Produkte in Trägern aus karton oder Graspapier.

  • Ja, das geht sogar mit Beeren.

  • Lidl verkauft Cocktail-Tomaten (saisonabhängig) inzwischen sogar lose.

  • Selbst Amazon Fresh wickelt nun Papierbanderolen um Bio-Bananen und Bio-Zitronen, um den nachhause gelieferten Wocheneinkauf nicht mit einem ganz so argen Plastikwegwerfritual beginnen zu lassen.

Die allermeisten Händler folgen dabei der „Reduce, Reuse, Recycle“-Strategie, die sich international zunehmend durchsetzt (oder wie’s z.B. bei Rewe heißt: „vermeiden, verringern, verbessern“). Und sie nutzen das auch fürs Marketing.

Datteltomaten im Plastikeimer

Kürzlich hatte Lidl bereits damit geworben, in seinem Obst- und Gemüse-Sortiment „immer mehr unverpackt“ anzubieten; Netto (ohne Hund) schreibt gerade selbstbewusst auf Plakate:

„Reinbeißen ohne Gewissensbisse: Äpfel haben wir ohne Verpackung!“
„Grüner wird’s nicht: Gurken haben wir unverpackt!“
„Plastikvermeidung – jetzt mit Stiel.“

Und:

„Für alle, die bei Plastik rot sehen. Du willst unverpacktes Obst und Gemüse? Dann geh doch zu Netto.“

Ganz so konsequent, wie das klingt, ist’s dann aber doch nicht. Mag sein, dass es bei Netto (ohne Hund) wirklich „bis zu 100 … Artikel“ verpackungsfrei gibt. Aber allen, die bei Plastik rot sehen, bietet sich dazu im Laden immer noch genügend Gelegenheit (siehe dazu auch Supermarktblog).

Äpfel in Bio-Qualität gibt’s beim Edeka-Discounter auch weiterhin verpackt: im Papierträger mit Folienüberzug; Datteltomaten in riesigen Plastikeimern; Paprika im Plastikschlauch; Birnen, Tomaten und Champignons in Plastik- statt Papierschalen.

So begrüßenswert der grassierende Einspar-Enthusiasmus auch sein mag: Die allermeisten klassischen Supermärkte und Discounter stehen damit noch ziemlich am Anfang.

Um dem Verpackungsüberfluss den Kampf anzusagen, müssten sich die Handelsketten noch von viel mehr lösen als bloß von überflüssigen Folien und Schalen: vor allem von der Gewohnheit, Kund:innen vieles in vorgepackten Großportionen und aktionsrabattierten Mengen zu verkaufen, kurz gesagt: von einem nicht unwesentlichen Teil ihres bisherigen Geschäftsmodells.

Selbst dann bliebe ein großer Teil des Sortiments weiterhin eine kleine Hölle für Verpackungs-Paranoiker. (Das gilt im übrigen genauso für den Bio-Fachhandel, der bei Obst und Gemüse Maßstäbe setzt – und gleichzeitig dabei versagt hat, frühzeitig auf umweltschonendere Verpackungsalternativen für alle übrigen Bio-Lebensmittel hinzuwirken.)

Längst überfällige Änderungen

Die jetzigen Änderungen demonstrieren vor allem eines: Wie nachlässig der Lebensmitteleinzelhandel lange mit dem Thema umgegangen ist und es – aus Komfort oder Gewohnheit – ignoriert hat. Was nicht mehr geht, seitdem die Thematik im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion angekommen ist.

Genau betrachtet hätten viele Änderungen längst umgesetzt werden können, sie hatten in den Zentralen bloß keinerlei Priorität, auch weil es die allermeisten Kund:innen nicht vehementer eingefordert haben. Anders formuliert:

  • Dass u.a. Edeka, Netto (ohne Hund) und Kaufland ihren Eigenmarken-Joghurts keine Einweg-Plastikdeckel mehr überstülpen und stattdessen wiederverwertbare Varianten dazu schenken verkaufen: gute Sache, aber längst überfällig.

  • Dass z.B. Kaufland, Rossmann und dm Taschentücher-Boxen mit Papierlaschen und ohne unnötige Folien-Sichtfenster anbieten: super, aber längst überfällig.

  • Dass Lidl Nüsse bei gleichem Inhalt in kleinere Packungen füllt: richtig so, aber längst überfällig.

  • Dass Rewe bei Fertigsalaten in Plastikschalen zumindest den zusätzlichen Deckel weglässt, weil die Folie obendrüber auch reicht: wenigstens ein Anfang, aber längst überfällig.

Dass nicht alles immer so schnell geht, wie sich die Kund:innen das wünschen, ist dabei gar nicht das (Haupt-)Problem. Händler müssten bloß lernen, im Laden besser zu erklären, weshalb Gurken zwischenzeitlich womöglich doch wieder plastikverpackt sind, um in Wintermonaten auf längeren Transportwegen nicht labberig zu werden und im Abfall zu landen. (Wobei inzwischen ja  alle Ketten eine Lösung für das Problem gefunden zu haben scheinen.)

Kommunikation statt Kampagnen!

Wenn wieder irgendein Markenprodukt aus dem Regal fliegt, weil sich Händler und Hersteller nicht über die künftigen Konditionen einig geworden sind, kriegen das die allermeisten ja auch hin.

Genau daran fehlt es oft aber: An ehrlicher, erklärender Kund:innen-Kommunikation –an Erklärungen, warum etwas noch nicht funktioniert, oder welche Änderungen als nächstes bevorstehen. Das wäre allemal glaubwürdiger als Werbekampagnen, die demonstrieren sollen, wie toll sich alle schon anstrengen – vor allem dann, wenn die Realität im Regal von den Kund:innen ganz anders wahrgenommen wird:

Unzureichend erklärt schaden solche Aktionen der Glaubwürdigkeit mittelfristig eher (siehe Supermarktblog).

Um aber nochmal auf die großen Markenhersteller zurückzukommen: Interessant ist, wie konsequent Edeka, Rewe, Lidl, Aldi & Co. zwar stets mit der Industrie darum ringen, die günstigsten Preise zu erzielen – diese Verhandlungsmacht aber selten dafür einsetzen, Produktlistungen mit der Auflage zu verbinden, dass Hersteller die Verpackungen ihrer Marken zur Kund:innenbezirzung am Regal nicht unnötig aufblasen.

(In Großbritannien hat Tesco angekündigt, zumindest die Listung von Marken mit zu hohem Anteil nicht recycling-fähiger Verpackung in Zukunft zu überdenken.)

Erfolge vs. „Ingwer-Shots“

Die Zahl der bunten Plastikdeckel auf Marken-Joghurts und unnötig üppig verpackten Marken-Kekse ist jedenfalls nach wie vor riesig. Vielen Herstellern scheint das Thema weiterhin nur dann relevant zu sein, wenn sich über ökologisierte Produktvarianten Geld damit verdienen lässt.

(Zugegebenermaßen hält sich die Autorität eines Händlers, der auf der einen Seite weggelassene Gurkenfolien predigt, aber auf der anderen Einwegplastikfläschchen-„Ingwer-Shots“ in Gittertische kippt, bei Verhandlungen wohl auch in Grenzen.)

Anstatt nur zu nörgeln, kann man natürlich die Erfolge der vergangenen Monate feiern: zum Beispiel, dass wiederverwertbare Knotenbeutel für loses Obst und Gemüse selbst im Discounter heute zum Standard gehören. Und dass Bio-Obst und Gemüse mit Laser-Gravur auf der Schale sich tatsächlich durchsetzen. Sieht im Zweifel auch noch ziemlich super aus:

Noch vor ein paar Jahren wäre vieles davon (zumindest für mich) kaum vorstellbar gewesen. Dabei tun sich viele deutsche Handelsketten mit Innovationen aus eigener Kraft tendenziell natürlich weiterhin schwer.

Kräuter ohne Topf, Milch ohne Deckel

Dass es Händler in europäischen Nachbarländern nicht unbedingt besser machen, belegen z.B. diese traurigen, einzeln in Plastik eingeschweißten Paprika bei Jumbo in den Niederlanden:


Es gibt aber auch eine Menge, dass sich aus anderen Ländern noch abgucken lässt.

  • Merkur in Österreich kann Salate ohne Plastikschale (aber leider weiter mit Deckel).

  • In Schweden beschreibt Markenhersteller Arla auf Joghurt-Packungen nicht nur exakt, wie man den letzten Tropfen Inhalt rausdgedrückt bekommt, sondern hat auch an die Perforation gedacht, um die Materialien getrennt voneinander  recyceln zu können.
  • Und der Aldi-Ableger Hofer lässt bei seiner Zurück-zum-Ursprung-Heumilch (ebenfalls in Österreich) den Drehverschluss ganz weg, spart damit fast die Hälfte des bisherigen Materials und bringt Kund:innen bei, wie man Milchtüten wieder wie früher aufreißt.

Wäre halt schön, wenn sich diese Änderungen durchsetzen, ohne dass Supermärkte und Discounter jedes Mal wieder wieder beklatscht und getätschelt werden wollen.

Dabei ist die Erwartungshaltung zahlreicher Kund:innen zweifellos ähnlich anstregend. Manche glauben, die Verpackungsberge, die sie gestern noch ohne zu murren eingekauft haben, ließen sich mit einem Fingerschnips in Luft auflösen. Andere übersehen, dass nicht jede Verpackung überflüssig ist, wenn sie dabei hilft, Lebensmittel länger haltbar zu machen. Die schwierigste Erkenntnis ist vielleicht, dass sich vieles nur ändern lässt, wenn wir auch bereit sind, einen Teil unserer Einkaufsgewohnheiten anzupassen.

Führt weniger Plastik zu mehr Plastik?

Ende des vergangenen Jahres berichtete der „Guardian“ über eine Recherche der britischen Environmental Investigation Agency (EIA) mit Greenpeace: Obwohl alle großen Händler Einwegtragetaschen aus Plastik in Großbritannien entweder kostenpflichtig gemacht oder ganz abgeschafft hatten, sei der Plastikverbrauch bei sieben von zehn Supermarktketten von 2017 auf 2018 gestiegen. Und zwar im Wesentlichen, weil öfter die als Ersatz angebotenen Permanent-Tragetaschen gekauft wurden. Die Verkaufszahl der „bags for life“ sei in den vergangenen Monaten geradezu explodiert, heißt es in der Untersuchung.

Ganz so weit, wie uns Werbekampagnen und Pressemitteilungen weismachen wollen, sind wir also vielleicht noch nicht.

Um wirklich weniger Einwegverpackungen zu verbrauchen, werden sich Handelsketten und Kund:innen beide sehr viel stärker als bisher mit Mehrweglösungen auseinander setzen müssen. Das dürfte deutlich anstrengender werden als Plastik- durch Papierschalen zu ersetzen und beim nächsten Einkauf daran zu denken, eine eigene Tasche mitzunehmen. Mehr dazu steht bald hier im Blog.

Danke an Jürn für die Arla-Fotos!

Fotos: Supermarktblog"

Dieser Text hat Ihnen gefallen?

Dann helfen Sie doch mit, dass mehr davon erscheinen können! Im Supermarktblog stehen seit 2011 selbst recherchierte Texte und Analysen zu den Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, diese Arbeit zu finanzieren und weiter unabhängig berichten zu können. Sind Sie dabei? Geht schon ab 2,50 Euro im Monat und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank!

Jetzt unterstützen ⇢


Der Beitrag Verpackungsreduktion im Supermarkt: Wettstreit der Weglasser erschien zuerst auf Supermarktblog.

Nach der Real.de-Übernahme: Kriegt Kaufland im Online-Geschäft doch noch die Kurve?

$
0
0

Kaufland.de – unendliche Weiten: Sonderangebote, Gewinnspiele und Servicetipps soweit das Auge reicht. Aber nirgendwo ein Bestell-Button in Klicknähe. Das soll sich in den kommenden Wochen ändern. In dieser Woche hat die zur Schwarz-Gruppe gehörende Handelskette bekannt gegeben, außer zahlreichen Filialen auch das Digitalgeschäft des Wettbewerbers Real übernehmen zu wollen.

Im Gegensatz zu den stationären Märkten, bei denen sich Ex-Eigentümer Metro über Jahre hinweg dringend notwendige Investitionen sparte (siehe Supermarktblog), hatte sich Real.de zuletzt zu einem echten Erfolg entwickelt – bedingt vor allem durch die vorherige Übernahme und Fusion mit Hitmeister.de, das im neuen Angebot aufging.

Inzwischen funktioniert Real.de als Online-Marktplatz, über den zahlreiche Händler ihre Produkte verkaufen, inklusive angedocktem Lebensmittel-Shop, bei dem Produkte (bislang) in Real-Filialen kommissioniert und den Kund:innen anschließend von Lieferpartnern zugestellt wurden.


Vom künftigen Eigentümer heißt es nun, man plane, den Online-Marktplatz „unter dem Namen Kaufland als Teil des Digitalgeschäfts der Schwarz Gruppe“ weiterzuführen. Ob dies auch für den Lebensmittel-Shop gilt, will Kaufland aktuell noch nicht sagen. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt eine Sprecherin:

„Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir über strategische und operative Details erst sprechen, wenn die kartellrechtlichen Prüfungen abgeschlossen sind.“

Vom Digitalprospekt zum Online-Marktplatz

Durch den Neuerwerb – wenn er denn genehmigt wird – dürfte kaufland.de in jedem Fall vom Digitalprospekt mit Service-Ecke zu einer der stärksten Online-Marktplätze im deutschsprachigen Raum aufsteigen. Was gleich in mehrfacher Hinsicht kurios ist.

Zum einen, weil damit ausgerechnet der Geschäftszweig, bei dem Real zur richtigen Zeit den richtigen Riecher hatte, nun bei dem Konkurrenten landet, der sich zuletzt fast ausschließlich an sein klassisches Filialgeschäft klammerte.

Und zum anderen, weil sich bei Kaufland damit der Kreislauf eines geradezu spektakulären Management-Versagens schließt.

Die Älteren unter den Supermarktblog-Leser:innen werden sich erinnern: 2016 startete Kaufland in Berlin mit einem eigenen Lebensmittel-Lieferservice (siehe Supermarktblog) und experimentierte mit Abholstationen. Keine anderthalb Jahre später wurde der Dienst per Kurzschlussentscheidung aber wieder eingestampft, um sich auf den geplanten Marktstart in Australien zu konzentrieren („Kaufland startet in Australien durch“). Anfang 2020 wurde nun der geplante Markstart in Australien per Kurzschlussentscheidung wieder einkassiert, um sich auf die Übernahme von 88 Real-Filialen in Deutschland zu konzentrieren. In deren Zuge man sich nun wieder ein – bereits erfolgreich etabliertes – Online-Geschäft anlacht.

Und man wüsste schon ganz gerne, was das Unternehmen sich diesen Schlingerkurs hat kosten lassen. (Und wie Kaufland heute dastünde, wenn die Kohle stattdessen in den konsequenten Ausbau des Lieferservices geflossen wäre; siehe dazu auch Supermarktblog).

Kauflands neuer Kumpel Košík

Nun ist, wie gesagt, noch nicht klar, ob Kaufland nach der Real.de-Übernahme auch wieder Lebensmittel-Lieferbereitschaft signalisiert – wobei die Marktbedingungen sich, bedingt durch Corona, inzwischen noch einmal grundlegend verändert haben. So lange viele Konkurrenten weiter eher zögerlich agieren, stehen die Chancen zumindest nicht so schlecht, einen neuen Online-Anlauf zu unternehmen.

Auf Dauer wird Kaufland sich der Marktentwicklung jedenfalls kaum verschließen können. Aber das weiß man in der Zentrale schon ganz gut selbst.

In Tschechien ist die Handelskette gerade eine Kooperation mit dem Lebensmittel-Lieferdienst Košík.cz eingegangen (Pressemitteilung auf Tschechisch), der zu der aus diversen E-Commerce-Unternehmen zusammengesetzten Mall Group gehört (die u.a. von Metro-Miteigentümer Daniel Křetínský unterstützt wurde). Die Zusammenarbeit beschränkt sich aktuell darauf, dass Košík-Kund:innen 600 Kaufland-Eigenmarkenprodukte über die Plattform bestellen können. Ähnliche Partnerschaften haben die Tschechen mit dem britischen Tiefkühlspezialisten Iceland aus Großbritannien sowie den Handelsketten Delmart und Wine Food geschlossen.


Screenshots [M]: kosik.cz/kaufland.cz/Smb

Im Promo-Video läuft Kaufland-Tschechien-CEO Stefan Hoppe selbst durch seinen Laden, um einen Einkauf zu kommissionieren, den er draußen vor der Tür dem Košík-CEO Tomáš Jeřábek übergibt (mit Handschlag, argh!), woraufhin der ihn direkt zur Kundin an die Tür bringt.

Jeřábek scheint ganz verliebt zu sein und lässt sich mit den Worten zitieren:


„Wir wollen zeigen, wie eine großartige Partnerschaft zwischen einer Handelskette und einem Online-Supermarkt aussehen kann.“

Košík ist in Tschechien durchaus ambitioniert unterwegs und lässt seine Kund:innen in Prag und anderen Städten des Landes aus rund 16.000 Produkten auswählen, die dann mit eigenen Fahrzeugen geliefert werden; seit Mai lässt sich auch im Rest des Landes bestellen, dann aber per Paket (und mit eingeschränkter Auswahl).

Glovo liefert für Kaufland in Rumänien

Bereits seit dem vergangenen Jahr kooperiert Kaufland zudem in Rumänien mit dem (in Spanien gegründeten) Start-up Glovo, das sich in mehreren europäischen Ländern als Universalzustelldienst zu etablieren versucht. Über die Glovo-App können Kund:innen aus (aktuell) 2.000 Kaufland-Artikeln auswählen und diese bestellen. Die Online-Einkäufe werden in Filialen zusammengestellt und innerhalb einer Stunde an die Wunschadresse gebracht. Das kostet umgerechnet rund 3,30 Euro Liefergebühren (pro Bestellung); wer für weniger als 13 € bestellt, zahlt außerdem einen kleinen Zuschlag.

Wie wichtig die Partnerschaft für Glovo zu sein scheint, zeigt sich darin, dass das Start-up Kaufland in seiner App sogar ein eigenes Plätzchen direkt auf dem Startbildschirm reserviert hat:


Abb. [M]: Kaufland/Glovo/Smb

In beiden Fällen konzentriert sich Kaufland auf seine bisherigen Kernkompetenzen: Lebensmittel für den täglichen Bedarf anzubieten, ohne sich dabei in Be- und Zustellung einzumischen. Beides überlässt man in Tschechien und Rumänien Lieferpartnern, die sich genau darauf spezialisiert haben.

Die Entmumifizierung startet – jetzt

Damit gibt man zwar einen wesentlichen Teil des Prozesses aus der Hand (und verfügt über keinerlei Direktkontakt zu den Online-Besteller:innen). Das passt aber zu der Begründung, mit der die Handelskette 2017 ihren eigenen Lieferservice in Berlin einstellte. Damals hieß es, „mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit“ könne sich „ein Lieferservice im Lebensmittelbereich auf Sicht nicht kostendeckend betreiben“ lassen. Also: zumindest nicht von Kaufland.

Um sich ein Stück weit zu entmumifizieren und auf Dauer nicht komplett aus dem Online-Geschäft mit Lebensmitteln heraushalten zu müssen, wäre es schlüssig, einen Teil dieses Risikos an Partner auszulagern.

Umso interessanter wird, ob das neue kaufland.de zumindest teilweise an das anknüpft, was mit dem Lieferservice mal begonnen wurde – und zukünftig doch wieder Liefer-Lebensmittel angeboten werden. Auch in Deutschland stünden Partner bereit, die die Zustellung (und mehr) übernehmen wollen würden (siehe Supermarktblog). Und Kaufland könnte – ausgerechnet dank seines bislang größten Konkurrenten – im Online-Geschäft am Ende doch noch die Kurve kriegen.

Titelfoto [M]: Supermarktblog/real.de"

Dieser Text hat Ihnen gefallen?

Dann helfen Sie doch mit, dass mehr davon erscheinen können! Im Supermarktblog stehen seit 2011 selbst recherchierte Texte und Analysen zu den Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, diese Arbeit zu finanzieren und weiter unabhängig berichten zu können. Sind Sie dabei? Geht schon ab 2,50 Euro im Monat und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank!

Jetzt unterstützen ⇢


Der Beitrag Nach der Real.de-Übernahme: Kriegt Kaufland im Online-Geschäft doch noch die Kurve? erschien zuerst auf Supermarktblog.

Kaufland vollzieht Übernahme: Real.de verabschiedet sich vom Lebensmittelshop und Payback [Update]

$
0
0

Bitte Aktualisierung am Ende des Texts beachten!

In der vergangenen Woche hat Marktplatzanbieter Real.de seine Kund:innen per E-Mail darüber informiert, kurzfristig Abschied von seinem Kundenbindungsprogramm Payback nehmen zu wollen – aber nur online:

„Ab dem 1.10.2020 wird das Sammeln und Einlösen von PAYBACK Punkten auf dem real.de Marktplatz leider nicht mehr möglich sein. Wir verstehen, dass dies sehr plötzlich für Sie kommt, möchten Ihnen diesbezüglich aber die Sorgen nehmen: Auf Sie warten viele Vorteile!“

Per Link wurden Kund:innen auf die Real.de-Website geführt, um dort Ihre Einwilligung zur künftigen Zusendung des „Marktplatz“-Newsletters zu erteilen und „alle wichtigen Infos zu unserem neuen Bonusprogramm zu erhalten“. Als Köder wurde ein 5-Euro-Gutschein ausgelegt, der bis Mitte Oktober eingelöst werden kann.

ANZEIGE
Jetzt Supermarktblog-Sponsor werden!

An gleicher Stelle kommuniziert Real auch, dass die Payback-Services in den Real-Märkten „davon nicht betroffen“ seien. (Heißt: stationär wird Payback weiter akzeptiert.)

Wann übernimmt kaufland.de?

Vor wenigen Tagen hatte Real.de bereits seinen „Lebensmittelshop“ eingestellt, wie neuhandeln.de zuerst berichtete. Dass nun der Abschied von Payback dazu kommt, dürfte kein Zufall sein. Am 30. September endet für die SB-Warenhauskette das Geschäftsjahr. All das spricht dafür, dass die Übernahme durch den neuen Eigentümer kurz bevor stehen könnte: Kaufland.

Im Juni hatte die Schwarz-Gruppe bekannt gegeben, sich mit dem neuen Real-Eigentümer SCP darüber einig zu sein, das erfolgreich etablierte Marktplatzgeschäft zu übernehmen und mit dem eigenen Angebot unter kaufland.de zusammenzuführen (siehe Supermarktblog). Weitere Informationen wurden bislang nicht kommuniziert.

Derweil lässt die kartellrechtliche Genehmigung der Übernahme von bis zu 101 stationären Real-Märkten durch Kaufland weiter auf sich warten. Zuletzt hatten die Kartellwächter:innen die Prüffrist bis in den November verlängert.

Dadurch zerschlägt sich vermutlich der Plan von Kaufland, noch in diesem Jahr die ersten Märkte umstellen zu können, wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet.

Der Weg wäre frei

Mit der Übernahme des Marktplatzgeschäfts müsste sich Kaufland theoretisch nicht so lange Zeit lassen. Auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt ein Sprecher des Kartellamts:

„[D]ie Übernahme von real.de bzw. dem Digitalgeschäft von real ist nicht Teil der derzeit laufenden Prüfung in Sachen Kaufland / SCP (Real). Ein solches Vorhaben wurde bzw. wird vom Bundeskartellamt auch nicht separat geprüft.“

Grundsätzlich liege es im Ermessen der jeweiligen Parteien, zu entscheiden, ob Transaktionen separat angemeldet werden. Inwiefern ein Vorhaben anmeldepflichtig ist, hängt davon ab, ob gewisse Umsatzschwellen erreicht werden. Dass Kaufland im Digitalen bislang quasi keinerlei Rolle spielt, dürfte dem Unternehmen bei der Real.de-Übernahme deshalb zugute kommen – weil keine Genehmigung notwendig wäre.

Gut möglich also, dass Kaufland online schon mal loslegt, um dort nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Vom Bestell-Boom während der Hochphase der Corona-Krise hatte die Handelskette im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern nicht profitieren können, weil sie ja bislang über keinerlei Digitalgeschäft verfügt bzw. bisherige Ambitionen wieder eingestellt wurden (siehe Supermarktblog).

Bleibt noch die Frage, wie zügig Real.de umbenannt würde. Die SB-Warenhauskette mit ihren Märkten, die SCP nicht verkauft, könnte in Zukunft z.B. unter realmarkt.de weiter online erreichbar bleiben.

Real wollte sich auf Anfrage zur Einstellung von Payback auf Real.de zunächst nicht äußern.


Aktualisierung, 1.10.: Inzwischen ist bestätigt, dass Real.de seit diesem Donnerstag zu Kaufland gehört. In einem FAQ auf der Website („Alles, was Sie jetzt wissen müssen“) heißt es: „Die Transaktion wurde mit Wirkung zum 1.10.2020 vollendet.“

Im Impressum ist die Postanschrift der real Digital Operations GmbH als verantwortliches Unternehmen mit dem Zusatz „c/o Kaufland Stiftung“, Neckarsulm, angegeben. Als Geschäftsführer wird u.a. Rolf Schumann, Chief Digital Officer der Schwarz Gruppe, genannt.

Alle bisherigen „Vorteile des Marktplatzes“ sollen bestehen bleiben, weitere hinzukommen. Gutscheine blieben gültig, Bestellungen würden wie gewohnt bearbeitet, können aber nicht mehr in Märkte geschickt werden. Das Aus für Payback bei Real.de wird nochmals bekräftigt. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einem neuen Loyalitätsprogramm, um Ihre Treue mit attraktiven Vorteilen zu belohnen.“

Die Umstellung auf die Marke Kaufland solle im Laufe des kommenden Jahres erfolgen, meldet das Unternehmen am Mittag. Zudem habe die Europäische Kommission die fusionskontrollrechtliche Freigabe erteilt.

Der neue Web-Auftritt der SB-Warenhauskette Real – die unabhängig davon vorerst bestehen bleibt – scheint derweil (ähnlich wie vermutet) unter real-markt.de live zu sein (und ist auch über den Tab „Mein Markt“ auf Real.de erreichbar).

Danke an Sven!

Titel [M]: Real.de/Smb"

Dieser Text hat Ihnen gefallen?

Dann helfen Sie doch mit, dass mehr davon erscheinen können! Im Supermarktblog stehen seit 2011 selbst recherchierte Texte und Analysen zu den Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, diese Arbeit zu finanzieren und weiter unabhängig berichten zu können. Sind Sie dabei? Geht schon ab 2,50 Euro im Monat und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank!

Jetzt unterstützen ⇢

Der Beitrag Kaufland vollzieht Übernahme: Real.de verabschiedet sich vom Lebensmittelshop und Payback [Update] erschien zuerst auf Supermarktblog.

Kampf der Systeme: Wie positionieren sich Edeka, Rewe und Kaufland bis 2025 im Online-Lebensmittelhandel?

$
0
0

Zu Beginn der zweiten Corona-Welle gibt der Online-Lebensmittelhandel in Deutschland kein besonders gutes Bild ab (siehe Supermarktblog).

Während neue Herausforderer wie der Rohlik-Ableger Knuspr aus Tschechien ihren Deutschland-Start für nächstes Jahr angekündigt haben und bisherige Angreifer wie Getnow in die Knie gehen, dürfte Amazon noch auf Monate mit der Fokussierung auf die USA und Großbritannien beschäftigt sein (siehe Supermarktblog). Derweil suchen die etablierten Handelsketten weiterhin nach der richtigen Strategie für einen Markt, auf den sie nicht so richtig Bock haben.

Dabei zeichnet sich zumindest langsam ab, dass der deutsche Online-Lebensmittelhandel wie kein anderer zu einem Kampf der unterschiedlichen Systeme werden könnte. Ein kleiner Blick in die Glaskugel:

ANZEIGE
Jetzt Supermarktblog-Sponsor werden!


Edeka: Alles auf Picnic?

An Selbstbewusstsein mangelte es den Gründern des niederländischen Liefersupermarkts Picnic nicht, als sie anlässlich des fünften Geburtstags ihres Start-ups kürzlich Journalist:innen in ihre Zukunftspläne einweihten – und dabei mit einem Nebensatz quasi das bisherige Haupt-Liefergeschäft des Partners Edeka beerdigten.

„Edeka has tried to break open ‚online‘ via Bringmeister.de, also via its own platform for entrepreneurs and via Picnic. Of those three, Edeka has concluded that the Picnic model works best. Their online business is called Picnic’“,

erklärte Picnic-Mitgründer Joris Beckers gegenüber dem niederländischen Branchenportal Distrifood.nl.

Seine Zuversicht kommt auch daher, dass Edeka sich derzeit darum zu bemühen scheint, Picnic enger an sich zu binden. Die „Lebensmittel Zeitung“ (Abo-Text) berichtet, Edeka wolle seine Beteiligung an der deutschen auf die internationale Gesellschaft übertragen, und sei bereit, noch einmal 100 Millionen Euro zu investieren.

Kürzlich hatten die Partner bereits eine gemeinsame Einkaufsgesellschaft in Amsterdam gegründet. Everest – so der Name – soll sich um den Wareneinkauf sowie die Beschaffung und Entwicklung von Eigenmarken kümmern, deren Verpackungen für die Lieferung optimiert sind. (Weil sie Kund:innen ja nicht im Regal überzeugen müssen.) Labels sollen Angaben in deutscher, englischer, französischer und niederländischer Sprache aufgedruckt haben, um Picnic für die europäische Expansion vorzubereiten, die bereits für Frankreich und Großbritannien in Aussicht gestellt wurde.


Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Angesichts der Tatsache, dass Picnic in Deutschland weiterhin jeden neuen Laternenmast feiert, an den man zustellt, ohne dass absehbar wäre, wann man über das Stammbundesland Nordrhein-Westfalen hinauskäme, ist das – sagen wir: ambitioniert.

Für Edeka ist die Investition interessant, weil sich damit – theoretisch – zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen ließen. Erstens liefert Picnic eine Art Lichtblick im verflixten Online-Lebensmittelmarkt, den die Hamburger:innen mit ihren Genoss:innen bislang einfach nicht in den Griff kriegen (wollten). Zweitens ermöglicht die Kooperation Edeka eine potenzielle Expansion außerhalb des Heimatmarkts, der aufgrund zunehmender Konzentration kaum weitere Zukäufe möglich macht. (Im stationären Geschäft ist die Expansion z.B. in den Niederlanden nicht geglückt.)

Eine Übernahme von Picnic plane Edeka aber nicht, beeilte sich Beckers dazu zu sagen. Das dürfte vor allem daran liegen, dass weite Teile der Gruppe dem Online-Lebensmittelhandel weiterhin skeptisch gegenüber stehen.

Die bislang unbeantwortete Frage, mit der wir wieder am Anfang wären, lautet: Was wird aus der Edeka-Tochter Bringmeister, die weiterhin in Berlin und München mit zunehmend schrottiger aussehenden Lieferfahrzeugen ihre Runden dreht? Würde sich Edeka tatsächlich ganz auf Picnic verlassen wollen, müsste die Bringmeister-Abwicklung konsequenterweise nur eine Frage der Zeit sein. Allerdings überließe Edeka damit leichtfertig zwei große Märkte der Konkurrenz – während zugleich unklar ist, ob Picnic langfristig überhaupt als Liefermodell für Großstädte taugt.

Das ist – auch wenn man die PR-geübten Gründer anderes behaupten würden – bislang nämlich nicht erweisen.

Mit rund 800.000 Einwohner:innen ist Amsterdam bislang die größte Metropole, die von den kleinen Elektro-Lieferflitzern versorgt wird. Also: theoretisch. Kund:innen berichten von endlosen Wartelisten – auch Monate nach dem Start. In Deutschland dürfte Düsseldorf mit über 600.000 Einwohner:innen die Entsprechung sein; der Start in diesem Jahr hatte sich nicht nur länger hingezogen als geplant. Lokale Medien schreiben über das „Lange Warten auf Picnic“ (Abo-Text), weil nicht in ausreichendem Maße Lieferkapazitäten zur Verfügung stünden.

Eine Stadt wie München (rund 1,5 Millionen Einwohner:innen) dürfte da noch einmal eine ganz andere Herausforderung werden; und wie Picnic mit seinen für enge Straßen konzipierten E-Lieferfahrzeugen auf Kopfsteinpflaster bei der Lieferung in Mehrfamilienhäuser mit komplexen Hinterhofstrukturen in Berlin (knapp 3,8 Millionen) schlägt, kann vermutlich auch der pfiffigste Algorithmus nicht vorausberechnen.

Womöglich wird Bringmeister also doch nicht ganz so schnell von den Straßen verschwinden, wie man in Amsterdam zu glauben scheint.


Rewe: Lernen von Albert Heijn

Mit seinem Lieferservice setzt Rewe auf Kontinuität: Am Ende jeden Einkaufs spuckt das System eine Reihe ausgewählter Artikel aus, die zum (davor) ausgewählten Liefertermin nicht verfügbar sind; dann sucht man sich Alternativen raus, und zum Zustelltermin fehlt dann was anderes, für das weitere Ersatzartikel ausgelost werden. Aber: Die Kund:innen scheinen sich daran gewöhnt zu haben, dass Deutschlands zweitgrößter Vollsortimenter seine Verfügbarkeitsanzeige nicht so recht in den Griff kriegt.

Zuletzt experimentierte Rewe – zumindest in Berlin – mit deutlich abgesenkten Lieferkosten (2,90 Euro ab einem Warenwert von 50 Euro, 1,90 Euro ab 80 Euro, jeweils für Zwei-Stunden-Zeitfenster).

Eine Ausweitung des Diensts scheint weiterhin nicht zur Debatte zu stehen. Möglicherweise ist das Modell, mit dem Rewe Lebensmittel quer durch rund 70 Städte spazieren fährt (bzw. von Partnern wie Liefery fahren lässt), in seiner jetzigen Form tatsächlich an seine Grenzen gekommen. Das Ziel Automatisierung ist vor Augen – aber für den konsequenten Ausbau fehlt es offensichtlich an ernst zu nehmender Konkurrenz.

Wettbewerber Albert Heijn scheint es in den Niederlanden ähnlich gegangen zu sein. Seit Ende September testet der Marktführer aber den Liefer-Ableger „AH Compact“. In der 235.000-Einwohner:innen-Stadt Haarlem im Nordwesten des Landes bringt die Handelskette Kund:innen per App bestellte Lebensmittel und Drogeriewaren kostenlos nachhause. Voraussetzung ist, sie bestellen für mindestens 35 Euro und wählen einen der fixen Lieferzeitpunkte, zu denen AH-Compact-Zusteller:innen mit kompakten Lieferfahrzeugen in der Gegend sein werden.

Kund:innen müssen mit einem eingeschränkten Sortiment Vorlieb nehmen und können keine leeren Flaschen zurückgeben, aber Bonuspunkte sammeln und von regulären Wochenangeboten profitieren. Am Liefertag wird der Zeitpunkt auf 30 Minuten eingegrenzt. Das Modell ist fast eins zu eins vom Kontrahenten Picnic abgepaust worden, der ebenfalls in Haarlem liefert.

Albert Heijn betont, sich vorstellen zu können, es im Erfolgsfall auf weitere Gebiete auszuweiten. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre das in erster Linie ein Beleg dafür, dass Picnic mit seinem bisherigen Alleinstellungsmerkmal – keine Lieferkosten, fixe Zustellzeitpunkte – keineswegs unangreifbar ist.

Und dass es sich auch für andere Handelsketten rentieren könnte, mit mehreren Zustellmodellen zu arbeiten, die entweder parallel zueinander laufen könnten oder – je nach Zustellgebiet – den Vorzug erhalten. Ginge theoretisch ja auch, bevor Picnic da startet – hallo, Rewe Digital, noch jemand wach in Köln?


Kaufland: Flirt mit Kurierdiensten

Kommen wir zum vielleicht schwersten Fall: Kaufland. Nach der vorzeitigen Einstellung seines Lebensmittel-Lieferdiensts in Deutschland (siehe Supermarktblog) konnte die Handelskette in den vergangenen Monaten gar nicht von der massiv gestiegenen Online-Nachfrage profitieren. Das scheint sich jetzt zu wiederholen – nachdem man gerade das Marktplatzgeschäft von Real.de übernommen hat, ohne den bis vor wenigen Wochen aktiven Lebensmittelshop weiterzutreiben.

Damit hat Kaufland in den vergangenen drei Jahren schon die zweite Gelegenheit sausen lassen, im deutschen Online-Lebensmittelhandel mit den Ton anzugeben.

Das dürfte auch daran liegen, dass man den (Wieder-)Einstieg taktisch anders vorbereiten will. In Osteuropa macht es Kaufland schon vor: Dort hat man gleich mit mehreren Partnern angebandelt, um unterschiedliche Liefermodelle auszutesten.

Start war im August 2019 in Rumänien, wo sich Kaufland den in Spanien gegründete Kurierdienst Glovo ins Boot holte. Über dessen App können Kund:innen in nunmehr 80 Märkten bzw. 30 Städten eine Vielzahl an Produkten bestellen, die ihnen für etwas mehr als 3 Euro Lieferkosten innerhalb von zwei Stunden nachhause gebracht werden. (Einen klassischen Mindestbestellwert gibt’s nicht, aber unter einem Warenwert von rund 13 Euro wird ein zusätzlicher Aufschlag erhoben) Die Kooperation soll Medienberichten zufolge auf das ganze Land ausgeweitet werden.

Für eine ähnlich gelagerte Partnerschaft in Bulgarien hat sich Kaufland für das Liefer-Start-up Foodpanda entschieden, einer Delivery-Hero-Tochter. Zum Start war die Auswahl allerdings auf 400 Artikel und vier Städte begrenzt.


Fotos [M]: Kaufland/Smb

Polnische Kund:innen können Lebensmittel von Kaufland derweil über Everli bestellen, hinter dem das italienische Supermercato24 steckt, mit dem bereits die Schwester Lidl in Italien zusammenarbeitet (siehe Supermarktblog). Bei Everli Polen stehen 4.000 Produkte in 16 Städten zur Verfügung, die Lieferkosten betragen umgerechnet 2,25 Euro.

In Tschechien geht Kaufland einen etwas anderen Weg und überlässt die Zustellung dem klassischen Lebensmittel-Lieferdienst Košík.cz, der Kaufland-Eigenmarkenprodukte in sein Sortiment integriert hat.

Die Kooperationen helfen Kaufland in erster Linie, sich nicht mit der kostspieligen Lieferlogistik beschäftigen zu müssen. Auch die Bezahlung der Bestellungen erfolgt in der Regel über die Apps der Partner. Einkäufe werden in bestehenden Filialen kommissioniert, ohne dass eigene Lager gebaut werden müssen.

Und als vorübergehende Lösung mag das durchaus Sinne ergeben, um etwa auszutesten, wie groß die Nachfrage in bestimmten Regionen ist und welche Produkte online vorrangig gekauft werden. Mit zunehmender Relevanz des Geschäftsfelds dürfte es für Kaufland aber schwierig sein, auf den Direktkontakt zu den Besteller:innen zu verzichten.

Dazu kommt: Im Heimatmarkt wird sich diese Strategie nicht so leicht adaptieren lassen, weil es aktuell an potenziellen Partnern fehlt. Bis zu dieser Woche wäre mein Tipp gewesen, dass Kaufland hierzulande mit Getnow gemeinsame Sache macht. Im Sommer hatte das Liefer-Start-up bereits angedeutet, die Zahl seiner Lieferpartner bald auf weitere Partner ausweiten zu wollen. Die Münchner hätten die Plattform gestellt, möglicherweise Einkauf und Lieferung organisiert (bzw. organisieren lassen) und Kaufland hätte vom anhaltenden Liefer-Boom profitiert, ohne nennenswerte Investitionen tätigen zu müssen.

Die riesigen Märkte wären noch sehr viel besser als die der Schwester Lidl dazu geeignet gewesen, Bestellungen zu kommissionieren, ohne Gänge und Kassen für andere Kundinnen zu verstopfen. Dazu ist es aber nicht (mehr) gekommen, nachdem Getnow in dieser Woche Insolvenz angemeldet hat. Derzeit ist unklar, ob sich neue Investoren finden lassen.

Alternativen gibt es – so gut wie keine. Die Just-Eat-Takeaway-Tochter Lieferando mag sich lieber auf ihr Plattformenrgeschäft konzentrieren und hat mehrfach bekräftigt, nicht zum Lebensmittel-Lieferanten werden zu wollen. (Während man in den Niederlanden zumindest Kooperationen mit Handelsketten testet.) Nennenswerte Konkurrenz hat Lieferando nach dem Rückzug von Delivery Hero bislang nicht. Zwar liefert in Berlin inzwischen auch Wolt aus Finnland Restaurantessen aus, deckt mit seinem Dienst aber noch nicht einmal die komplette Stadt ab.

Und inwiefern Liefery mit seinen Ambitionen im Online-Lebensmittelhandel als Ersatz in Frage käme, steht nach dem Einstieg von Advent bei der Muttergesellschaft Hermes auch in den Sternen.

Anders gesagt: Ohne eigene Initiative wird Kaufland – ebenso wie Lild und Aldi – die wachsenden Umsätze im Online-Lebensmittelhandel weiterhin an sich vorbeiziehen lassen müssen. Und Kund:innen, die sich an diese Art des Einkaufs gewöhnen, gleich mit. Im Nachhinein könnte sich die Einstellung des eigenen Lebensmittel-Lieferdiensts noch als doppelte Dummheit herausstellen.

Aber mit Dummheiten hat man in Neckarsulm ja allerspätestens seit der diesjährigen Auswahl seiner Testimonials für Werbekampagnen reichlich Erfahrung.

Titelfoto [M]: Screenshot ProSieben (1), Supermarktblog, Fotos: Supermarktblog"

Dieser Text hat Ihnen gefallen?

Dann helfen Sie doch mit, dass mehr davon erscheinen können! Im Supermarktblog stehen seit 2011 selbst recherchierte Texte und Analysen zu den Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, diese Arbeit zu finanzieren und weiter unabhängig berichten zu können. Sind Sie dabei? Geht schon ab 2,50 Euro im Monat und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank!

Jetzt unterstützen ⇢

Der Beitrag Kampf der Systeme: Wie positionieren sich Edeka, Rewe und Kaufland bis 2025 im Online-Lebensmittelhandel? erschien zuerst auf Supermarktblog.

Kaufland holt Self-Scanning-System K-Scan nach Deutschland

$
0
0
Partner und Sponsoren:
Partner und Sponsoren:

In Tschechien und Rumänien lässt Kaufland seine Kund:innen schon länger selbst scannen; jetzt testet der Großflächenbetreiber sein auf den Namen „K-Scan“ getauftes System offenbar auch in Deutschland. In einem in den sozialen Medien veröffentlichten Video aus einem neu eröffneten Kaufland-Markt in Sinsheim ist ein Regal mit Handscannern zu sehen, das in der Filiale installiert wurde und nahelegt, dass dort K-Scan bereits in Betrieb ist.

Screenshot: @kaufland / Twitter

Etwa 100 Scanner stehen Kund:innen zur Verfügung, die Anmeldung für den Scan-Prozess erfolgt über ein integriertes Terminal. Auf Werbetafeln heißt es:

„Schneller einkaufen. Schneller bezahlen. Schneller genießen.“

Im Nachbarland Tschechien steht K-Scan seit 2019 in verschiedenen Varianten zur Verfügung; zunächst erfolgte ein Test mit Handscannern, die im Markt ausgeliehen werden können, und mit denen Kund:innen die Waren während ihres Einkaufs selbst erfassen. Von anfänglich vier Märkten ist die Zahl der Filialen, in denen die Geräte verfügbar sind, inzwischen auf über 30 gestiegen.


Parallel dazu testete Kaufland das Scannen per Smartphone, integriert in sein Treuesystem Kaufland Card, wo „K-Scan“ innerhalb der App nach Auswahl einer teilnehmenden Filiale im Menü als zusätzliche Option auftaucht. Nach der Auswahl lassen sich Waren per Smartphone-Kamera erfassen, der Warenkorb wird (ähnlich wie Rewe es hierzulande handhabt) am Ende inklusive aktivierter Coupons an eine SB-Kasse im Markt übertragen, um dort den Bezahlvorgang anzustoßen. Zum Schluss muss in der App noch „Ja, ich habe bezahlt“ bestätigt werden.

Screenshots [M]: Kaufland-App / Smb

Kaufland Card als Basis für Selbstscanner

Die App-Variante scheint in tschechischen Filialen inzwischen fast flächendeckend angeboten zu werden. In Rumänien war Kaufland im zurückliegenden April mit K-Scan gestartet, ebenfalls mit Handscannern und Smartphone-App. Beide Optionen gibt es aktuell in vier Filialen in Bukarest, in drei weiteren ist ausschließlich die App nutzbar.

Zu den Plänen für Deutschland äußert sich Kaufland auf Supermarktblog-Anfrage derzeit nicht konkret. Eine Unternehmenssprecherin bestätigt zumindest, dass es entsprechende Bemühungen gibt, das System hierzulande auszurollen:

„K-Scan möchten wir zukünftig auch in weiteren Filialen und Ländern anbieten. In Deutschland befinden wir uns aktuell noch in der Testphase.“

Im Oktober startete die Kaufland Card in deutschen Filialen; Foto: Supermarktblog

Anfang Oktober hatte der Großflächendiscounter sein Treuesystem Kaufland Card in deutschen Filialen eingeführt; damit ist auch die Basis für K-Scan geschaffen, für dessen Nutzung die Kund:innen sich über ihre (digitale oder physisch ausgegebene) Karte identifizieren können.

Anders als die Schwester Lidl mit Lidl Plus hat Kaufland das Treueprogramm allerdings in seine Haupt-App integriert. Dort ist auch die Anleitung für den Self-Scanning-Prozess inklusive Warenkorb bereits vollständig ins Deutsche übersetzt.

Danke an @tobiasf91, der K-Scan zuerst entdeckt hat!

Das Supermarktblog erscheint unabhängig von großen Verlagen. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, dass hier im Blog auch in Zukunft unabhängige und kritische Texte publiziert werden können. Machen Sie mit? Geht ganz einfach und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank dafür!
-->

Der Beitrag Kaufland holt Self-Scanning-System K-Scan nach Deutschland erschien zuerst auf Supermarktblog.

Kaufland schaltet K-Scan auch zur Nutzung in seiner App frei

$
0
0
Partner und Sponsoren:
Partner und Sponsoren:

Kaufland arbeitet daran, Kund:innen in immer mehr seiner deutschen Filialen das Selbstscanner von Artikeln zu ermöglichen. Das „K-Scan“ getaufte und schon seit längerem im europäischen Ausland getestete System scheint nach Einführung der Kaufland-Kundenkarte im vergangenen Jahr auch hierzulande in größerem Maße ausgerollt zu werden.

Im vergangenen Jahr hatte Kaufland die Einführung auf Supermarktblog-Anfrage noch nicht bestätigen wollen. Inzwischen informiert der Großflächen-Discounter aber auf seiner Website über die Nutzung (siehe Supermarktblog):

„Schneller einkaufen, bezahlen und genießen: Mit K-SCAN scannst du während deines Einkaufs in ausgewählten Filialen alle Artikel ganz einfach selbst, bevor du sie in deinen Wagen legst. An der SB-Kasse musst du dann nur noch bezahlen.“

Voraussetzung für die Nutzung ist eine Kaufland-Card-Mitgliedschaft, mit der eine digitale (und wahlweise eine physische) Kundenkarte ausgestellt wird, die zur Identifikation für K-Scan benötigt wird:


„Scanne deine Kaufland Card an der Scanner-Station im Eingangsbereich. Bestätige die Nutzungsbedingungen. Der Scanner, der für dich bereit ist, beginnt zu blinken.“

Supermarktblog-Leser Tobias hat sich die Mühe gemacht, rund 20 deutsche Filialen zu identifizieren, in denen K-Scan bereits aktiv zu sein scheint (siehe dazu die Kommentare unter diesem Blog-Eintrag).

Scannen per Smartphone erlaubt

Darüber hinaus will Kaufland die Self-Scanning-Funktion offensichtlich auch ohne externen Handscanner bereitstellen: Auf dem Startbildschirm der Kaufland-App taucht bei ausgewählten Filialen die „K-Scan“-Option auf, mit der sich Artikel während des Einkaufs auf dem eigenen Smartphone erfassen lassen. Nach der Aktivierung bleibt K-Scan zudem im Hauptmenü unten dauerhaft verfügbar (statt des sonst dort platzierten Menüpunkts „Rezepte“).

Screenshots [M]: Smb

Um bezahlen zu können, muss der Einkauf in der App abgeschlossen und – ähnlich wie z.B. bei Rewe – an eine im Laden vorhandene SB-Kasse übertragen werden. In den Datenschutzhinweisen steht:

„K-Scan können sie entweder über ihre K-App nutzen oder über mit Hilfe der mobilen Scangeräte in ihrer Kaufland Filiale nutzen. (…) Ohne registrierte Kaufland Card wird Ihnen in der K-App die K-Scan Funktion nicht angezeigt.“

Das Scannen funktioniert nur filialgebunden, d.h. als Nutzer:in muss man bestätigen, sich in der ausgewählten Filiale aufzuhalten – sonst kann der am Ende generierte QR-Code von der Kasse nicht verarbeitet werden. Nahe läge, dass die App-Funktion nach und nach für Märkte freigeschaltet wird, in denen auch die Handscanner verfügbar gemacht werden.

Ähnlich wie die Schwester Lidl stellt Kaufland in seiner App zudem digitale Kassenbons bereit, die als „Belegkopie“ in einem eigenen App-Menüpunkt unter „Mehr“ angezeigt werden, wenn bei einem Einkauf zuvor die Kundenkarte erfasst worden ist.

Danke an Tobias F!

Mehr zum Thema:

Das Supermarktblog erscheint unabhängig von großen Verlagen. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, dass hier im Blog auch in Zukunft unabhängige und kritische Texte publiziert werden können. Machen Sie mit? Geht ganz einfach und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank dafür!
-->

Der Beitrag Kaufland schaltet K-Scan auch zur Nutzung in seiner App frei erschien zuerst auf Supermarktblog.


Trend oder Seifenblase: Frisst der Handel seine Unverpackt-Revolutionär:innen?

$
0
0
Partner und Sponsoren:
Partner und Sponsoren:

Immer wenn im deutschen Lebensmitteleinzelhandel ein Winzling einen Riesen schubst, passiert erstmal – nichts. Der Winzling macht weiter seine Winzlingsdinge und vergisst vielleicht, was war. Bis dem Riesen ein paar Jahre später auffällt, dass er sich kratzen muss – und er, oft ohne konkrete Absicht, im selben Zug das an der Zwickstelle aufgebaute Winzlingswerk abräumt.

Acht Jahre ist es her, dass Milena Glimbovksi mit der Eröffnung ihres per Crowdfunding unterstützen Unverpackt-Supermarkts in Berlin den deutschen Lebensmitteleinzelhandel geschubst hat. (Ähnlich wie Laden-Gründer:innen in anderen deutschen Städten.)

„Wir alle sind ein bisschen faul geworden beim Einkaufen“, erklärte sie damals im Supermarktblog-Gespräch, warum sie einen Laden aufmachen will, in dem man Produkte ohne separate Verpackungen erwerben kann. „Aber wenn sich genügend Leute überlegen, das anders machen zu wollen, muss sich der Handel darauf einstellen.“


Tja, und das scheint er gerade so langsam zu tun: z.B. mit Unverpackt-Stationen, die in bestehende Supermärkte integriert werden, und an denen man jetzt Nudeln, Couscous und Nüsse in selbst mitgebrachte Behälter abfüllen kann, um sich die Einwegverpackung zu sparen. Tegut testet schon seit längerem, Edeka ist mit dabei, selbst Bio-Ketten wie Denn’s und Bio Company haben mal einen Trend nicht komplett verpasst.

Unverpackt-Station bei Edeka; Foto: Supermarktblog

Große Ketten entdecken die Nischen

Nur Original Unverpackt, wie der mit großer Medienaufmerksamkeit begleitete Laden in Berlin-Kreuzberg heißt, scheint von der sich ausbreitenden Bereitschaft zum verpackungsarmen Einkauf nicht ausreichend profitiert zu haben. Im Juni wurde bekannt, dass der Markt Insolvenz angemeldet hat.

Nach „deutlichen Umsatzeinbußen“ während Corona seien Probleme wegen der steigenden Inflation und des Krieges gegen die Ukraine dazu gekommen, erklärte Glimbovksi gegenüber RBB 24. Derzeit bemühe man sich um neue Investor:innen bzw. Käufer:innen, um Original Unverpackt vor der Schließung zu bewahren.

Und so sehr das dem Ladenprojekt – wie allen unabhängigen Lebensmittelhändler:innen – zu wünschen wäre: Es wird nicht einfach sein. Vor allem, wenn die einstige Nische zunehmend von den klassischen Handelsketten entdeckt und zumindest teilweise assimiliert wird, wie es schon bei vielen Trend-Themen der Fall war. Vor einem Jahr hat sich selbst der Großflächen-Discounter Kaufland dazu entschlossen, Unverpackt-Stationen mit gleich 40 Grundnahrungsmitteln als Ergänzung in seinen Läden zu testen.

Zunächst wurden diese an zwei Standorten aufgebaut (Pfungstadt und Steinheim). Im Februar sind sechs weitere Märkte (in Berlin, Hamburg, Heidelberg, Köln, Leipzig, München) hinzugekommen.

Unverpackt vorm Brötchenknastrondell

Die über Eck an den Rand der Obst- und Gemüseabteilung vor das üppige Brötchenknastrondell gebauten Spender machen im Laden einen ganz guten Eindruck. Partner ist der Produzent und Importeur Ecoterra, der das System inklusive Ware zuliefert. Ob die Initiative ausgerechnet zur Kaufland-Kundschaft passt, die sonst eher mit Niedrigpreisen bezirzt werden, steht allerdings in Frage.

Im Zuge der verschärften Anlockung von Bio-Kund:innen, die in den Regalen inzwischen auch Ware des Anbaupartners Demeter finden (und demnächst auch mit Bioland-Siegel aufgewertete K-Bio-Artikel), könnte die Unverpackt-Ecke aber als zusätzliches Lockinstrument zumindest an einzelnen Standorten sinnvoll sein. Und sei es bloß zu Marketing- bzw. Positionierungs-Zwecken.

Ob eine Ausweitung bereits in Aussicht steht, will Kaufland auf Supermarktblog-Anfrage nicht sagen. Eine Sprecherin erklärt:

„Unsere Kunden nehmen das Angebot an unverpackten Lebensmitteln in Bio-Qualität gerne an. Am Häufigsten werden Nüsse, schokolierte Nüsse oder Früchte gekauft.“

Das Angebot sei in allen acht Filialen identisch. Die Stationen würden täglich gereinigt und desinfiziert, bei Bedarf auch mehrmals am Tag.

„Bei erfolgreichem Testverlauf soll das Konzept als filialindividueller Sortimentsbaustein in weiteren geeigneten Kaufland-Filialen ausgerollt werden.“

Was freilich noch nicht ausgemacht ist. In Großbritannien hat Wettbewerber Aldi seine einzige bislang aufgebaute Unverpackt-Station nach dem Ende des Testzeitraums erstmal wieder abgebaut – angeblich, um vor weiteren Entscheidungen die Ergebnisse auszuwerten. Was nur eine clever verpackte Absage an eine eigene Unverpackt-Initiative sein dürfte, sonst bräuchte man ja nicht erst noch überlegen.

Mehrwegglassortiment per Paket

Bis zur letzten Konsequenz mag auch Kaufland seinen Versuch nicht ausreizen: An den Stationen stehen Papiertüten und Einwegplastikbehälter für Kund:innen bereit, die keine Mehrwegvariante mit in den Laden gebracht haben – und im Zweifel dann mehr Verpackung für Ihren Einkauf benötigen, als wenn sie einen regulär verpackten Artikel gekauft hätten

Konkurrenz hat der Trend zur fest installierten Station inzwischen durch Anbieter bekommen, die Lebensmittel aus dem Trockensortiment in Mehrweggläser abfüllen, ohne dies den Kund:innen selbst zu überlassen (siehe Supermarktblog). Wie bei Joghurt und Milch werden die Gläser gegen einen Pfandbetrag ausgegeben, der bei Rückgabe zurückerstattet wird.

„Gerne Ohne“ in München war im vergangenen Jahr so überzeugt davon, sich mit dieser Idee durchsetzen zu können, dass die drei Gründer einen eigenen Onlineshop starteten, in dem sich ein durchaus umfangreiches Lebensmittel-Sortiment direkt nachhause bestellen ließ. Der Versand war ab 69 Euro kostenfrei, Pfand wurde erst berechnet, wenn die Gläser nach einem Monat nicht retourniert wurden.

Ein Crowdfunding, das die Anschaffung einer eigenen Etikettier- und Abfüllmaschine hätte finanzieren sollen, stieß im Frühjahr aber nur auf geringes Interesse bei potenziellen Unterstützer:innen. Vom bei 40.000 Euro liegenden Funding-Ziel wurden gut 5.400 Euro erreicht.

Wer sich nicht anpasst, hat’s schwer

Im Mai kommunizierte Gerne Ohne noch eine Kooperation mit dem Partner Hey Circle, über den Bestellungen künftig in wiederverwertbaren Transportboxen verschickt worden wären. Nur wenige Wochen später allerdings folgte per Social Media das überraschende Aus:

„Leider müssen wir heute verkünden, dass wir unseren Shop zu Ende Juni schweren Herzens schließen werden.“

Gerne Ohne will sich ohne eigenen Shop neu ausrichten; Foto: Gerne Ohne / foto.von.hagen

Zu den exakten Gründen hat man sich bislang nicht äußern wollen. Auf eine Supermarktblog-Anfrage erklärt Gerne-Ohne-Mitgründer Michael Sixl, dass man sich bis Herbst „strategisch neu ausrichten“ wolle. Weiterhin erhältlich sind die Produkte beim zügig expandierenden Lebensmittel-Lieferdienst Knuspr (offenbar aber nur in München). Ob man dauerhaft zur Mehrweg-Marke für den klassischen (Liefer-)Handel werden will, ist derzeit nicht ganz klar. (Wird im abschließenden Facebook-Post aber zumindest als Wunsch angedeutet.)

Den Berliner Kolleg:innen von Veganz dürfte vieles davon bekannt vorkommen: Vor über einem Jahrzehnt war Gründer Jan Bredack mit dem Ziel gestartet, vegane Lebensmittel in eigens dafür eröffneten Supermärkten zu verkaufen. Jede weitere Partnerschaft mit einer klassischen Handelskette führte jedoch dazu, dass sich Veganz als Supermarktkette selbst überflüssig machte.

Der Wandel zur Herstellermarke, die das zunehmende Eigenmarken-Sortiment regelmäßig durch neue vegane Trendprodukte ergänzt, war nachher unvermeidbar. Und scheint der richtige Entschluss gewesen zu sein.

Schleppende Sortimentsausweitung

Der Lebensmitteleinzelhandel frisst also mit schöner Regelmäßigkeit seine Revolutionär:innen – es sei denn, die sind bereit, sich entsprechend zügig anzupassen. Und auf Zügigkeit kommt es, wenn die Riesen mal aufgewacht sind, durchaus an.

Das ehemalige Oetker-Digital-Start-up Mehrwelt könnte das als nächstes erfahren. Gestartet sind die Berliner:innen mit einem ganz ähnlichen Vorhaben wie Gerne Ohne, bloß dass man von Anfang an auf selbst designte Mehrweggläser mit höherem Pfandpreis setzte. Und sich die Kosten für einen eigenen Onlineshop sparte, um direkt mit dem etablierten Handel zu kooperieren (siehe Supermarktblog).

Sortiment und Verfügbarkeit von Mehrwelt sind weiterhin stark ausbaufähig; Foto: Supermarktblog

Richtig voran scheint Mehrwelt damit derzeit aber nicht zu kommen: Trotz einer eigenen Abfüllungs- und Reinigungsanlage, die im Frühjahr in einem Dr.-Oetker-Werk in Betrieb genommen werden sollte, ist das Sortiment weiter sehr überschaubar und von 19 Produkten auf aktuell (beim Oetker-Partner Flaschenpost verfügbaren) 25 gewachsen.

Auf seiner Website weist Mehrwelt derzeit deutschlandweit gerade einmal 56 Verkaufsstellen aus – in der Regel die Märkte selbständiger Edeka- und Rewe-Kaufleute, die meisten im Südwestern und Süden, wenige in Berlin, kaum welche im Norden und Osten. Die Zahl der Handelspartner dürfte unter 50 liegen, weil von den Händler:innen viele mehrere Läden führen. Bisschen wenig für die erhoffte Revolution.

Auf Supermarktblog-Anfrage will sich Mehrwelt-Gründerin Juliane Wagner derzeit nicht zur weiteren Entwicklung äußern, was jetzt auch nicht unbedingt Euphorie signalisiert.

Verpackungsfrei – aber bitte ohne Aufpreis

Als unbekannte neue Marke hat es Mehrwelt aber naturgemäß schwer, in die Läden zu kommen – zumal man selbst einräumt, die Mehrweggläser nicht fürs Supermarktregal optimiert designt zu haben. Und die Händler werden es sich genau überlegen, ob sie Platz für ein System freiräumen wollen, von dem nicht ganz klar ist, ob die Kund:innen es überhaupt wollen. Große Oetker-Marken im Pfandglas könnten bei der Durchsetzung helfen. Aber die „Gespräche mit nahmhaften Markenherstellern“ (Wagner im Frühjahr gegenüber der „LZ“) laufen jetzt schon sehr, sehr lange ohne sichtbares Ergebnis.

Parallel dazu hat Alnatura einige Artikel, die Mehrwelt in Pfandgläser füllt, mit seiner eigenen Testmarke Pfandwerk schon wieder aus dem Sortiment genommen, weil diese im Glas nach eigenen Berechnungen keine bessere Umweltbilanz haben als in dünner Einwegverpackung – im Gegenteil (siehe Supermarktblog).

Und nochmal schlechte Nachrichten aus Großbritannien: Eben dort hat Tesco gerade seinen Test mit dem Mehrwegcontainer-System Loop (siehe Supermarktblog) wieder beendet und ließ durchblicken, dass die erhoffte Änderung des Einkaufsverhaltens bei den Kund:innen („a cultural and behavioural shift from customers“) ausgeblieben sei.

Die Aufgeschlossenheit mancher Kund:innen, verpackungsfreier als bisher einzukaufen, mag derzeit zwar größer sein als je zuvor. Unklar bleibt vorerst, ob die Zielgruppe für den klassischen Handel groß genug ist. Viele Verbraucher:innen werden jedenfalls kaum dauerhaft Aufpreise gegenüber denselben Produkten in Einwegverpackung zahlen wollen – erst recht nicht in der aktuellen Situation. Und womöglich sieht ein Großteil inzwischen ausreichend Initiativen im klassischen Handel, ohne ihren Einkauf zu einem Spezial-Shop – egal, ob on- oder offline – zu verlagern.

Die Winzlinge müssen sich echt was einfallen lassen, wenn sie nicht plattgedrückt werden wollen.

Mehr zum Thema:

Das Supermarktblog erscheint unabhängig von großen Verlagen. Ihre Unterstützung hilft mir dabei, dass hier im Blog auch in Zukunft unabhängige und kritische Texte publiziert werden können. Machen Sie mit? Geht ganz einfach und dauert nur eine Minute. Herzlichen Dank dafür!
-->

Der Beitrag Trend oder Seifenblase: Frisst der Handel seine Unverpackt-Revolutionär:innen? erschien zuerst auf Supermarktblog.

Preisstreit: So reagieren Edeka, Kaufland & Co. in ihren Regalen auf die Lieferstopps großer Hersteller

$
0
0
Partner:

Im Streit zwischen großen Supermarktketten und internationalen Markenherstellern werden gerade allerhand Grundsätzlichkeiten in Frage gestellt. Und diesmal sieht es so aus, als würde wirklich keiner der Beteiligten zuerst blinzeln (bzw. nachgeben) wollen.

Große Konzerne bestehen gegenüber Handelsunternehmen auf höheren Preisen für ihre etablierten Markenprodukte. Die Händler wiederum inszenieren sich – wie Edeka – als „Anwalt der Kundinnen und Kunden“ und lehnen Erhöhungen, die sich ihrer Meinung nach nicht (mehr) durch gestiegene Rohstoffpreise rechtfertigen lassen, ab. Kommt es zu keiner Einigung, stellen viele Hersteller die Belieferung ein und verzichten (zumindest vorübergehend) auf teils erhebliche Umsätze. Der Händler riskiert derweil, Kund:innen an die Konkurrenz zu verlieren, bei der begehrte Marken weiter angeboten werden.

Dieses Spiel ist nicht neu, es wurde in den vergangenen Jahren nur zunehmend öffentlich ausgetragen. (Insbesondere durch die aggressivere Kommunikationspolitik der Handelsketten.)

ANZEIGE

Neu ist allerdings das Ausmaß, indem es derzeit zu Lieferstopps und Auslistungen kommt.

Druck auf die Gegenseite

Ende April erklärte Edeka-Vorstand Markus Mosa, dass (zum damaligen Zeitpunkt) 17 große Konzerne ihre Ware vorübergehend nicht mehr an Edeka lieferten, u.a. Procter & Gamble, Mars, Pepsi sowie „Teile“ von Henkel, Schwartau und Unilever. Bei vier Konzernen habe man „teilweise einen Bestellstopp verhängt,“, heißt es in Medienberichten. Das Verhältnis zur Industrie scheint zerrüttet. (Kleinere Hersteller nimmt Edeka von seiner Kritik explizit aus.)

Gleichzeitig hat der Streit erheblichen Einfluss darauf, wie Kund:innen Lebensmittel einkaufen (können), zumal die Händler ihre Strategien als Reaktion auf die Liefer- und Bestellstopps teilweise anpassen.

Eine zeitlang war es üblich, an leer bleibenden Regalen mittels Hinweisschildern zu informieren, dass man sich mit dem betroffenen Hersteller nicht über den Preis für ein oder mehrere Produkte einig geworden sei.

Rewe erklärte Kund:innen seinen Dissens mit Mars im vergangenen Jahr am Regal; Foto: Smb

Dieses Öffentlichmachen gescheiterter Verhandlungen sollte vermutlich den Druck auf die Gegenseite erhöhen, der Händlerposition nachzugeben; gleichzeitig demonstrierte das Handelsunternehmen auf diese Weise Zuversicht, die Lücke bald wieder schließen zu können – weil leere Regale verschenkten Platz und Verzicht auf einkalkulierte Umsätze bedeuten.

Umsatzexplosion der Eigenmarken

Das ändert sich gerade massiv. Hinweisschilder suchen Kund:innen inzwischen vielerorts vergebens – vermutlich auch, weil die Regale angesichts der parallel zueinander ausgefochtenen Streits sonst vor lauter Klebezetteln überhaupt nicht mehr einsehbar wären.

Lücken im Regal gibt es aufgrund zahlreicher nicht gelieferter oder erstellter Produkte zwar weiterhin, z.B. bei Edeka:

Im Zweifel aber auch, weil Kund:innen verstärkt zu anderen Marken oder Eigenmarken greifen, die deswegen schneller ausverkauft sein können.

Edeka meldete fürs vergangene Jahr einen „massiven“ Anstieg des Umsatzes mit Eigenmarken: plus 11,1 Prozent. (Markenartikelumsätze sanken trotz Preiserhöhungen um 1,9 Prozent.) Dieser Trend verstärkt sich weiter: Eigenmarken-Verkäufe seien „explosionsartig“ gestiegen, zitierte die „Lebensmittel Zeitung“ Edeka-Chef Mosa, der auf einer Tagung in der vergangenen Woche sprach. Im ersten Quartal 2023 habe das Eigenmarken-Plus bei 19,6 Prozent gelegen; im März schon bei 24,1 Prozent (im Vergleich zum Vorjahresmonat).

Und das ist ja auch kein Wunder, weil in vielen Regalen der Edeka-Supermärkte vor allem Eigenmarken liegen.

Vorübergehende Neuverteilung?

Es sei eigentlich „nicht unser Anspruch“, nur Produkte unter eigenen Labels zu verkaufen, erklärte Mosa weiter; man sei aber „bereit, statt austauschbaren Marken junge, regionale Produkte in die Regale zu bringen“.

BraTee und Tea Rich statt Lipton von Pepsi? Edeka füllt Regallücken mit jungen Marken auf; Foto: Smb

Bzw.: Marken befreundeter (oder sagen wir: nicht aktiv konkurrierender) Handelsketten wie der Schweizer Migros, deren neues Kaffeepressklopssystem Coffee-B Edeka gerade in Deutschland zu etablieren versucht (siehe Supermarktblog) – mit hochwertigen Regaleinsätzen und Aufstellern, die zur Rabattaddition einladen.

Und das klingt natürlich irgendwie verlockend: ein Laden, der für mehr Produktvielfalt sorgt, indem er den Platz, der bislang für Artikel reserviert war, die es fast überall zu kaufen gibt, neu verteilt. Die Frage ist bloß: für wie lange?

Unter Edeka-Kaufleuten ist bereits von Verstimmungen die Rede, weil man Stammkund:innen nicht zu Wettbewerbern ziehen lassen wolle, die deren Lieblingsprodukte noch führen. Die Marken werden teilweise durch Großhändler beschafft, was wiederum die Position der Zentrale sabotiert.

Dazu kommt, dass der Handel sämtliche Gelegenheiten, die sich in der Vergangenheit boten, Sortimente weniger abhängig von großen Markenartikelproduzenten aufzustellen, stets verstreichen haben lassen.

Meterweise Ariel

Nachdem der Zoff zwischen Kaufland und Unilever vor einigen Jahren lautstark über die Öffentlichkeit ausgetragen worden war (siehe Supermarktblog), und die Produkte wieder ins Regal zurückkehrten (siehe nochmal Supermarktblog), war nachher alles wie immer. Also: bis vor kurzem. Inzwischen liegt Kaufland mit Unilever wieder im Clinch, und Produkte von Marken wie Axe, Magnum, Dove und Pfanni werden entweder rar oder sind schon nicht mehr verfügbar. Gleiches gilt für Henkel, das sonst u.a. Persil, Spee und Pril liefert.

Lücken im Regal will Kaufland dieses Mal aber offensichtlich um keinen Preis riskieren, auch auf Hinweise zu gescheiterten Preisverhandlungen gegenüber den Kund:innen verzichtet die Handelskette. Stattdessen werden meterweise Produkte von Wettbewerbern platziert. Das hier z.B. ist kein aktuelles Foto aus einem Ariel-Shop, sondern die Waschmittelabteilung bei Kaufland, in der die Henkel-Marken fehlen.

Welches, ihm, Waschmittel darf’s denn diesmal sein? Ariel-Platzierung bei Kaufland; Foto: Smb

Pril hat man derzeit ebenfalls nicht zu bieten. Suchen Sie sich einfach das Fit-Spülmittel mit ihrer Lieblingsfarbe raus.

Willst du viel, spül‘ mit – Fit? Kaufland hat viel Platz für Henkel-Konkurrenzprodukte; Foto: Smb

Wenn Sie fix sind, können Sie sich noch den Axe-Restbestand aus dem Duschgel-Regal sichern: gaaaanz weit unten auf der linken Seite.

Finden Sie den Axe-Restbestand im Duschgel-Regal? Foto: Smb

Und Kartoffelpüree von Pfanni ist wohl schon aus, jetzt muss es die Eigenmarke K-Basic richten.

Pfanni-Knödel gibt’s noch, aber das Püree ist aus – K-Basic in Blockplatzierung bei Kaufland; Foto: Smb

Etablierte Abhängigkeit

Auf Supermarktblog-Anfrage möchte sich Kaufland zur aktuellen Situation ebenso wenig äußern wie zur (Nicht-)Kommunikationsstrategie gegenüber Kund:innen. Eine Sprecherin erklärt allgemein:

„Wir bieten unseren Kunden eine große Auswahl an Lebensmitteln und alles für den täglichen Bedarf, darunter unserer attraktiven Eigenmarken sowie anderer beliebter Marken. Aufgrund unseres großen Sortiments ist die Warenversorgung für unsere Kunden immer sichergestellt. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir zu unseren Lieferantenbeziehungen darüber hinaus grundsätzlich keine Auskunft geben.“

Die Umbauarbeiten sind in jedem Fall nicht ganz unanstrengend für die Händler, die sich zudem überlegen müssen, wie langfristig Ersatzlösungen sein sollen, um zu vermeiden, dass ihre Regale wie Schweizer Käse aussehen.

So richtig vorstellbar scheint mir das derzeit noch nicht zu sein, dass die derzeitigen Dissenzen zu einer anhaltenden Sortimentsumstellung in größerem Stil führen – dafür haben sich Industrie und Handel doch zu sehr in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit miteinander eingerichtet.

Aber wenn die Kämpfe dafür sorgen, dass zumindest für einige der jungen, alternativen Marken der Weg in den Lebensmitteleinzelhandel geöffnet bleibt, den man sonst mühsam über viel Jahre aufstemmen müsste, dann hätte sich das ganze Spektakel ja zumindest dafür gelohnt.

Vielen Dank an Torsten F. für Hinweis und Inspiration!

Mehr zum Thema:

-->

Der Beitrag Preisstreit: So reagieren Edeka, Kaufland & Co. in ihren Regalen auf die Lieferstopps großer Hersteller erschien zuerst auf Supermarktblog.

Wie Kaufland bei K-Scan seinen Kund:innen misstraut

$
0
0
Partner:

Ehrlich währt bekanntlich am längsten, und diesbezüglich handhabt es der deutsche Lebensmitteleinzelhandel selbstverständlich ganz genauso wie seine Kundschaft, was wiederum dem EHI Retail Institute vor drei Jahren ein bestaunenswertes Ergebnis seiner Umfrage zum Problem der Diebstahlanfälligkeit von Selbstscan-Systemen im Handel bescherte.

Kurz gesagt: Es gibt keins.

Ja, sicher: „unehrlicher Kundschaft“ böten SB-Kassen und vergleichbare Technologien „möglicherweise größere Anreize zum Diebstahl als bediente Kassen“, führte man beim EHI aus. Sicherheitssysteme und aufmerksames Personal könnten jedoch Schlimmeres verhindern:

ANZEIGE

„85 Prozent der befragten Unternehmen haben angegeben, keine erhöhten Inventurdifferenzen in ihren Märkten mit Self-Checkout-Lösungen festzustellen. Ladendiebstähle an SCO-Kassen fallen dementsprechend nicht wesentlich höher aus als an bedienten Kassen.“

So genannte „Re-Scans“ bei mobilen Self-Checkout-Lösungen (zufällige Stichproben, ob einzelne Produkte im Warenkorb richtig erfasst wurden), würden zudem „relativ selten durchgeführt“. Dies sei ebenfalls Indiz für eine „niedrige Diebstahlquote“.

Verluste nehmen zu

Und abgesehen davon, dass wir hier nochmal über Ursache und Wirkung sprechen müssten, ist das natürlich höchst interessant. Weil es so ziemlich dem Gegenteil der Erfahrungen entspricht, die internationale Handelsunternehmen sowie Branchenbeobachter:innen gemacht und der einschlägigen Forschung mitgeteilt haben.

In ihrer „Global Study on Self-checkout in Retail“ bilanzierte die ECR-Loss-Prevention-Initiatve 2022 u.a. folgende Angaben der teilnehmenden Unternehmen:

„Respondents estimated that SCO [Self-checkout] systems accounted for as much as 23% of their total unknown store losses, with malicious losses representing 48%. Two-thirds of respondents were of the view that the problem of SCO-related losses was becoming more of a problem in their businesses (66%).“

Und als die Kolleg:innen der britischen IGD Retail Analysis in diesem Frühjahr von der Euroshop-Messe in Düsseldorf heimkehrten, fasste einer ihrer Analysten zusammen (Registrierung erforderlich):

„To cut costs retailers have been stripping out resource at the checkouts and introducing more self-service options for shoppers. This has led to inventory inaccuracy, which impacts product availability, and shrinkage becoming major issues.“

Ist Warenschwund beim Selbstscannen möglicherweise doch ein Problem?

Da reden wir lieber nicht drüber

Neue Technologien helfen zunehmend dabei, das in den Griff zu kriegen. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel scheint sich allerdings dafür entschieden zu haben, das Problem auf keinen Fall beim Namen zu nennen, um es von selbst verschwinden zu lassen.

Edeka erklärt, man setzte beim Selbstscannen auf die „Ehrlichkeit“ der Kund:innen und bringe ihnen „Vertrauen“ entgegen; beim Easy-Shopper-Einkaufswagen scheint dieses aber nicht ganz so ausgeprägt zu sein wie behauptet (siehe Supermarktblog).

Aldi Süd hat angekündigt, „in urbanen Räumen“ verstärkt SB-Kassen in seine Filialen zu bauen. Einem Bericht des „Express“ zufolge wurde die Möglichkeit in einer Kölner Filiale aber schon wieder abgeschafft, weil „viel geklaut worden“ sei. Zu einem möglichen Diebstahlproblem wollte sich die Handelskette nicht äußern, erklärte lediglich, es könne dazu kommen, „dass die Geräte in andere Filialen verlegt werden“.

Und dann ist da noch der Wettbewerber Kaufland.

Der testete erstmals 2015 im Zuge seiner Filialmodernisierung, wie SB-Kassen bei der Kundschaft ankommen – und entschied sich nach einer längeren Einführungsphase dazu, bestehende Selbstscan-Zonen umfassend nachzubeschranken (siehe Supermarktblog). Seitdem können Selbstscanner:innen den Kassenbereich nur noch durch eine Ausgangsschranke verlassen, wenn der Barcode auf dem von der Kasse ausgegebenen Papierkassenzettel gescannt wird. (Penny handhabt es inzwischen genauso.)

Nach abgeschlossenem Selbstscannen müssen Kund:innen nochmal scannen, um aus dem Markt zu kommen; Foto: Smb

Kein K-Scan mehr in Düsseldorf

Die „Ausgangsanlagen dienen unter anderem der Sicherheit unserer Kunden, indem sie räumlich das Ende des Einkaufs- und Bezahlvorgangs markieren“, hieß es damals maximal verschwurbelt.

Inzwischen ist Kaufland noch einen Schritt weiter: Seit Ende 2021 testet die Handelskette ihr im Ausland erprobtes Self-Scanning-System K-Scan auch in ausgewählten deutschen Filialen (siehe Supermarktblog), wo registrierte Mitglieder des KCard-Bonusprogramms entweder mit Handscannern oder mit dem eigenen Smartphone ihre Einkäufe scannen können, um sie später an die SB-Kasse zu übertragen.

Kaufland bietet mobiles Selbstscannen bislang in „circa 70“ deutschen Märkten an; Foto: Smb

Bislang ist K-Scan nach Kaufland-Angaben (Stand: März) aber lediglich in „circa 70 Filialen“ (von „rund 150“ mit SB-Kasse und 750 insgesamt in Deutschland) aktiv; in den Kommentaren unter diesem Supermarktblog-Text führt KScan-Experte Tobias ein kleines Kompendium teilnehmender Märkte, weil Kaufland sich bislang selbst nicht im Stande sieht, eine solche Übersicht zu liefern.

Nicht mehr Teil der K-Scan-Liste ist seit einiger Zeit der Kaufland-Markt in Düsseldorf-Friedrichstadt, wo K-Scan Angaben lokaler Nutzer:innen zufolge wegen einer erhöhten Diebstahlquote wieder verschwunden sein könnte. Kaufland will das auf Supermarktblog-Anfrage nicht bestätigen und erklärt, dass man sich „auf Grund der geringen Kundenresonanz für eine Deinstallation entschieden“ habe.

Ups, nochmal gescannt

Warum das ausgerechnet in der Düsseldorfer Innenstadt so sein soll, aber nirgends sonst, erklärt Kaufland nicht. Dass die Unternehmen Diebstahlprobleme zu verschleiern versuchen, um nicht unnötig Aufmerksamkeit auf die Möglichkeit zu lenken, ist aber zumindest nicht unrealistisch.

Ende Mai hab ich K-Scan im bislang einzigen teilnehmenden Berliner Markt (in Spandau) mal ausprobiert. In der Filiale stehen zahlreiche Handscanner gut sichtbar am Eingang bereit; Kaufland verspricht registrierten Nutzer:innen vollmundig:

„Schneller einkaufen, bezahlen und genießen.“

Kaufland lockt Selbstscanner mit dem Versprechen des reibungslosen Einkaufs; Foto: Smb

In der Obst- und Gemüseabteilung weisen Schilder am Regal auf den unterschiedlichen Umgang mit Stück- und Wiegeware hin: bei letzterer wird nach dem Abwiegen in der Abteilung der von der Waage ausgegebene Klebe-Barcode gescannt, bei ersterer der Code an der Ware oder am digitalen Preisschild, wofür kurzsichtige Kund:innen aber ganz unbedingt ihre Brille dabeihaben sollten …

… weil für den Mini-Code wirklich kein unnötiger Platz verschwendet wird. (Klappt aber trotzdem.)

Mini-Code zum Einscannen neben dem GROSSEN PREIS; Foto: Smb

Statt eines Handscanners hab ich die Kaufland-App zur Einkaufserfassung genutzt, und das funktioniert – so lange innerhalb der Filiale ausreichender Netzempfang gegeben ist – wirklich unproblematisch und flüssig; so flüssig, dass man angesichts der sehr empfindlich eingestellten Scan-Funktion aufpassen muss, Artikel nicht versehentlich doppelt zu scannen, wenn die mit Barcode nach oben im Einkaufskorb liegen.

Bitte alles nochmal wiegen

Bei einem Artikel scannte die App einen höheren Preis als er am Regal ausgewiesen war; das sollte eigentlich nicht vorkommen.

Die größte Überraschung folgte aber erst beim Einbiegen in die inzwischen vollends vom übrigen Kassenbereich abgeschirmte und rundherum mit burghohen Impulsartikelregalen zugemauerte „Expresskassen“-Zone, in der K-Scan-Nutzer:innen ihre zuvor geleistete Arbeit an eine stationäre Selbstscan-Kasse übertragen müssen, um zahlen zu können: und zwar, indem sie den über dem Bildschirm auf einem Papprahmen angebrachten QR-Code scannen. (Was jetzt eher so mittel-intuitiv ist.)

Der Übertrag erfolgt zwar sekundenschnell und ohne Komplikation; aber währenddessen nähert sich bereits eine Kassenaufsicht mit entschuldigender Stimme, um zu erklären, dass sie heute angewiesen sei, sämtliche Wiegeartikel aller Kund:innen aus den erfassten Einkäufen noch einmal an Ort und Stelle kontrollzuwiegen, um mögliche Abweichungen auszuschließen.

Damit ist es aber noch nicht getan: Anschließend folgt eine zusätzliche Zufallsüberprüfung von drei der von mir selbst gescannten Artikel, die vom System veranlasst worden ist.

Dreimalige Kontrolle, einmalig genervt

Erst dann darf ich bezahlen, um den Barcode auf meinem Kassenbon an die Auslassschranke zu halten – und nach dreimaliger Überprüfung, ob bei meinem Selbstscan-Einkauf auch wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen ist, den Laden zu verlassen.

Womit sich nicht nur das ursprüngliche K-Scan-Versprechen vom „schnelleren“ Genuss, in Luft aufgelöst hat – sondern auch meine Lust, dem Kaufland-Personal künftig das Scannen der von mir ausgesuchten Produkte abzunehmen.

Mag ja sein, dass dieser Aufwand nötig ist, um einzelne Kund:innen davon abzuhalten, Waren mitgehen zu lassen, für die zuvor entweder nicht oder zu wenig bezahlt wurde; allen anderen, die ehrlich sind, macht das aber wenig Laune, die angebotenen Technologien bzw. Dienste regelmäßig zu nutzen, zumal das im Zweifel länger dauert als an der regulären Kasse anzustehen.

Und dass der deutsche Lebensmitteleinzelhandel diese Diskrepanz zwischen vollmundigen Versprechen und erlebter Realität nicht zugeben will, ist inzwischen nur noch peinlich.

Vielen Dank an Tobias für den Hinweis und die kontinuierliche K-Scan-Begleitung!

Mehr zum Thema:

Der Beitrag Wie Kaufland bei K-Scan seinen Kund:innen misstraut erschien zuerst auf Supermarktblog.

Auch Rewe macht die (Nach-) Beschrankung der SB-Kassenzone zum Standard

$
0
0
Partner:

Endlich kann der deutsche Lebensmitteleinzelhandel in Sachen Selbstscannen auch mal Vorreiter sein! Glauben Sie nicht? Doch, doch – gleich mehr dazu. Vorher noch ein Hinweis. Sollten Sie zu der wachsenden Zahl der Kund:innen gehören, die inzwischen daran gewöhnt sind, sich beim Supermarktbesuch selbst abzukassieren, kennen Sie das vielleicht schon: Vorm Verlassen des Ladens verlangt der Händler Ihnen einen Vertrauensbeweis ab, um Sie wieder aus dem Laden zu lassen – den Kassenzettel des frisch bezahlten Einkaufs.

Oder wie es u.a. bei Kaufland und Penny am Ende der SB-Kassenzone heißt:

„Ihr Bon ist der Türöffner.“

U.a. Kaufland lässt Kund:innen nach dem Selbstkassieren ihren Bon zum Auslass scannen; Foto: Smb

Sonst geht sie nämlich nicht auf, die dorthin gebaute Auslassschranke, die nur mit dem auf den Bon gedruckten Strichcode geöffnet werden kann.

ANZEIGE

Auf diese Weise versuchen die Unternehmen zu verhindern, dass Kund:innen mit unbezahlter Ware einfach so aus dem Laden spazieren – auch wenn das die allermeisten deutschen Händler bislang ungern zugeben (siehe Supermarktblog). Einer macht’s jetzt doch. Und bestätigt damit die Angaben mehrerer Supermarktblog-Leser:innen, die bemerkt haben, dass ihre Filialen zuletzt (nachträglich) verschrankt wurden: Rewe.

Selbst Großbritannien rüstet nach

Erste Sichtungen neuer Auslassschranken gab es in mehreren Kölner Rewe-Märkten (hier, hier, hier) sowie in Frankfurt; auf Supermarktblog-Anfrage bestätigt ein Sprecher der Handelskette:

„Tatsächlich kombiniert auch REWE bei allen neuen SCO-Installationen ein Exitgate zur Diebstahlprävention, wenn dies räumlich/baulich möglich ist. Auch Nachrüstungen hat es schon gegeben. Zahlen dazu können wir Ihnen jedoch nicht zur Verfügung stellen.“

Vor allem in kleineren City-Märkten, wo SB-Kassen direkt an den Ausgang gebaut sind (Foto oben), dürften solche Nachrüstungen aber schwer werden. Und zumindest in Berlin eröffneten zuletzt weiter neue Rewe-Märkte mit noch schrankenfrei geplanten Self-Checkouts.

Der abschließende Bon-Scan wird dennoch zunehmend zum Standard für SB-Kassen-Benutzer:innen, sogar im europäischen Mutterland des Self-Scannings: Großbritannien. Dort rüsten u.a. Sainsbury’s und Morrisons ihre SB-Kassenzonen mit Barrieren nach, die erst nach einem „proof of purchase“ geöffnet werden können. Bei Morrisons sollen manche Anlagen zwar automatisch erkennen, wenn ein Einkauf bezahlt wurde, und die Schranke aufgehen lassen (aber nicht überall). Sainsbury’s erklärt die Einführung derweil auf großen Bannern im Laden und verlangt:

„Please scan the bar code on your receipt here.“

Den verdutzten Brit:innen erklärte „Retail Gazette“ kürzlich, dass Bonscannen am Auslass eine „common practice in countries such as France and Germany“ sei. (Deshalb: endlich Vorreiter!)

Die daran nicht gewöhnten Kund:innen im vereinigten Königreich bringt die Verschrankung trotzdem ziemlich auf die Palme: Auf (dem frisch in X umbenannten) Twitter machten diverse Selbstscanner:innen ihrem Ärger Luft, beschwerten sich über den zusätzlichen Aufwand und darüber, pauschal des Diebstahls verdächtigt zu werden bzw. riefen teilweise zum Boykott auf.

Kund:innen nehmen’s (noch) gelassen

Die Rewe-Kundschaft scheint genügsamer zu sein (oder das Bonscannen aus anderen Läden schon zu kennen). Auf die Frage, wie man mit Kritik von Kund:innen an den neuen Barrieren umgehe, heißt es aus Köln:

„Kritik von Kund:innen ist uns nicht bekannt. Da SCO-Kassen grundsätzlich von Mitarbeitenden betreut werden, können diese bei auftretenden Problemen oder bei Kundenfragen schnell helfen.“

Und wenn die Schranken tatsächlich dazu beitragen, Selbstscan-Optionen in den Läden dauerhaft als Alternative zu den regulären Anstehkassen zu etablieren, ohne dass der jeweilige Händler fürchten muss, dass ihm unehrliche Einzelkundschaft den Laden ausräumt, werden die Auslassschranken künftig wohl vielerorts zum Ladenbild gehören.

Selbst wenn sie nur eine von vielen Maßnahmen sein dürften, mit denen die Handelsketten ihre Kundschaft ans Ehrlichsein erinnern wollen. Penny z.B. schreibt direkt über die Self-Scanning-Kassen den unmissverständlichen Hinweis:

„Bitte mal winken! Zur Sicherheit überwachen wir diesen Bereich per Video – und führen regelmäßige Stichprobenkontrollen durch.“

Penny erinnert an der SB-Kasse freundlich daran, bitte ehrlich zu sein; Foto: Smb

Sich häufende Stichprobenkontrollen

Letztere werden, wenn sie sich häufen, allerdings schnell lästig – so wie bei den Scan-&-Co-Systemen, die sich nach wie vor im deutschen Handel zu etablieren versuchen. Dabei scheint die Stichprobenkontrolle deutlich verschärft worden zu sein: „Es tut uns leid, dass wir dich aufhalten“, meldete mein Rewe-Handscanner gerade wieder beim Übertrag an die SB-Kasse, die unverständlich dazu ächzte: „Der Vorgang kann auf dieser Kasse nicht durchgeführt werden“ – zumindest nicht ohne Assistenz der herannahenden Aufsicht.

Manchmal ist es eben doch sehr kompliziert, ganz einfach bezahlen zu wollen.

Danke an Johannes, Dominik, Titus und Aufrechtgehn.

Mehr zum Thema:

Der Beitrag Auch Rewe macht die (Nach-) Beschrankung der SB-Kassenzone zum Standard erschien zuerst auf Supermarktblog.

Wie Supermärkte wegen zunehmenden Diebstahls zur Festung werden

$
0
0
Partner:

In den allermeisten Fällen sind sie bloß eine kuriose Randnotiz in der Meldungsspalte der Lokalzeitung: Ein beim Keksklau erwischter Mann wird schon mit doppeltem Haftbefehl gesucht; ein an der Kasse auf eingesteckte Ware angesprochener Dieb läuft bei seiner Flucht gegen die Glasschiebetür; ein von der Polizei wegen Diebstahls durchsuchter Verdächtiger hat die Taschen voller Kokain. (So lauten zumindest einige der Höhepunkte aus Polizeilmeldungen in Berlin, Herne und Kassel, alleine in den vergangenen beiden Wochen.)

Viele Händler:innen wissen längst, welche ihrer Läden besonders anfällig für Diebstahl sind, und sie haben sich darauf eingestellt: Bestimmte Warengruppen wie Kaffee und Spirituosen sind mancherorts in Glasvitrinen verstaut, die auf Kund:innen-Anfrage explizit aufgeschlossen werden müssen.

Kaffee unter Verschluss: in besonders diebstahlanfälligen Läden wird Ware weggeschlossen; Foto: Smb

Ladendetektive sind nicht mehr (nur) in Kaufhäusern unterwegs, sondern auch in Supermärkten: Ein Edeka-Kaufmann aus dem Norden berichtet von 80 bis 90 Aufgriffen pro Monat, bei denen Diebstahl so verhindert würde.



Der Ladenbau eines Stores hat Einfluss auf viele Faktoren. Er ermöglicht eine attraktive Produktpräsentation, optimiert den Kundenfluss durch den Laden, unterstützt die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen und verstärkt die Markenidentität. Er sorgt für ein positives Einkaufserlebnis und lässt eine Marke langfristig in Erinnerung bleiben.

Um Märkte zu echten Shopping-Erlebniswelten zu machen, sind außer dem Design aber zunehmend auch Aspekte wie Flexibilität, Nachhaltigkeit und Technologie wichtig. Von smarten Backmöbeln über leicht umbaubare Regalsysteme bis zum modernen Self-Checkout: Hier gibt’s aktuelle Beispiele für einen rundum gelungenen Ladenbau. -->

Und einmal im Jahr ermittelt das EHI Retail Institute, in welchem Umfang Waren unbezahlt durch deutsche Supermarktkassen geschmuggelt werden.

Eine „Rückkehr zur Normalität“?

Doch Ladendiebstahl ist nicht bloß eine Lästigkeit, mit dem der Einzelhandel umzugehen gelernt hat, auch wenn die aktuelle EHI-Bilanz diesen Eindruck zu vermitteln scheint: Die Inventurdifferenzen bzw. die darin enthaltenen Diebstähle sind laut EHI-Hochrechnung 2022 zwar für den gesamten deutschen Einzelhandel um 12 bzw. 15 Prozent gestiegen. Jeder 200. Einkaufswagen im Handel blieb – statistisch gesehen – zuletzt unbezahlt. „[B]ei näherer Betrachtung“ sei das aber „eine Rückkehr zur Normalität früherer Jahre“:

„Im Grunde sind nun die Werte der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht worden“.

Also: kein Grund, sich zurückzulehnen – aber auch keiner, um Alarm zu schlagen?

Im britischen Lebensmitteleinzelhandel hört sich das völlig anders an: Matt Hood, Managing Director der Supermarktkette Co-op, beklagte vor kurzem öffentlich, die kriminelle Energie im Handel sei „außer Kontrolle“ geraten – und zwar nicht, weil wegen der steigenden Lebensmittelpreise plötzlich gewöhnliche Kund:innen zur Langfingerschaft neigen würden; sondern vor allem, weil organisierte Diebesbanden den Händlern das Leben immer schwerer machten. Und Hood ist nicht der einzige, der vor drastischen Konsequenzen warnt.

Co-op macht die Problematik zunehmender Diebstähle und Aggressivität zum Thema; Foto: Smb

Banden verursachen hohe Schäden

Auch hierzulande ist sich die Branche der Problematik bewusst. Die Deutsche Presse-Agentur bilanzierte den Einfluss professionell arbeitender Diebesbanden im Handel zuletzt so:

„Bei ihren Taten entwenden sie typischerweise Waren im Wert von 1.000 bis 2.000 Euro oder mehr. [Sie] arbeiten oft mit einer ausgeklügelten Arbeitsteilung, bei der den einzelnen Mitgliedern genau beschriebene Aufgaben zugewiesen werden. Dazu gehört das Beobachten und Ablenken des Verkaufspersonals, das Zusammenstellen des Diebesguts in ‚Depots‘ oder das Tragen der Ware aus dem Geschäft sowie das Sichern der Fluchtwege. Sie arbeiten häufig nach regelrechten ‚Einkaufslisten‘. Schätzungen des Handels zufolge entfällt allein auf diese Banden etwa ein Viertel des Gesamtschadens.“

Die Hamburger Drogeriemarktkette Budni bestätigte gegenüber T-Online gerade, dass sie „eine Zunahme von organisierter Kriminalität“ registriere:

„Diebstähle und auch Diebstahlversuche würden in Häufigkeit und Umfang deutlich steigen. Und: Der Schaden gehe inzwischen in die Millionen Euro.“

Budni meldet eine Zunahme von Diebstahlversuchen in seinen Läden; Foto: Smb

Gestohlen würden insbesondere „hochpreisige Beauty-Produkte“, aber auch dekorative Kosmetik, nach wie vor Rasierklingen und Babynahrung. Budni sieht darin eine „gezielte Beschaffungskriminalität für Flohmärkte und andere Wiederverkaufsmöglichkeiten“.

Co-op-Chef Hood, der steigenden Schwund für Babynahrung, Alkohol und Kaffee anmahnt, ist noch sehr viel deutlicher geworden:

„[P]eople are using baby formula to cut drugs. They’re using it for organised crime.“

Aggressives Verhalten nimmt zu

Zugleich veröffentlichte Hoods Supermarktkette Zahlen, die das Ausmaß des Problems belegen sollen: Zusätzlich zur erhöhten Diebstahlquote steige auch die Bereitschaft bestimmter Kund:innen zu ausfälligem Verhalten („anti-social behaviour“); inzwischen registriere man landesweit 1.000 Fälle pro Tag, im ersten Halbjahr seien es insgesamt 175.000 gewesen – ein Drittel mehr als im Vorjahr. Eine Londoner Co-op-Filaile sei an einem einzigen Tag dreimal überfallen worden. Manche Gegenden würden zu einer „no-go area for local shops“.

Recherchen des British Retail Consortium (BRC) bestätigen den traurigen Trend: Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit habe sich die Zahl der Angriffe auf Mitarbeitende im Handel verdoppelt.

Die Handelsketten fühlen sich zunehmend im Stich gelassen: Über 70 Prozent der gemeldeten Fälle würden nach Co-op-Angaben von der Polizei gar nicht erst bearbeitet. In einem gemeinschaftlichen Appell an die britische Innenministerin Suella Braverman forderten die großen Lebensmitteleinzelhändler im August, das Problem stärker zu priorisieren und höhere Strafen für Ladendieb:innen in Betracht zu ziehen.

Bis dahin sehen sich die Händler dazu gezwungen, selbst drastischere Maßnahmen zu ergreifen: Tesco hat angekündigt, in 1.000 seiner Express- und Tankstellen-Shops Schutzwände aus Plexiglas an den Kassen zu installieren, um Angriffe auf Mitarbeiter:innen zu verhindern; außerdem soll das Personal, wenn es das wünscht, mit Bodycams ausgestattet werden. Aldi Großbritannien ist nachgezogen, bei Co-op gibt es eine entsprechende Regelung bereits seit 2020.

Ein Showroom für Lebensmittel

Wenn das so weitergehe, werde der Handel zu einer Branche, in der kaum noch Menschen arbeiten wollen würden – aus Angst davor, angegriffen zu werden, sagt der Co-op Chef („it’s going to be an industry that becomes hard for us to bring people into“).

Das ist auch deshalb problematisch, weil der Handel schon jetzt unter massiver Personalknappheit leidet. Selbst vermeintlich harmloses Situationen drohen zu eskalieren: Bei einem Ladendiebstahl in einem Mönchengladbacher Drogeriemarkt wurde der Mitarbeiter, der den Dieb stellen wollte, laut „Rheinischer Post“ mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Auch damit, dass Ladendieb:innen – etwa mit Messer – bewaffnet sind, muss gerechnet werden.

Gleichzeitig werden die Konsequenzen des Problems für Kund:innen im Einkaufsalltag greifbarer. Co-op und Marks & Spencer stellen an den Regalplätzen für „high-value items“ nur noch Dummy-Produkte aus, die darauf verweisen, dass die Artikel an der Kasse erworben werden müssen – selbst Nescafé und Waschmittel gibt’s dann nur noch als Attrappe. Eine Kundin postete auf X erstaunt:

„My local co-op is now a grocery showroom.“

Verschlussware Tafelschokolade

In einem ausführlichen Thread dokumentiert der britische Handelsexperte Bryan Roberts weitere Kuriositäten: von in Warensicherungsboxen verbannten Tafelschokoladen über laminierte Produktabbildungen und netzeingeschweißte Spirituosen bis zu Glasvitrinen, an denen man sich zur Alkoholentnahme autorisierte Hilfe herbeibuzzern kann („Buzz for booze“).

Es ist ein schwieriger Spagat, den die Händler bewältigen müssen – denn Maßnahmen, die Diebstahl vermeiden oder zumindest erschweren, können genau so gut dafür sorgen, ehrliche Kund:innen vom Kauf abzuhalten.

Denn der Lebensmitteleinkauf, der doch eigentlich möglichst hürdenfrei und komfortabel sein soll, wird zunehmend komplizierter – etwa, wenn warengesicherte Artikel nicht mehr einfach an der SB-Kasse bezahlt werden können. Oder wenn es regelmäßig Kontrollen hagelt, die eine vermeintliche Zeitersparnis beim Selbstscannen wieder auffressen (siehe Supermarktblog).

In Deutschland rüsten Händler wie Rewe und Kaufland ihre Self-Checkouts, an denen der Warenschwund oftmals besonders hoch ist, mit Auslassschranken nach, die sich erst öffnen, wenn man als Kund:in den zuvor enthaltenen Bonn scannt (siehe Supermarktblog).

Rückkehr der Einlassschranken

Mit dieser Maßnahme sorgen die Händler gleichzeitig dafür, dass potenzielle Dieb:innen nicht mehr so einfach mit unbezahlter Ware aus dem Laden spazieren können. Und in Märkten, in denen eine Verschränkung bislang noch nicht mitgedacht worden ist? Müssen sich die Mitarbeiter:innen für personalärmere Tageszeiten eben zu helfen wissen:

Kein Personal für die Aufsicht da? Einkaufswagenblockade im offenen SB-Kassenbereich; Foto: Smb

Vielerorts wird die klassische Videoüberwachung, auf die zunehmend prominenter hingewiesen wird, mit Künstlicher Intelligenz kombiniert, um Mitarbeitende zu alarmieren, wenn sich Kund:innen an der Kasse – oder vorher schon im Laden – ungewöhnlich bzw. verdächtig verhalten (z.B. größere Warenmengen in Rucksäcke packen).

Auch die Zeit der offenen Supermärkteingänge, die möglichst einladend auf Kundschaft wirken sollen, scheint sich langsam dem Ende zuzuneigen.

Offene Eingänge wie dieser in einem Berliner Edeka-Markt werden in vielen Supermärkten wieder zur Seltenheit; Foto: Smb

Automatisch öffnende Einlassschranken gab es zwar auch bisher schon in zahlreichen Läden; andere, die bislang auf einen offenen Eingangsbereich gesetzt haben, rüsten aber nach. Wer den Laden wieder verlassen will, muss sich am Ende durch die Kasse quetschen – oder löst am Eingang Alarm aus. Mal kurz das Angebot in der Obst- und Gemüseabteilung checken? Geht nicht mehr.

Taschenverstauverbot beim Einkauf

Mancherorts wird auch der Ton rauer. Einzelne Händler verbieten ihren Kund:innen explizit, Ware bis zur Kasse in mitgebrachten Taschen oder Rucksäcken zu verstauen – stattdessen wird auf eine Einkaufswagen- bzw. Einkaufskorbpflicht verwiesen.

Tascheneinkauf „strengstens untersagt“: Kund:innen-Hinweis in einem hessischen Rewe-Markt; Foto: Jörg R./Smb

Auch Konsequenzen für die reguläre Kassenzone werden sichtbar: Rewe baut in seine Märkte derzeit konsequent eine klassische Bedienkasse mit Förderband, hinter der hochpreisige Artikel in Regalen stehen, die nur fürs Kassenpersonal zugänglich sind. (Edeka macht’s teilweise ähnlich.)

Tabak und Spirituosen werden vom Kassenpersonal – hie bei Edeka – direkt ausgegeben; Foto: Smb

In den USA, wo die National Retail Federation ebenfalls beklagt, dass Ladendiebstähle einen „growing organized retail crime effort“ unterstützen, hat die Supermarktektte Safeway die Öffnungszeiten einzelner Läden eingeschränkt, um Ladendiebstähle zu verringern; Wettbewerber Walgreens sicherte Tiefkühlpizza und Speiseeis in einer Filiale kurzerhand mit Kette und Vorhängeschloss. In einem Walgreens-Pilot-Store in Chicago gibt es nur noch zwei Regalreihen zur Selbstbedienung für so genannte „Essentials“ – alles andere kann bzw. muss an Touchscreens bestellt werden und wird von Mitarbeitenden im Lager zur Sofortabholung fertig gepackt.

Target schließt gefährdete US-Filialen

Und wenn das alles nicht reicht?

Dann ist an besonders problematischen Standorten halt im wahrsten Sinne des Wortes Ladenschluss: Vor einer Woche gab der zweitgrößte US-Händler Target neun seiner Filialen in New York (Harlem), Seattle, San Francisco/Oakland und Portland mit der Begründung auf, der Lage dort auch mit massiv erhöhtem Sicherheitsaufwand nicht mehr Herr zu werden:

„In this case, we cannot continue operating these stores because theft and organized retail crime are threatening the safety of our team and guests, and contributing to unsustainable business performance.“

Man sei sich der Tatsache bewusst, dass die Läden eine wichtige Versorgungsolle in vielen Gemeinschaften spielten;

Target zieht in den USA die Konsequenzen und schließt besonders diebstahlanfällige Filialen; Foto: Smb

„but we can only be successful if the working and shopping environment is safe for all“.

Im Frühjahr hatte auch Whole Foods US-Filialen mit ähnlicher Begründung geschlossen, zunächst aber nur zeitweise.

Wie reagieren Supermärkte in Deutschland?

Aufgrund zunehmenden Professionalisierung und Gewaltbereitschaft sind die vermeintlich schusseligen Langfinger aus der Lokalzeitung plötzlich zu einer ernsthaften Bedrohung geworden, und zwar nicht nur für die Umsätze der Händler, sondern mancherorts sogar für eine funktionierende Grundversorgung. Von einer „Rückkehr zur Normalität früherer Jahre“, wie sie das EHI für 2022 bilanziert hat, sind wir dann vielleicht auch hierzulande schon ziemlich bald weit entfernt.

Wie reagieren Supermärkte in Deutschland auf steigende Diebstähle? Ich freue mich über Hinweise auf interessante Schutz- und Warensicherungsmaßnahmen, gleich unter diesem Text in den Kommentaren oder per E-Mail.

Vielen Dank an Jörg und Stefan!

Mehr zum Thema:

Der Beitrag Wie Supermärkte wegen zunehmenden Diebstahls zur Festung werden erschien zuerst auf Supermarktblog.

Mehr Innovation, neue Bündnisse: Was 2024 für Bio im Supermarkt wichtig wird

$
0
0
Partner:

Bevor er in den Protestmodus geschaltet und seine Mitglieder dazu mobilisiert hat, weite Teile deutscher Innenstädte und Autobahnen vorübergehend zu einer mobilen Landmaschinenausstellung umzufunktionieren, hat der Deutsche Bauernverband in seinem neusten „Marktbericht“ einen kurzen Ausblick darauf geworfen, wie sich der Markt für Bio-Lebensmittel in Deutschland 2024 entwickeln wird.

Kurz zusammengefasst: Es geht (wieder) bergauf.

Marktforschungsdaten der GfK wiesen darauf hin, dass der Umsatz mit ökologisch erzeugten Produkten bereits 2023 „in Richtung 16 Mrd. Euro“ gewachsen sei. Damit läge man „deutlich über [den] im Boom-Jahr 2020 erreichten 15 Mrd. Euro“, als Bio durch die Corona-bedingten Lockdowns einen massiven Schub erhielt – bevor die Umsatzkurve wegen Ukraine-Krieg und allgemeinen Preissteigerungen anschließend stark nach unten zeigte.

ANZEIGE

Der Bio-Fachhandel hatte auch Anfang 2023 noch stark zu kämpfen und war zeitweise vor allem mit sich selbst beschäftigt (siehe dazu Supermarktblog); nach Angaben des Bundesverbands Naturkost Naturwaren (BNN) gab es aber seit Juni wieder eine konsequent positive Entwicklung. Auch große Filialisten wie Alnatura melden wieder steigende Umsätze.

Alle wollen Öko sein

Das sind gute Nachrichten für die Bio-Branche, die aber zugleich wieder vor einem altbekannten Problem steht: Denn Anschub der positiven Umsatzentwicklung für Öko-Lebensmittel sind nicht mehr in erster Linie die Fachmärkte und Spezialisten – sondern der klassische Lebensmitteleinzelhandel mit dem Discount.

Der Bauernverband prognostiziert:

„Für 2024 kann mit wachsenden Umsätzen gerechnet werden, denn alle großen LEH-Ketten profilieren sich mit Öko-Sortimenten.“

Gleichzeitig überbieten sich die Vollsortimenter und Billiganbieter im Wettstreit darum, wer eigentlich der größte Biohändler im Land ist (Edeka und Aldi beanspruchen das mit unterschiedlichen Sternchentexten gleichermaßen für sich).

Dabei ist fern aller Umsatzprognosen (die zur Biofach-Messe in Nürnberg Mitte Februar noch einmal konkretisiert werden dürften) vor allem interessant, wie sich Bio im Supermarkt 2024 weiterentwickeln wird. Schon jetzt zeichnen sich dafür zwei starke Trends ab, die darauf großen Einfluss haben dürften: die erhöhte Nachfrage vieler Kund:innen nach Bio-Eigenmarken zum einen – und die zunehmende Verwischung der Sortimentsgrenzen zwischen konventionellen Anbietern und dem Fachhandel zum anderen.

Das schauen wir uns mal genauer an:

1. Mehr Kreativität für Bio-Handelsmarken

Kund:innen kaufen verstärkt Bio, sie achten dabei aber viel stärker als bisher auf einen günstigen Preis. Bereits für 2022 verzeichneten die Marktforscher:innen der GfK (PDF), dass der Handelsmarkenanteil bei Bio noch stärker steige als bei konventionellen Produkten – nämlich von 53,7 Prozent auf 60,4 Prozent (vs. 43,8 auf 46,4 Prozent).

Darauf haben viele Händler reagiert, indem sie konsequent günstig positionierte Bio-Eigenmarken im so genannten „Preiseinstieg“ anbieten: Die hessische Supermarktkette Tegut hat dafür sogar eine eigene Submarke geschaffen und plant, ihr „Tegut Bio zum kleinen Preis“-Sortiment, das die Kriterien der EU-Öko-Verordnung erfüllt, auf 200 Produkte auszuweiten. Dabei könnte auch die Umflaggung bestehender Produkte helfen: Salzsticks und Löffelbiskuits der klassischen Tegut-Mittelmarke etwa werden schon jetzt mit Bio-Zutaten hergestellt – und könnten theoretisch leicht zu „Bio zum kleinen Preis“ wechseln.

In einem Vortrag vom Herbst, zu dem „über bio“ ausführlich berichtete, hatte Tegut-Geschäftsführer Thomas Gutberlet erklärt: „Wir brauchen unterschiedliche Preisstufen und es bringt nichts zu verteufeln, dass auch Bio-Produkte günstig sein müssen.“ Außerdem demonstriert man in Fulda Offenheit für das Bio-Engagement der Discounter, denn wenn man – wie die Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft es gerade propagiert – bis 2030 einen Anteil von 30 Prozent für den ökologischen Anbau erreichen wolle, brauche man „den entsprechenden Absatz“.

Gutberlets Schlussfolgerung: „Ohne die Discounter wird uns keine ökologische Agrarwende gelingen.“

Alles ganz grün am Regal

Das würden – zum jetzigen Zeitpunkt – vermutlich noch nicht alle in der Bio-Branche so unterschreiben. Fakt ist aber, dass die etablierten Handelsketten ihr Bio-Eigenmarkensortiment zunehmend in den Fokus rücken und weiterentwickeln.

Zunächst standen Preis und Auswahl im Vordergrund, die Händler haben alles daran gesetzt, ihre Angebote bis in die Nische auszudehnen. Produkte, die es zuvor nur von Markenherstellern oder Start-ups zu kaufen gab, sind inzwischen ganz selbstverständlich auch in Eigenmarken-Varianten erhältlich: Edeka etwa verkauft unter „Edeka Bio My Veggie“ Erdnussmus, pflanzliche Aufstriche, Tofu und Barista-Hafermilch in Bio; Rewe macht Soja-Schnetzel, Remoulade und Mozzarisella Mozzarella-Ersatz mit „Rewe Bio+vegan“.

Gleichzeitig haben die Unternehmen an der Aufwertung ihrer Bio-Produkte gearbeitet: Fast alle Großen kooperieren heute für ihre Eigenmarken mit einem oder sogar mehreren Bio-Anbauverbänden, die auf einen höheren Bio-Standard setzen als es die EU vorschreibt.

So verkauft nach der Schwester Lidl auch Kaufland inzwischen eine wachsende Zahl an Produkten seiner Bio-Eigenmarke „K Bio“ in Bioland-Qualität und mit dem entsprechenden Siegel auf der Verpackung. Um grün hinterlegte Preisschilder werden in den Märkten zusätzliche Wiesenrahmen geflochten, die vom erweiterten Qualitätsbewusstein künden: „JETZT NEU: K-Bio aus Bioland-Anbau“ (siehe Titelfoto).

Es lebe der Mehrwert!

Edeka und Netto (ohne Hund) versuchen mit „Naturkind“ und einem ganzen Strauß an Verbandskooperationen Fachmarkenkompetenz zu suggerieren und erklären, „dass hochwertige Bio-Lebensmittel nicht teuer sein müssen“.

Und Aldi Süd geht in seiner Zusammenarbeit mit Naturland noch einen Schritt weiter und hat eigens die – von Hofer in Österreich inspirierte – Besser-Bio-Eigenmarke „Nur Nur Natur“ aufgelegt (siehe Supermarktblog), bei der man zahlreiche Zusatznutzen herausstellt: Für das „Bio, das weiter geht“ soll z.B. nur Vollkorn oder Urgetreide verwendet werden, nur Meer- und Steinsalz, aber kein Nitritpökelsalz in Wurst, nur nicht-raffinierte Öle, bei Milch wird auf Homogenisierung verzichtet und bei der Reifung auf Enzyme. Auf der Aldi-Süd-Website sind bislang 32 Nur-Nur-Natur-Produkte aufgelistet, der Discounter verspricht eine „Demokratisierung von Bio-Produkten“.

Aldi Süs hat angekündigt, die „Nur Nur Natur“-Auswahl stetig auszuweiten; Foto: Smb

Mit seinem Vorbild „Zurück zum Ursprung“ hat die österreichische Aldi-Süd-Schwester Hofer derweil einen deutlichen Entwicklungsvorsprung und wertet die Marke regelmäßig mit weiteren Zusatznutzen auf. Neuster Produktzugang: Bio-Haferdrink Natur in der Mehrwegflasche, die bislang im Discount eher unüblich ist (was sich aber durch die schrittweise Mehrwegpflicht für den Handel ab diesem Jahr ändern wird).

Rewe fördert Bio-„Wegbereiter“

Gleichzeitig setzt Hofer regelmäßig auf „Zurück zum Ursprung“-Aktions-Artikel, die nur vorübergehend in den Filialen erhältlich sind (Bio-Dinkel-Teigwaren, Kerne, Samen, Sirupe, Eis) – dann aber stark in der eigenen Community beworben werden, die sich per Newsletter informieren lässt.

Hierzulande verfährt u.a. auch Lidl mit seinem Eigenmarkenzusatz „Bio Organic“ (der zumindest in Deutschland gerade auf ein leichter handhabbares „Bio“ und neue Verpackungsdesigns umgestellt wird) zwar ein- bis zweimal im Jahr ähnlich, meldete zuletzt aber ein rückläufiges Bio-Aktionsgeschäft aufgrund von Lieferproblemen (siehe Supermarktblog); Hofer dürfte damit wegen langlaufender Verträge mit österreichischen Zulieferern und Herstellern bei „ZZU“ weniger Problem haben.

Derweil engagiert sich Rewe gemeinsam mit Naturland für landwirtschaftliche Betriebe, die vom konventionellen auf Bio-Landbau umstellen – ein langwieriger Prozess, bei dem sich die erzeugten Produkte erst nach bis zu drei Jahren mit dem EU-Bio-Siegel schmücken dürfen. Obwohl schon vorher alle Bio-Richtlinien eingehalten werden müssen.

Rewe verkauft die Ware solcher Betriebe unter dem neuen Label „Wegbereiter“ in Rewe-Bio-Optik (aber noch ohne Rewe-Bio-Logo) mit einem Preisaufschlag gegenüber konventionellem Obst und Gemüse. Der Mehrerlös soll den Landwirt:innen zugute kommen, um sie bei der Umstellung zu unterstützen. (Und weitere Höfe zur Umstellung motivieren.)

Bio für unterschiedliche Zielgruppen

2023 waren zunächst Spargel und Erdbeeren vom Spargelhof Kügel in bayerischen Rewe-Märkten unter dem „Wegbereiter“-Label erhältlich. In welchem Umfang Rewe seine Initiative in diesem Jahr fortsetzen will, hat die Handelskette bislang noch nicht kommuniziert.

Im Nachbarland Österreicher ist die Rewe-Tochter Billa noch kreativer und positioniert zwei grundlegend verschiedene Bio-Eigenmarken in ihren Läden: eine für Bio-Traditionalist:innen, eine für junge Familien (siehe Supermarktblog).

Billa setzt auf zwei verschiedene Bio-Eigenmarken, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen; Foto: Smb

Dabei wird es kaum bleiben: Mit themenspezifischen Produktlinien, Limited Editions und Eigenmarken, die eigenständig ohne Händlernamen positioniert sind, kennen sich die Handelsketten schon sehr gut aus – viele dieser Strategien dürften in nächster Zeit auch für die Profilierung im Bio-Sortiment angewandt werden. (Wer das schon erfolgreich vormacht, steht bald hier im Blog.)

2. Bio-Fachmarken drängen ins Supermarktregal

Die zweite Schwerpunkt-Entwicklung klingt erstmal wie ein Widerspruch zur ersten, wird aber in Teilen des Handels als große Chance begriffen: nämlich die Erweiterung des Bio-Sortiments mit Markenprodukten, die bislang ausschließlich dem klassischen Fachhandel vorbehalten waren – und für die Kund:innen auch bereit sind, mehr zu zahlen.

Diese Entwicklung ist bereits in vollem Gange. Viele Hersteller haben ihre Scheu gegen Kooperationen mit konventionellen Händler – zumindest teilweise – abgelegt. Als Davert kurz vor dem Verkauf an den schwedischen Konzern Midsona mit seinen Produkten in die dm-Regale rückte, begriffen das bisherige Partner noch als offenen Affront und kündigten Vergeltungsmaßnahmen an. Diese Zeiten schienen aber ein für allemal vorbei.

Im vergangenen Jahr hat etwa der österreichische Bio-Tee- und Gewürzspezialist Sonnentor erklärt, zwischen 40 und 120 seiner 900 Produkte ab 2024 auch in Tegut-Märkten verkaufen zu wollen.

„Unser Hauptfokus bleibt weiterhin der Bio-Fachhandel“, versicherte Vertriebsleiter Michael Kormesser gegenüber „Bio Handel“ (Abo-Text). Und bislang hätte der wohl auf die über viele Jahre eingeforderte „Fachhandelstreue“ gepocht, um das abzuwenden; dieses Argument allerdings ist hinfällig, seitdem viele Bio-Hersteller diese Treue zuletzt mit massiv sinkenden Umsätzen bezahlen mussten, als weniger Kund:innen in Bio-Fachgeschäfte zum Einkaufen kamen.

Pionier-Marken wollen „resilienter“ werden

Sonnentor argumentiert nun: Je resilienter die eigene Marke sei, „desto verlässlicher und flexibler können wir für alle als Partner agieren“ – und dafür braucht es eine breitere Vertriebsbasis.

Mit dem Partner Tegut testet sich Sonnentor langsam vorwärts, weil man den Fuldaer:innen zurecht ein über viele Jahre gepflegtes Bio-Förderinteresse attestieren kann, das gut zur eigenen Strategie passe. Und tatsächlich ist Tegut ein hervorragender LEH-Erstkontakt für bisherige Bio-Fachmarken, zumal man sich dort rühmt, mit – nach eigenen Angaben – über 4.600 Produkten die bislang im deutschen Lebensmitteleinzelhandel größte Bio-Auswahl jenseits der Spezialisten zu bieten.

2022 war der Bioanteil am Tegut-Umsatz allerdings erstmals wieder gesunken – auf immer noch hohe 28,4 Prozent. Für 2023 meldete das Unternehmen gerade einen weiteren Rückgang auf 27,9 Prozent und liegt damit nun deutlich unter der 30-Prozent-Marke, die 2021 noch übertroffen worden war.

Wenn die Tendenz wieder umgekehrt werden soll, muss sich Tegut einiges einfallen lassen. Sollte die bisherige Stammkundschaft der übernommenen Biosupermarktkette Basic (siehe auch Supermarktblog) davon überzeugt werden können, ihren Bedarf an Naturkost-Produkten künftig verstärkt via Tegut zu decken, wäre das vermutlich ein erster Schritt.

Tegut setzt in ehemaligen Basic-Märkten auf eine breite Bio-Eigenmarkenauswahl, will aber auch Fachhandelsmarken in die Regale holen; Foto [M]: Smb

Tegut als Einfallstor in den LEH

Auch deshalb bemüht sich Tegut zunehmend um Fachhandelsmarken wie Sonnentor. Im vergangenen Jahr waren bereits Produkte von Rapunzel und Zwergenwiese ins Sortiment aufgenommen worden. Weitere Hersteller könnten folgen – zumal sich dadurch die Zahl der Verkaufsstellen, in denen deren Produkte erhältlich wären, auf einen Schlag massiv erweitern ließe.

Gut möglich also, dass Tegut für bisherige Bio-Fachmarken so etwas wie das Einfallstor in den konventionellen Handel wird.

Wobei auch andernorts die Berührunsgängste zurückgehen: Der Familienbetrieb Organic Veggie Food aus dem Chiemgau hat kürzlich bekanntgegeben, seine veganen & vegetarischen Spezialitäten unter dem Namen Soto auch in Supermärkten von Rewe und Edeka zu verkaufen (dazu Globus, Tegut). Die bisherige Handelsmarke und Brückenlösung „Lotus“ ist dafür eingestellt worden.

Auch Teigwaren-Hersteller Alb Gold liefert inzwischen an konventionelle Märkte, zumal man mit Edeka Südwest als Lieferant für deren Regional-Eigenmarke „Unsere Heimat – echt & gut“ ja ohnehin schon in Kontakt stand.

Plötzlich auch bei Amazon

Die Bio-Pioniere werden aber auch die ein oder andere Kröte schlucken müssen: z.B., dass sie mit ihren Traditionsmarken plötzlich auf Plattformen auftauchen, von denen man sich bislang eher abgegrenzt hat. Tegut kooperiert für die schnelle Lieferung von Lebensmitteln bekanntlich mit Amazon, um keine eigene Logistik betreiben zu müssen. Im (regional begrenzt nutzbaren) Tegut-Shop auf amazon.de ist Sonnentor mit 121 Produkten längst auf breiter Front gelistet; für Rapunzel hat man sogar einen eigenen „Markenshop“ im Tegut-Sortiment gebaut.

Die Grenzen in einem einst starr eingeteilten Markt weichen also zunehmend auf. Die großen Handelsketten stoßen zunehmend auf offene Ohren in ihrem Bestreben, das eigene Bio-Sortiment mit bekannten Fachmarken zu ergänzen. Der Fachhandel muss akzeptieren, dass er seinen Exklusivitätsanspruch nicht mehr im selben Maße wie früher durchsetzen können wird, und sich neue Strategien überlegen.

Dem können die Hersteller aber entgegenkommen, indem sie Produktinnovationen zuerst über den Fachhandel anbieten, während sie mit ihrem Basissortiment auf breiterer Front Umsätze generieren.

2024 dürfte für Bio im Supermarkt in vielerlei Hinsicht ein prägendes Jahr werden. Ob man das als Chance sieht oder als Dammbruch begreift, kommt freilich auf den Standpunkt an. Für Kund:innen, die mehr Bio kaufen wollen, sind es in jedem Fall gute Nachrichten.

Mehr zu Bio im klassischen Handel steht bald hier im Supermarktblog.

Mehr zum Thema:

Der Beitrag Mehr Innovation, neue Bündnisse: Was 2024 für Bio im Supermarkt wichtig wird erschien zuerst auf Supermarktblog.

Viewing all 74 articles
Browse latest View live